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Russland will die Rückkehr von MigrantInnen erleichtern, um seine Wirtschaft zu unterstützen

Die Coronavirus-Pandemie hat zu einem Rückgang der ausländischen Arbeitskräfte in vielen Bereichen von Russlands Wirtschaft geführt. Als Ergebnis kündigte das Ministerium für Bau und Wohnungswesen ein neues Einreisesystem für MigrantInnen an. Diese Entscheidung könnte auch einigen Ländern in Zentralasien zugutekommen.

Die Coronavirus-Pandemie hat zu einem Rückgang der ausländischen Arbeitskräfte in vielen Bereichen von Russlands Wirtschaft geführt. Als Ergebnis kündigte das Ministerium für Bau und Wohnungswesen ein neues Einreisesystem für MigrantInnen an. Diese Entscheidung könnte auch einigen Ländern in Zentralasien zugutekommen.

Der folgende Artikel erschien im Original auf der französischen Version von Novastan.

Die Coronavirus-Pandemie zeigt ein weiteres Mal ihre Nebenfolgen. Insbesondere in Russlands Baugewerbe, aber auch in anderen Branchen kam es zu Entlassungen von dort tätigen ArbeitsmigrantInnen, woraufhin diese die Russische Föderation verlassen haben und in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Im Falle von Kirgistan und Tadschikistan, wo MigrantInnen fast ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an ihre im Land verbliebenen Familien überweisen, hatte dies besonders schwerwiegende Folgen.

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Diese Situation könnte sich jedoch ändern. Am 18. Januar berichtete das russische Auslandsmedium Sputnik, dass sich Wladimir Putin zum Ziel gesetzt hat, den durch die Auswanderung bedingten Arbeitskräftemangel zu beheben. Wie das auf Zentralasien spezialisierte russische Nachrichtenportal Fergana News berichtete, habe Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin erklärt, dass der Wohnungsbau und die öffentlichen Dienstleistungen besonders betroffen seien, da „die Moskowiter nicht bereit sind, an solchen Arbeitsplätzen zu arbeiten“.

Zahl der MigrantInnen halbiert

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration lebten in Russland Anfang 2020 rund 12 Millionen MigrantInnen. Ein Jahr später, im Januar 2021, waren es nur noch 6,3 Millionen, schreibt die russische Zeitung The Moscow Times. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitiert den stellvertretenden Premierminister Marat Chusnullin, dass fast 1,5 Millionen ausländische ArbeitnehmerInnen fehlten. Die Einreisebeschränkungen in die Russische Föderation haben viele MigrantInnen davon abgehalten, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

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Der Anthropologe Sergej Abaschin vermutet in einem auf der Webseite Liberal.ru veröffentlichten Artikel, dass die Zahl der in Russland arbeitenden BürgerInnen Kasachstans um fast 33 Prozent zurückgegangen sei und die der kirgisischen Staatsangehörigen um 20 Prozent. Die Gesamtzahl der in Russland lebenden BürgerInnen aus Ländern der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) sei dabei von 8,5 Millionen auf 6,2 Millionen Menschen gesunken.

In der Folge kündigte Russlands Minister für Bau und Wohnungswesen Irek Fajsullin am 22. Januar an, in Abstimmung mit der Wirtschaft eine Kommission einzusetzen, um ausländische Arbeitskräfte anzuwerben. Russische Unternehmen müssen ihren Antrag nur beim Ministerium einreichen. Zwei Bauunternehmen haben diesem Prozess allerdings schon vorgegriffen: PIK-Industry und TekhStroy wollen rund 14.000 UsbekInnen rekrutieren, berichtete das usbekische Nachrichtenportal Podrobno.uz am 15. Januar. MaurerInnen, SchweißerInnen, ElektrikerInnen und GießerInnen seien besonders begehrt.

Eine wirtschaftliche und politische Herausforderung

In Tadschikistan soll laut einem Bericht von Asia-Plus eine Partnerschaft mit der asiatischen Entwicklungsbank die „Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten“ ermöglichen. Der stellvertretende tadschikische Finanzminister sagte laut Sputnik, dass 34,65 Millionen US-Dollar (28,5 Millionen Euro) in die Ausbildung von ArbeitsmigrantInnen investiert werden sollen.

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Sowohl für Russland wie auch für die zentralasiatischen Länder selbst ist die Arbeitsmigration von großer Bedeutung. Nach Angaben des französischen Finanzministeriums lebten 2019 1,2 Millionen tadschikische Staatsangehörige in Russland, was 13 Prozent der gesamten tadschikischen Bevölkerung entspricht. Die Ertragstransfers beliefen sich auf fast 2,6 Milliarden US-Dollar (2,14 Milliarden Euro) und demnach auf 33 Prozent des tadschikischen BIP von 2019. Die in Russland arbeitenden TadschikInnen sind daher für ihre Heimat lebenswichtig. Allerdings sei, wie Sputnik berichtet, laut der tadschikischen Statistikbehörde für das Jahr 2020 ein Rückgang der Überweisungen um 67 Prozent zu verzeichnen.

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Auch für Usbekistan spielen die Überweisungen aus Russland eine wichtige Rolle. Das amerikanische Institute for War and Peace Reporting kam zu dem Schluss, dass 2 Millionen usbekische ArbeitsmigrantInnen jährlich rund 4 Milliarden US-Dollar (3,29 Milliarden Euro) in die Heimat schicken.

Mathis Puyo, Redakteur für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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