Der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew hat seit seinem Amtsantritt Ende 2011 die internationalen Beziehungen seines Landes entwickelt. Allein in den drei Wochen um den Jahreswechsel hat er in seiner Funktion Staats- und Regierungschefs von sieben Ländern getroffen, die ein Viertel der Erdoberfläche und die Hälfte der Weltbevölkerung abdecken. Novastan übersetzt den Artikel von Talant Sultanow, erschienen im Central Asian Analytical Network.
Kirgistans hat für ein kleines Land sehr viele Beziehungen zu Weltmächten. Doch wie effektiv ist die Außenpolitik Atamabajews ? In den letzten Jahren gab es viele prägende Momente in der kirgisischen Diplomatie, die das Land in den Vordergrund der Weltbühne gebracht haben.
Russland
Wladimir Putin scheint allgegenwärtig in der heutigen Weltpolitik. Fast jede geopolitische Diskussion kommt auf seinen Namen zurück. Im Jahr 2015 gab es einen kurzen Zeitraum, in dem Putin jedoch von der Bildfläche verschwand. Sein erster Auftritt nach der viel kommentierten Abwesenheit war in Sankt Petersburg an der Seite Atambajews.
China
Der wirtschaftliche Gürtel der neuen Seidenstraße ist Thema Nummer eins in Gesprächen um die Weltwirtschaft. Dieses Projekt übt einen Einfluss auf die ganze Welt aus. Der chinesische Präsident Xi Xinping erwähnte es erstmals im September 2013 beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Bischkek erstmals erwähnt. Es war eine der ersten internationalen Tourneen in seiner Amtszeit.
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Die Vereinigten Staaten von Amerika
Die Vereinigten Staaten und Kirgistan haben trotz der Schließung des Luftstützpunktes „Manas“ im Sommer 2014 respektvolle Beziehungen gewahrt. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ließ Atambajew die Basis zum Ende des Pachtvertrags schließen. Laut einigen Beobachtern war der Stützpunkt einer der Hauptgründe des Machtverlustes der zwei ersten Präsidenten Askar Akajew und Kurmanbek Bakijew. In 13 Jahren flogen 5,3 Millionen Militärangehörige, also 98 Prozent der Soldaten aus 26 Ländern über „Manas“ nach Afghanistan und zurück.
Europa
Kirgistan wurde zu einem von zehn Ländern weltweit, denen die Europäische Union (EU) den GSP+ Status gewährt hat. Ein Zeichen der Anerkennung der liberalen politischen und wirtschaftlichen Reformen im Land durch die EU. Kirgistan kann demnach Waren Zollfrei in die EU exportieren. Der Skandal rund um die Rede von Kadyrschan Batyrow bei einer OSZE Veranstaltung in Warschau hat die ansonsten einwandfreien Beziehungen mit der EU etwas getrübt.
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Deutschland
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Juli 2016 Kirgistan besucht. Neben offiziellen Terminen besuchte sie auch einen halben Tag lang den nationalen Park „Ala Artscha“.
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Die Türkei
Als Recep Erdogan 2014 in seinem Amt als türkischer Präsident bestätigt wurde, war Atambajew der erste Staatschef, der ihm gratulierte. Das Bild der Siegesrede von Erdogan, auf dem Atambajew auf dem Balkon des Hauptsitzes der Regierungspartei AKP an seiner Seite stand, ging um die ganze Welt. Das war die „rosarote“ Zeit in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Der Putschversuch in der Türkei und die darauf folgenden Forderungen, alle Gülen-Schulen in Kirgistan zu schließen, haben die Beziehungen ein wenig belastet.
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Der Iran
Der Fortschritt in den Verhandlungen mit dem Iran und die erwartete Rückzug der Sanktionen haben den Iran erneut zu einem der einflussreichsten Staaten weltweit gemacht. Viele würde die Beziehungen zum Iran nun gerne stärken. Der erste Auslandsbesuch des 2013 gewählten Präsidenten Rohani führte ihn hingegen nach Kirgistan.
Usbekistan
Die Beziehungen zwischen Kirgistan und Usbekistan waren seit der Unabhängigkeit waren, milde gesagt, schwierig. Aber die Wahl Schawkat Mirsijojews zum neuen usbekischen Präsidenten bringt Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen. Der erste ausländische Staatsgast Mirsijojews nach seiner Wahl im Dezember war Atambajew zum Anlass des 20. Jahrestags des Vertrags über ewige Freundschaft zwischen Kirgistan und Usbekistan.
Indien
Delhi ist die Weltmachtshauptstadt, die am nächsten an Bischkek liegt. Zwei Flugstunden trennen die zwei Städte, also weniger als Bischkek und Beijing, Moskau, Istanbul oder Washington. Indien gilt als die größte Demokratie weltweit und Kirgistan als die einzige parlamentarische Demokratie in Zentralasien. Die Beziehungen zwischen den zwei Ländern sind dafür aber nicht sehr weit entwickelt. Kirgistan führt unter den zentralasiatischen Ländern am wenigsten Handel mit Indien. Atambajews Staatsbesuch in Indien Ende 2016 war der erste in beinahe 20 Jahren und gab den Anstoß für die Aktivierung der Beziehungen.
Diplomatie mal anders: Die Weltspiele der Nomaden
Die Weltspiele der Nomaden im September 2016 waren eines der schillerndsten internationalen Ereignisse in Kirgistan. Delegationen aus 64 Ländern von allen Kontinenten nahmen an den Spielen teil und führende Weltmedien berichteten von der Kultur, den Traditionen und den Sportarten der nomadischen Zivilisation. Die Welt erfuhr, dass man auch mit einem Ziegenkörper Polo spielen kann (Kök-Börü) oder das man Seilziehen auch mit einem Stock kämpfen kann (Mass-Wrestling). Die UNO-Generalversammlung bestätigte die Weltspiele der Nomaden als einen Beitrag zur Völkerverständigung, zum sozialen Zusammenhalt, zu Friede und Entwicklung.
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100 Frauen der Welt 2016
In der BBC-Liste der „100 Frauen 2016“ findet man zwei Kirgisinnen : Assel Sadyrowa (41 Jahre, Bogenschützin) und Nagira Sabaschewa (26 Jahre, Judo-Meisterin). Sadyrowa gehört zu den ersten fünf Frauen der Welt und ist die erste in Asien. Kirgistan ist das einzige zentralasiatische Land, das in der Liste vertreten ist. Aus den GUS Staaten sind insgesamt nur fünf Frauen in der Liste: zwei aus Kirgistan, zwei aus Russland und eine aus Aserbaidschan.
Der Schneeleopard
Die weltweite Schneeleopardenbevölkerung ist stark zurückgegangen und ist gefährlich niedrig. Kirgistan engagiert sich zum Schutz dieses bedrohten Tieres. Als Beispiel gilt die Umwandlung des ehemaligen Jagdbebiets Schamschi in ein Naturreservat.
Das Ürkün (kirg. Für „Exodus“)
Im vergangenen Jahr jährte sich der Steppenaufstand 1916 gegen das Russische Reich, in dem ein Großteil der damaligen Bevölkerung Zentralasiens umkam, zum 100. Mal. Kirgistan ist das einzige Land der Region, das der Opfer gedacht hat. Wegen der Sensibilität des Themas wurden negative Reaktionen aus Russland gefürchtet, obwohl der russische Präsident Putin selbst Blumen am Ürkün-Denkmal abgelegt hat und der Toten gedacht hat.
Einzug in die Liste der Länder mit mittlerem Einkommen
Mehr als 20 Jahre lang nach der Unabhängigkeit galt Kirgistan nach den Weltbank-Kriterien als ein armes Land. 2014 schaffte es den Sprung in die Kategorie der Länder mit mittlerem Einkommen (lower middle income), also mit einem Bruttonationaleinkommen pro Capita von mehr als 1200 USD. Die wirtschaftliche Stabilität und Attraktivität Kirgistans wurden durch die erstmalige Erteilung eines souveränen Kreditratings durch führende Ratingagenturen bestätigt.
Talant Sultanow
Aus dem Russischen übersetzt von Florian Coppenrath