Das einzige Zentralasienseminar Deutschlands an der Humboldt Universität zu Berlin ist durch die anstehende Streichung einer Professur bedroht. Studierende und MitarbeiterInnen des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften setzen sich für ihren Erhalt ein.
Das Zentralasienseminar der Humboldt Universität zu Berlin (HU) ist von Schließung bedroht. Die Universitätsleitung sieht vor, bis 2030 an allen Fakultäten acht Prozent des Haushalts einzusparen. An der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät (KSBF), an dessen Institut für Asien- und Afrikawissenschaften (IAAW) das Zentralasienseminar angegliedert ist, sollen die notwendigen Einsparungen durch die Kürzung einer Professur erreicht werden.
Dies entschied die Fakultät trotz mehrfacher alternativer Vorschläge der Institutsleitung. In einem auf den 19. Februar datierten offenen Brief an die Präsidentin der HU beklagt der Institutsleiter Boike Rehbein mitunter, das IAAW habe „zu jeder Sparrunde […] weit überproportional beigetragen“ und weist darauf hin, dass jede weitere Kürzung zu einem „Substanzverlust“ des Instituts führe.
Am 30. Juni beschloss nach dem Akademischen Senat auch das Kuratorium der HU den Strukturplan, inklusive Streichung einer Professur am IAAW. Am einfachsten wäre diese durch die Nicht-Nachbesetzung einer ausfallenden Professur zu erreichen, wobei die Leiterin des Zentralasienseminars Dr. Ingeborg Baldauf als nächstes in den Ruhestand geht. Somit könnte der Haushaltsplan der HU, falls dieser Weg gewählt wird, bis 2030 zu einer Schließung des Zentralasienseminars führen.
Studierendenprotest
Die Studierenden wurden nur indirekt über die Entscheidungen der Universitätsleitung informiert. So gibt es auch von offizieller Seite keine Bestätigung, dass gerade am Zentralasienseminar eine Professur gestrichen werden soll. „Der Entscheidungsprozess ist sehr undurchsichtig. Man hat keine konkreten Ansatzpunkte, um zu verstehen, was passiert und wie die Entscheidung getroffen wurde“, beklagt die Doktorandin Kyara Klausmann.
Im Frühjahr hat sich allmählich eine Protestbewegung der Studierenden gegen die Kürzung einer Professur und die drohende Schließung des Zentralasienseminars organisiert. Unter dem Titel „Weißer Fleck Zentralasien“ haben sich Studierende des Seminars bereits an mehreren Stellen mit Plakataktionen und Flash-Mobs für den Erhalt der Regionalstudien zu Zentralasien engagiert. Eine Petition gegen Kürzungen am IAAW im vergangenen Monat erhielt bereits über 1500 Unterschriften und eine Sammlung guter Gründe am Institut zu studieren kam auf ca. 150 Einträge.
Nach der Absegnung des Plans durch das Kuratorium erklären die Studierenden ihre Forderungen noch einmal in einem Videostatement:
„Wir werden nicht aufgeben und uns weiterhin gegen Kürzungen in den Regionalstudien einsetzen. Wir fordern eine transparente Hochschulpolitik, die auf der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Lehre und Forschung am Institut und derer wissenschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Relevanz basiert“, so Klausmann.
Auch die Politik wird bemüht, sich gegen die Kürzungen einzusetzen. In einem offenen Brief an den amtierenden Bürgermeister Michael Müller verwiesen Studierende des IAAW auf die Widersprüche zwischen seiner Rede zur langen Nacht der Wissenschaften und der Kürzung der Mittel für Forschung. „Damit Wissenschaften in Deutschland frei und unabhängig bleiben können, reicht es nicht, dem Populismus verbal den Kampf anzusagen. Den Instituten müssen auch genug Gelder zur Verfügung stehen, damit sie diese Wissenschaft betreiben können“, heißt es in dem Schreiben. Am 12. Juli ist zudem ein Termin mit dem Berliner Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung Steffen Krach angesetzt.
Das einzige deutsche Zentrum für Zentralasienstudien
Das IAAW ist bereits jetzt schon karg besetzt dafür, dass es mit seinem Studienumfang drei Viertel der Weltbevölkerung abdeckt, wie es in einer Erklärung der Aktion heißt. Momentan besteht das Seminar aus elf Professuren und rund 34 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen für rund 1400 Studierende. Im Jahr 1994 lag die Zahl der Professuren noch bei 24.
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Das Zentralasienseminar ist momentan das einzige in Deutschland, das sich in einer regionalwissenschaftichen Herangehensweise mit Zentralasien befasst. Unter anderem können dort mehrere „kleine“ aber sehr gefragte Sprachen, wie die in Afghanistan verbreiteten Dari und Paschtu, gelernt werden.
Florian Coppenrath
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Edit: In einer früheren Version des Artikels stand fälchlischerweise, dass die Studierenden sich am 12. Juli mit dem Staatssekretär für Bildung treffen. Die Information wurde korrigiert.