In seiner Rede an die Nation vom 24. Januar 2017 hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew eine Verfassungsreform angekündigt, die die Macht des Parlaments und der Regierung stärken und die des Präsidenten verringern wird. Auf dem Papier eine bedeutende Reform, die allerdings kritisiert wird.
Am 24. Januar 2017 hat Nasarbajew die Grundzüge einer geplanten Verfassungsreform vorgestellt, die die Macht des Präsidenten beschneiden und die Befugnisse der Parlamentarier und der Regierung ausbauen wird. Der Vorschlag zur Verfassungsreform wurde anschließend am Donnerstag, den 26. Januar veröffentlicht.
Sollte die Reform angenommen werden, könnte der Präsident die Regierung nicht mehr ohne vorherige Anhörung der Mäschilis (Unterhaus des kasachischen Parlaments) bilden. Dies beträfe allerdings nicht die Außen- und Verteidigungsminister, die der Präsident weiterhin allein bestimmen könnte.
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Die Verfassungsreform würde auch das Ende der Präsidentendekrete einläuten, die momentan noch rechtmäßig sind. Gleichermaßen wäre es nicht mehr möglich, dass das Parlament durch eine Abstimmung seine legislative Autorität an den Präsidenten delegiert.
Die Macht der Regierung würde ihrerseits ausgebaut, vor allem, was die Exekutivorgane betrifft, die die Regierung nun bilden, umorganisieren und abschaffen könnte. Zum jetzigen Zeitpunkt beschränkt sich ihre Macht in diesem Bereich auf die Nominierung der Verantwortlichen in der Exekutive. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass das Parlament mehr Befugnisse in der Territorialverwaltung erlangen wird.
Ein Ende des konzentrierten Präsidentialregimes?
Ein starker Herrscher sei für Kasachstan eine gewisse Zeit lang notwendig gewesen, so Nasarbajew, der seit 1991 an der Macht ist. Nun aber sei das Land bereit, einen demokratischeren Weg, nach dem Vorbild ausländischer politischer Systeme, einzuschlagen.
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Kassim-Jomart Tokajew, Senatspräsident seit 2013, unterstützt den Reformvorschlag. Die Reform sei ein „Wendepunkt im kasachischen Demokratieprozess und der Staatsbildung“. Die Reforminitiative sei der Beweis für eine neue Konzeption des politischen Systems mit „einem starken Präsident, ein Parlament mit Autorität und eine verantwortungsbewusste Regierung“.
Gemischte Reaktionen in den sozialen Medien und auf internationaler Ebene
Dennoch haben nicht wenige Intellektuelle und Kommentatoren diesen Vorschlag mit einer gewissen Skepsis zur Kenntnis genommen. Die Journalistin Irina Petruschkowa gibt beispielsweise auf Facebook am 25. Januar zu bedenken „Gewaltenteilung kann nur funktionieren, wenn es auch einen echten politischen Pluralismus gibt“. Die Verfassungsreform wäre ihrer Meinung nach unnötig, wenn sie nicht von ehrlichen Wahlen begleitet wird, an denen auch die Opposition teilnehmen kann.
Auch der Aktivist Galym Ageulow kritisiert ebenfalls auf Facebook den nicht vorhandenen politischen Pluralismus. Die Partei Nursultan Nasarbajews, die 84 der 107 Sitze im Parlament innehat, besitze ein „Monopol“.
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Andere, wie Luca Anceschi, Dozent für Zentralasienstudien an der Universität Glasgow, sehen in Nasarbajews Vorstoß den Willen seine Nachfolge vorzubereiten. Durch ein stärkeres Parlament hoffe er demnach Machtkämpfen nach seinem Tod vorzubeugen.
Im Original von Valentine Baldassari
Aus dem Französischen übersetzt von Charlotte Dietrich