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Der ehemalige kirgisische Präsident könnte bald vor den Richter treten

Der ehemalige kirgisische Präsident Almasbek Atambajew ist nach einer plötzlichen Ausreise nach Russland wieder in Kirgistan. Laut Oppositionspolitiker könnte er in einen großflächigen Korruptionsskandal verwickelt sein.

Politik, Partei, Kirgistan
Ex-Präsident Atambajew auf dem Kongress der SDPK am 31. März 2018

Der ehemalige kirgisische Präsident Almasbek Atambajew ist nach einer plötzlichen Ausreise nach Russland wieder in Kirgistan. Laut Oppositionspolitiker könnte er in einen großflächigen Korruptionsskandal verwickelt sein.

Almasbek Atambajew ist wieder in Kirgistan. Am 28. Oktober ist der ehemalige Präsident wieder in Bischkek gelandet, wie eine Vertreterin der Sozialdemokratischen Partei SDPK berichtete.

Seine Ausreise zu einer Tagung politischer Parteien in Russland am 22. Oktober hätte eigentlich eine reine Formalität sein sollen. Manche Beobachter sahen darin jedoch eine Flucht und die Reise führte wegen ihrer Umstände zu vielen Spekulationen in der politischen Klasse Kirgistans.

Ehemaliger Berater festgenommen

Kurz vor Atambajews Ausreise, am 20. Oktober, wurde sein ehemaliger Chauffeur Ikram Ilmijanow in Moskau vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB festgenommen und an die kirgisischen Behörden übergeben. Er war bereits mehrere Wochen zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem er in Abwesenheit wegen Betrugs, Machtmissbrauchs und Korruption verurteilt wurde.

Ilmijanow, der als enger Berater des ehemaligen Präsidenten gilt, sitzt seitdem beim kirgisischen Sicherheitsdienst GKNB in Untersuchungshaft. Das Ende der Ermittlungen um seinen Fall ist für den 28. November angekündigt. Atambajew kommentierte, die Festnahme sei durch „politische Beweggründe“ motiviert.

Der Ex-Präsident auf der Flucht?  

Am 22. Oktober flog Atambajew als Leiter der Regierungspartei SDPK mit einer Delegation nach Moskau, um an der internationalen Konferenz politischer Parteien in Asien teilzunehmen. Zudem wollte er nach eigenen Angaben der Beerdigung eines Verwandten beiwohnen.

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Aber einige Oppositionspolitiker sahen in der kurzfristig angekündigten Ausreise einen Fluchtversuch des ehemaligen Staatschefs. Der Aktivist Edil Baisalow erklärte in einem Tweet, dass der Leiter der SDPK „nicht an der internationalen Konferenz teilnimmt“. Die Teilnahme sei „nur eine Ausrede, um aus Kirgistan zu fliehen“, so Baisalow.

Auch der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Bischkek Nariman Tulijew sah einen Zusammenhang zwischen Atambajews Ausreise und Ilmijanows Festnahme: „Anscheinend hat er sich nach der Festnahme des Chauffeurs entschlossen zu fliehen“, kommentierte er in einem Tweet.

Antworten aus Atambajews Lager

Diese und weiter Anschuldigungen blieben mehrere Tage ohne Antwort, ehe sie schließlich mit Atambajews Rückkehr am 28. Oktober zurückgewiesen wurden. Laut der Pressesprecherin der SDPK Kundus Dscholdubajewa gibt es „keinen Grund über dieses Thema zu diskutieren […], denn Almasbek Atambajew hat erklärt, dass er Kirgistan nicht verlassen würde. Und er hat keinen Grund das Land zu verlassen.

Dscholdubajewa stellte sich auch auf ihrem Facebook-Profil der Kritik gegenüber. „Hallo an alle, die auf uns warteten, die zweifelten und nicht mehr mit uns rechneten. Die Delegation der Sozialdemokratischen Partei ist in voller Zusammensetzung und gut wieder in der Heimat angekommen! Ihr könnt jetzt in Ruhe schlafen, obwohl einige, dessen bin ich mir sicher, kaum Schlaf finden werden“, spottete sie in einer Nachricht.

Angespannter politischer Kontext

Tatsächlich ist die Reise alles andere als trivial, betrachtet man die wachsenden Spannungen zwischen Atambajew und dem amtierenden Präsidenten Sooronbaj Dscheenbekow.

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Ilmijanow ist nicht der einzige Vertraute Atambajews, der seit der Amtsübergabe im November 2017 Probleme mit der Justiz hat. Der ehemalige Premierminister Sapar Isakow wurde im Juni, zwei Monate nach seinem Rücktritt, im Rahmen eines Korruptionsskandals festgenommen. Auch der ehemalige Bürgermeister Bischkeks Albek Ibraimow sitzt wegen Korruption beim Sicherheitsdienst in Untersuchungshaft.

Eine unsichere Immunität

Der ehemalige Präsident konnte bis vor kurzem trotz der bekannt werdenden Korruptionsfälle aus seiner Mandatszeit auf die durch seinen Status gegebene Immunität hoffen. Demnach können ehemalige Präsident nicht für Handlungen oder Unterlassungen, die während ihres Mandats geschahen, zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden. Am 3. Oktober erklärte das kirgisische Verfassungsgericht das entsprechende Gesetz jedoch als verfassungswidrig.

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Einige von Atambajews Gegnern fordern nun die Eröffnung eines Strafprozesses gegen ihn. So auch Edil Baisalow, der mitunter beteuert, Atambajew habe falsche Angaben zum Verkauf einer seiner Firmen in der Türkei gemacht.

In ihrem Urteil beauftragten die Verfassungsrichter die Regierung damit, einen Mechanismus zu etablieren, um die Immunität des ehemaligen Präsidenten aufzulösen. Sollte das Urteil angewandt werden, könnte Atambajew tatsächlich angeklagt werden.

Die Redaktion

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