Startseite      Ein diplomatischer Drahtseilakt: Wie Kasachstan und Belarus sich im Syrien- und Ukrainekonflikt als Mediatoren etablieren

Ein diplomatischer Drahtseilakt: Wie Kasachstan und Belarus sich im Syrien- und Ukrainekonflikt als Mediatoren etablieren

Kasachstan und Belarus haben es als strategische Partner Russlands geschafft im Syrien- beziehungsweise Ukrainekonflikt durch den Aufbau von Verhandlungsplattformen eine Mediatorrolle einzunehmen. Die Minsker Abkommen und die Syrien-Gespräche in Astana sind exemplarisch für das Bemühen beider Länder den schwierigen Balanceakt zwischen einerseits Russland und andererseits ihren westlichen Partnern zu halten, so der Zentralasienexperte Danijar Kosnasarow.

Nasarbajew Putin Lukaschenka Eurasische Wirtschaftsunion
Kasachstan zählt neben Belarus zu den wichtigsten Partnern Russland im Postsowjetischen Raum.

Kasachstan und Belarus haben es als strategische Partner Russlands geschafft im Syrien- beziehungsweise Ukrainekonflikt durch den Aufbau von Verhandlungsplattformen eine Mediatorrolle einzunehmen. Die Minsker Abkommen und die Syrien-Gespräche in Astana sind exemplarisch für das Bemühen beider Länder den schwierigen Balanceakt zwischen einerseits Russland und andererseits ihren westlichen Partnern zu halten, so der Zentralasienexperte Danijar Kosnasarow.

Als Partner Russlands innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), müssen sowohl Kasachstan als auch Belarus wirtschaftliche Verluste durch von Moskau initiierte Verbotsmaßnahmen und Regulationen in Kauf nehmen. Die Mitgliedschaft in der EAWU und die enge Kooperation mit Moskau gibt den beiden Ländern allerdings auch ein beträchtliches politisches Kapital, durch welches sie Einfluss in der Lösung internationaler Konflikte gewinnen können, in die Moskau auf die eine oder andere Art und Weise involviert ist.

So rief der Konflikt in der Ukraine die „Minsker Verträge“ ins Leben und der Krieg in Syrien führte zur Gründung des „Astana-Prozesses“. Belarus und Kasachstan bieten sich als Verhandlungsplattformen für die Konfliktparteien an und treten für friedliche Lösungen durch konstruktive Dialoge und Diplomatie ein.

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Diese rationale Politik zeigt, dass „kleine und mittlere Staaten“ wie Kasachstan und Belarus mit großer Sensibilität auf Konflikte in der Welt reagieren. Insbesondere Konflikte in der Nachbarschaft oder solche, in denen Staatsbürger oder Staatsbürger direkter Verbündeter teilnehmen, stellen eine Bedrohung dar. So sind beispielsweise die Ukraine und Belarus nicht nur direkte Nachbarn — es gibt auch einen regen Handel und Austausch zwischen den beiden Ländern. In Syrien hingegen kämpfen kasachische Staatsbürger in verschiedenen terroristischen Gruppierungen und Brigaden. Dies Konflikte betreffen Kasachstan und die Ukraine unmittelbar und zwingen die Regierungen beider Länder zum Handeln.

Reaktion auf eine direkte Bedrohung

Auch Konfrontationen zwischen Großmächten, im Allgemeinen zwischen den USA und Russland, rufen in Astana und Minsk Besorgnis hervor.  Kasachstan und Belarus fürchten, dass diese Konflikte negative Auswirkungen auf sie haben werden, vor allem was ihre eigene politische Stabilität und die Wirtschaft angeht. Dies betrifft insbesondere Sanktionen und den Zugang zu ausländischen Darlehen und Investitionen.

Vor diesem Hintergrund versuchen Belarus und Kasachstan sich paradoxerweise dadurch, dass sie an einer Lösung der Konflikte arbeiten, sich von diesen zu distanzieren. Ihre enge Beziehung zu Russland hilft ihnen dabei, sich als Austragungsort für Friedensverhandlungen zu etablieren.

Betonung auf liberalen Werten

Ihre Nähe zu Russland erlaubt es Astana und Minsk für eine friedliche Lösung zu werben. Dies ist auch im Sinne des Westens, denn damit zeigen Kasachstan und Belarus, dass die liberalen Werte im Sinne der Botschaft Woodrow Wilsons, auf dessen Initiative die Gründung des Völkerbundes zurückgeht, noch aktuell sind und auch in nicht-westlichen Staaten Zustimmung finden — wenn auch in einer sehr engen Auslegung.

Die Hoffnung, dass die eurasischen Länder, China und Russland ausgenommen, sich in Zukunft vollständig demokratisieren und westliche Werte annehmen werden, scheint im Westen weit verbreitet. Initiativen wie die Minsker Verträge und der Prozess von Astana werden daher durchaus als eine Bestätigung solcher Hoffnungen verstanden. Gewiss ist dabei allerdings auch, dass sowohl die Minsker Abkommen als auch die Syrien-Gespräche in Astana sich auf die Beziehungen Kasachstans und Belarus’ zu den USA und der Europäischen Union sehr positiv auswirken.

So schaffen es Minsk und Astana nicht nur, Russland dabei zu helfen, die Situationen zu entschärfen und für Deeskalation zu sorgen. Sie unterstützen gleichzeitig den Westen dabei zu zeigen, dass friedliche und zivilisierte Lösungen von Konflikten für die Gesamtheit der internationalen Gemeinschaft von Vorteil sind.

Mediation als Distanzierungsmöglichkeit

Indem sie sich durch eine neutrale Mediatorrolle von den Konflikten distanzieren gelingt es Minsk und Astana ihre Beziehungen zwischen Russland und dem Westen auszubalancieren. Durch gute Beziehungen zu den Großmächten, versuchen die kleinen und mittleren Staaten sich vor Konflikten und Auseinandersetzungen zu schützen und vor allem zu verhindern, dass diese Auswirkungen auf ihrem Territorium zeigen. Gleichzeitig ist sind solche Konflikte zwischen Großmächten für kleinere Staaten eine Möglichkeit sich als ernstzunehmende und kompetente Partner zu beweisen.

Eine solche Strategie ist für Staaten wie Kasachstan und Belarus überlebenswichtig und kann daher nicht unmoralisch sein. Ich behaupte nicht, dass es sich hier um reine Realpolitik handelt. Sowohl Kasachstan als auch Belarus werden nicht müde zu bekräftigen, dass sie Partner Russlands sind. Dennoch wollen sie ihre Beziehungen zu westlichen Ländern nicht aufs Spiel setzen und ein integraler Teil der internationalen Gesellschaft sein.

Danijar Kosnasarow ist Experte für internationale Beziehungen und Zentralasienspezialist

Aus dem Russischen übersetzt von Charlotte Dietrich 

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