Im Rahmen einer Reform des Strafgesetzbuches hat Kasachstan ein Gesetz eingeführt, das Zwangsheirat und Stalking unter Strafe stellt.
Kasachstans Präsident Qasym-Jomart Toqaev hat am 16. Juli 2025 ein umfassendes Paket von Gesetzesänderungen zur Verbesserung des Strafgesetzbuches unterzeichnet. Wie das kasachstanische Nachrichtenportal Vlast berichtet, zählt zu den wichtigsten Maßnahmen die Einführung des Artikels 125-1 des Strafgesetzbuches, der erstmals Zwangsheirat, aber auch Praktiken wie „Stalking“ oder zwanghafte Belästigung unter Strafe stellt.
Laut Vlast ist der neue Gesetzesrahmen eine Reaktion auf den jahrelangen Druck der Zivilgesellschaft gegen Praktiken wie „Alyp Kaşu“ (Brautraub). Die Nachrichtenagentur Kazinform zitiert den Abgeordneten Mūrat Äbenov, dass von 214 zwischen 2022 und 2025 eingereichten Beschwerden über Zwangsehen nur zehn zu einer Anklage geführt hätten.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Im März 2024 hatte Präsident Toqaev diese Praktiken öffentlich als schockierenden Obskurantismus bezeichnet und damit sein Engagement für die Stärkung der Rechte von Frauen und Minderjährigen signalisiert.
Neue gesetzliche Standards
Für das Verbrechen der Zwangsheirat wird bestraft, wer eine Person durch Erpressung, Gewalt, psychischen Druck oder die Ausnutzung ihrer Verletzlichkeit zur Heirat zwingt. Als Strafe kann eine Geldstrafe von bis zu 7,8 Millionen Tenge (circa 12.600 Euro) oder zwei Jahre Gefängnis verhängt werden.
Stellt das Gericht fest, dass das Opfer Gewalt ausgesetzt war, minderjährig ist oder Machtmissbrauch vorliegt, drohen dem Angeklagten drei bis sieben Jahre Gefängnis. Bei schweren Verletzungen oder Todesfällen beträgt die Strafe fünf bis zehn Jahre Haft.
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Dasselbe Gesetz führt den Straftatbestand des Stalkings ein. Es versteht darunter jede anhaltende Belästigung, die darauf abzielt, eine Person ohne deren Zustimmung zu verfolgen oder zu belästigen. Als Strafen sind unter anderem eine Geldstrafe von 780.000 Tenge (circa 1.260 Euro) und die Verpflichtung zur Teilnahme an gemeinnütziger Arbeit vorgesehen. Im Wiederholungsfall droht dem Angeklagten zudem eine 50-tägige Gefängnisstrafe.
Jahrelanger Druck
Die Reform schließt eine Gesetzeslücke. Bisher konnte ein Täter, der ein Opfer entführte und es vor der Urteilsverkündung wieder freiließ, der strafrechtlichen Verantwortung entgehen. Das neue Gesetz ist eine Reaktion auf jahrelangen Druck der Zivilgesellschaft gegen diese Praktiken.
Die Gesetzesänderungen sind Teil der Modernisierung des kasachstanischen Justizsystems. Ziel ist es, den Schutz von Frauen und Kindern zu erweitern und internationalen Empfehlungen zur Bekämpfung moderner Sklaverei und häuslicher Gewalt zu entsprechen.
Evan Chaisson für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth
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Kasachstan stellt Zwangsheirat und Stalking unter Strafe