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In der Coronavirus-Krise schaut Zentralasien nach Peking

Im Kampf gegen den Coronavirus und zur Pflege seiner Soft Power schickt China Tests, Atemschutzmasken und ExpertInnen in zahlreiche Länder auf der ganzen Welt. Von diesen Maßnahmen ist auch Zentralasien betroffen. Die USA, Russland und Europa sind mit ihrem eigenen Kampf gegen den Virus beschäftigt und an der Region nur mäßig interessiert. In Zentralasien hingegen ist China zum Modell für den Umgang mit der Krise geworden. Aber welche konkreten Lösungen kann Peking den zentralasiatischen Regierungen anbieten?

La rédaction 

Kasachstans Präsident Toqaev und sei chinesischer Amtskollege Xi Jinping
China ist für Kasachstan bei der bewältigung des Coronavirus offizielles Vorbild (Symbolbild)

Im Kampf gegen den Coronavirus und zur Pflege seiner Soft Power schickt China Tests, Atemschutzmasken und ExpertInnen in zahlreiche Länder auf der ganzen Welt. Von diesen Maßnahmen ist auch Zentralasien betroffen. Die USA, Russland und Europa sind mit ihrem eigenen Kampf gegen den Virus beschäftigt und an der Region nur mäßig interessiert. In Zentralasien hingegen ist China zum Modell für den Umgang mit der Krise geworden. Aber welche konkreten Lösungen kann Peking den zentralasiatischen Regierungen anbieten?

Unsere KollegInnen von Novastan France haben in ihrer kostenpflichtigen Rubrik décryptage (dt.: Entschlüsselung) eine Analyse vorgenommen, die wir mit freundlicher Genehmigung übersetzen.

Mitten in der Coronavirus-Pandemie zeigt Chinas Soft Power in Zentralasien seine Wirkung. China ist für Kasachstan das offizielle Vorbild bei der Bekämpfung der Covid-19-Epidemie. Doch neben dem Kampf gegen die Epidemie wirkt sich diese beispiellose globale Krise vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht auf die Beziehungen zwischen Peking und den zentralasiatischen Ländern aus – insbesondere in einer Zeit, da die Grenzen geschlossen werden und der internationale Handel zurückgeht.

Ein Modell für die Krise

Am 24. März telefonierte Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Das kasachstanische Staatsoberhaupt, selbst der chinesischen Sprache mächtig, machte keinen Hehl daraus, dass China für ihn ein Vorbild im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie ist. „China (…) hat das große Potenzial eines zentralisierten Managementsystems und seine Fähigkeit, Krisensituationen effektiv zu lösen, unter Beweis gestellt“, teilte Kasachstans Präsident seinem chinesischen Amtskollegen laut einer Pressemitteilung der Präsidialverwaltung mit.  Darüber hinaus hob er den Erfolg der traditionellen chinesischen Medizin im Kampf gegen den Virus hervor, obwohl deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht bewiesen ist. An diesen Worten zeigt sich, dass sich Toqaev der Lesart der Pekinger Führung anschließt, die nicht aufhört, sich ihrer Verdienste zu rühmen.

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Toqaev verkündete außerdem, dass Kasachstan beabsichtigt, die strategische Partnerschaft mit China zu stärken. In diesem Zusammenhang sei die im vergangenen Jahr in Peking unterzeichnete Erklärung über eine umfassende und langfristige strategische Partnerschaft zwischen Kasachstan und China von großer Bedeutung und müsse entsprechend fortgesetzt und vertieft werden.

Kasachstan ist aber nicht das einzige Land in der Region, für das China ein Vorbild im Kampf gegen den Coronavirus ist. Auch Usbekistan lässt sich umfassend von China inspirieren, um die Epidemie zu bekämpfen. Eine besondere Rolle spielen hierbei nicht nur Gespräche mit den chinesischen Behörden zur Erarbeitung einer Strategie im Kampf gegen den Virus, sondern auch die Einreise chinesischer ExpertInnen, die Usbekistan beraten sollen.

Kirgistan öffnet seine Grenze zu China für Waren

Kirgistan kündigte am 26. März an, den Güterverkehr mit China rasch (ohne Angabe von Daten) wieder aufzunehmen. Die Grenzen zum wichtigsten Wirtschaftspartner waren seit dem 24. Januar geschlossen. Der stellvertretende Ministerpräsident Erkin Asrandijew informierte laut Angaben des kirgisischen Nachrichtenportals 24.kg über die Wiederaufnahme des Warenverkehrs an den Kontrollpunkten Torugart und Irkeschtam.

Tatsächlich hatte der durch die Grenzschließung bedingte Importstopp erhebliche Auswirkungen auf die Tätigkeit von kirgisischen Unternehmen, insbesondere in der Textilbranche. Kirgistan war das einzige Land, das seine Grenze zu China vollständig und somit auch für den Güterverkehr geschlossen hatte.

Die Wiederaufnahme des Warenverkehrs zeigt, wie sehr Kirgistan für die eigene Versorgung auf China angewiesen ist. Es ist jedoch noch unklar, in welchem Umfang der Güterverkehr wieder aufgenommen wird, da für Bevölkerung aufgrund des Coronavirus immer noch Ausgangsbeschränkungen gelten. Im Unterschied zu Kirgistan hatte Kasachstan seine Grenze nie vollständig für Waren aus China geschlossen, sondern nur sein wichtigstes Transitzentrum Qorģas. Derzeit liegen keine aktuellen Statistiken über den Warenverkehr zwischen den zentralasiatischen Ländern und China vor.

Stark belastete Wirtschaftsbeziehungen und eine ungewisse Zukunft

Was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft, so hat Kasachstan seine Gaslieferungen auf Wunsch der chinesischen Behörden reduziert. Der kasachstanische Energieminister Nurlan Noģaev sprach laut einem Bericht des Nachrichtenportals Tengrinews von einer Reduzierung der Gaslieferungen nach China um 20 bis 25 Prozent. Diese Zahlen verdeutlichen, welche Auswirkungen die wirtschaftliche Entwicklung von Kasachstans wichtigstem Öl- und Gaskunden China auf die kasachstanische Wirtschaft hat. Ein ähnlicher Einfluss auf Chinas wichtigsten Gaslieferanten Turkmenistan sowie – wenn auch in geringerem Maße –  auf Usbekistan ist ebenfalls zu erwarten.

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Abgesehen von der Ankündigung Kirgistans, seine Grenze zu China für Waren wieder zu öffnen, scheint eine effektive Wiederaufnahme des Warenverkehrs zwischen den Ländern Zentralasiens und China noch in weiter Ferne zu liegen, denn die Grenzschließungen der zentralasiatischen Staaten traten erst vor knapp zwei Wochen in Kraft.

Die sich abzeichnende Wirtschaftskrise, die Zentralasien als ölproduzierende und hoch verschuldete Region mit voller Wucht treffen wird, wird auch zu einem Rückgang des Handels mit China führen. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich nicht vorhersagen, ob und inwieweit China neue Wirtschaftsbeziehungen mit Zentralasien initiieren kann, die es den Ländern der Region ermöglichen, sich von der Krise zu erholen.

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In der Krise dient China eindeutig als Vorbild für die zentralasiatischen Länder. Es bleibt abzuwarten, ob Peking sich als wirtschaftliche Lokomotive für eine Region erweisen kann, die kurz davor steht, in eine lang andauernde Krise zu geraten.

Die Redaktion von Novastan France

Aus dem Französischen von Robin Roth

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