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Kirgisische Behörden gegen Massenumsiedlung afghanischer Kirgisen

Harte Lebensbedingungen und die schlechte Versorgung seitens der Regierungen Kirgistans und Afghanistans haben den Volksstamm der afghanischen Kirgisen beinahe verschwinden lassen. Über den Umgang mit der prekären Situation ist man sich seit Jahrzehnten uneins. Umsiedlung, Bildung für Kinder in der Stadt oder freiwillige Helfer in die Region entsenden; Bis man sich auf eine Strategie geeinigt hat, hängen die afghanischen Kirgisen im Pamir am Tropf kirgisischer  Hilfslieferungen. Der Artikel basiert auf einem Beitrag des Onlinemagazins rus.azattyk.org.

Pamir Afghanistan Kirgisen Familie
Eine kirgisische Familie im afghanischen Pamir

Harte Lebensbedingungen und die schlechte Versorgung seitens der Regierungen Kirgistans und Afghanistans haben den Volksstamm der afghanischen Kirgisen beinahe verschwinden lassen. Über den Umgang mit der prekären Situation ist man sich seit Jahrzehnten uneins. Umsiedlung, Bildung für Kinder in der Stadt oder freiwillige Helfer in die Region entsenden; Bis man sich auf eine Strategie geeinigt hat, hängen die afghanischen Kirgisen im Pamir am Tropf kirgisischer  Hilfslieferungen. Der Artikel basiert auf einem Beitrag des Onlinemagazins rus.azattyk.org.

Afghanischen Kirgisen würden nicht massenhaft umgesiedelt. Das gab Kirgistans Staatsoberhaupt Almasbek Atambajew am 21. Juni bei einem Treffen in Moskau mit Vertretern der ländlichen Regionen Kirgistans bekannt. Man wolle stattdessen die Bemühungen auf die Ausbildung der Kinder und die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen richten.

Die im Pamir lebenden afghanischen Kirgisen wurden in den vergangenen 5 Jahren regelmäßig mit Hilfslieferungen versorgt. Dennoch sank In den letzten 15 Jahren die Zahl der dort lebenden afghanischen Kirgisen auf weniger als ein drittel. Gab es 2003 noch 5000 afghanische Kirgisen, sind es inzwischen nur noch 1.500. Die Gründe dafür sind die fehlende medizinische Versorgung, Verwandtenheirat und eine hohe Kindersterblichkeit.

Kirgistans hartes Pflaster für afghanische Kirgisen

Erst 2007 hat Kirgistan 5 Millionen Som (etwa 63.000 Euro) für Versorgungslieferungen bereitgestellt. In den darauf folgenden Jahren sollten weitere Lieferungen folgen. Die Kosten belaufen sich auf rund 10 Millionen Som pro Jahr.

Umut Chakim ist ein afghanischer Kirgise, der in der Türkei lebt, aber das Leben der Kirgisen im Großen und Kleinen Pamir sehr gut kennt: „Sie hoffen, nach Kirgistan zu gehen können, um dort heiraten und Kinder zu bekommen. Letztendlich sterben sie dort, ohne zu heiraten. Es gibt keine Mädchen, die man heiraten könnte, und wenn es welche gibt, dann ist das Brautgeld zu hoch. Wenn man sie nach Kirgistan bringt, werden sie sich unters Volk mischen und in 15 Jahren alle verschwunden sein.“

Jahrelanger Zickzack-Kurs von Regierung und Behörden

Die Vertreter der afghanischen Kirgisen haben zum ersten Mal in den 90er Jahren über die Umsiedlung offiziell geredet; nachdem Kirgistan unabhängig geworden war. Die kirgisischen Behörden erklärten sich schnell einverstanden. Dennoch gibt es bis heute keinen konkreten Plan zur Umsetzung des Vorhabens.

Bei dem Treffen zwischen Präsident Atambajew und seinen Landsleuten in Moskau stand dann auch der Fall der afghanischen Kirgisen im Pamir auf der Agenda. Dabei hat sich Atambajew hat auf klar gegen eine Umsiedlung ausgesprochen:

„Ich komme selbst aus einem Dorf. Viele, die hier sitzen, kommen aus einem Dorf. Die alten Leute, die in die Stadt kommen, leiden darunter. Es wäre richtig, die Kinder der afghanischen Kirgisen hier auszubilden und sie dann zurückzuschicken, Hilfe zu leisten. Die Alten könnten es nicht ertragen, zwangsumgesiedelt zu werden, sie würden ihre Jurten vermissen. Es ist falsch zu sagen, dass man sie unbedingt umsiedeln muss. Ich werde das nie unterstützen. Das habe ich der Regierung schon gesagt. Nur wenige würden aus freien Stücken umziehen, man sollte sie nicht zwingen.“

Die Kinder werden schon schwach geboren

Der Parlamentsabgeordnete der „Onuguu–Progress“-Fraktion Mirlan Bakirow hat einige Male Afghanistan besucht. Er hat das Leben der afghanischen Kirgisen mit eigenen Augen gesehen und ist deshalb der Meinung, man solle sie umsiedeln. Er berichtet, dass die Länderfrage gelöst wurde, und man deshalb alle anderen Fragen auch irgendwie lösen könne:

Pamir Kirgisen Afghanistan Winter
Die Klimabedingungen im afghanischen Pamir sind sehr hart.

„Die Länderfrage wurde im Bezirk Tschon-Alai und im Gebiet Naryn gelöst. Man kann sagen, dass die Kirgisen nun in allen Ecken der Welt vertreten sind. Allerdings sind die Lebensbedingungen der afghanischen Kirgisen besonders hart. Die Kinder werden schon schwach geboren.“

Die Region von innen stärken

Saltanat Barakanova war Leiterin des kirgisischen Amtes für Migration. Ihrer Meinung nach kann man den afghanischen Kirgisen helfen ohne sie zwingend nach Kirgistan umzusiedeln. Man muss bedenken, dass sie daran gewöhnt sind, in einer geschlossenen Gesellschaft zu leben. Sie berichtet:

„Wenn wir die Kinder ausbilden, dann können sie sich selbst entwickeln. Man könnte Freiwillige entsenden, um den Leuten beizubringen, wie man richtig zu wäscht, die Hygienevorschriften einzuhalten und auf eine abwechslungsreiche Ernährung zu achten. Der Boden dort ist sehr Fruchtbar.“

Barakanova erfreut darüber, dass sich Afghanistans Präsident Ghani, der die Region vor kurzem besucht hat, der afghanischen Kirgisen annimmt. Man habe dort eine Schule gebaut und eine kleine Krankenstation eröffnet, wo Atzthelfer aus Tadschikistan arbeiten.

Auf absehbare Zeit kein klarer Kurs

Schypara Mambetova, die Leiterin der Abteilung für die kairylmany (die ethnischen Kirgisen, die nach Kirgistan zurück wollen) des staatlichen Amtes für Migration, berichtet, dass man über die Umsiedlung der Pamir-Kirgisen viel geredet hat, aber Kirgistan offiziell keine Verantwortungen übernommen hat. „Nirgendwo wurde das Problem der Umsiedlung und Wohnraumzuweisung thematisiert. Manche sind für eine Umsiedelung, andere wollen ihre Heimat nicht verlassen.“

Lest auch auf Novastan: Das Leben der Pamir-Kirgisen in Afghanistan

Mambetova berichtet, dass man sich zurzeit darauf vorbereitet, die schulpflichtigen Kinder auszubilden. Im Rahmen des Programms „kairylmany“, das seit 2017 und noch bis 2022 läuft, setzt sich die kirgisische Regierung auch in dieser Region für ethnischen Kirgisen ein.

rus.azattyk.org

Aus dem Russischen von Martine Noussan

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