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Auf offiziellem Besuch: Kirgistans Präsident Dschaparow in Wien und Berlin

Ein Tag Wien, zwei Tage Berlin: Bevor es weiter zum Gipfeltreffen der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) ging, ist Kirgistans Staatsoberhaupt zu einer offiziellen Reise nach Österreich und Deutschland aufgebrochen.

Mit militärischen Ehren: Präsident Dschaparow wurde von Bundespräsident Steinmeier empfangen, Foto: bundespraesident.de

Ein Tag Wien, zwei Tage Berlin: Bevor es weiter zum Gipfeltreffen der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) ging, ist Kirgistans Staatsoberhaupt zu einer offiziellen Reise nach Österreich und Deutschland aufgebrochen.

Kirgistans Präsident Sadyr Dschaparow hat Österreich und Deutschland einen offiziellen Besuch abgestattet. Sowohl in Wien wie auch in Berlin standen Themen der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Tagesordnung.

Vertiefte Zusammenarbeit mit Österreich…

Die erste Station war Wien: In der österreichischen Hauptstadt wurde Dschaparow am 25. November von seinem Amtskollegen Alexander Van der Bellen in der Hofburg empfangen. Die beiden Staatsoberhäupter besprachen ein breites Spektrum an Fragen der bilateralen Zusammenarbeit, darunter die Entwicklung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen sowie den Ausbau gemeinsamer Projekte im Bereich Energie und Verkehr.

„Wir legen großen Wert auf die freundschaftlichen Beziehungen zu Österreich und sind bestrebt, die Zusammenarbeit in allen Bereichen von beiderseitigem Interesse weiter zu fördern. Ich hoffe, dass mein Besuch und unsere heutigen Verhandlungen dazu beitragen werden, das gesamte Spektrum der bilateralen Beziehungen zwischen unseren Ländern auf ein qualitativ neues Niveau zu heben“, betonte Dschaparow.

Der kirgisische Präsident warb um österreichische Investitionen, insbesondere in das Wasserkraftwerk Kambarata-1. Darüber hinaus lud er Van der Bellen zu einem Gegenbesuch in Kirgistan ein.

Kirgistans Präsident Sadyr Dschaparow und sein österreichischer Amtskollege Alexander Van der Bellen, Foto: president.kg

„Ich freue mich sehr über den guten Austausch mit Präsident Dschaparow und seiner Delegation. […] Auch glaube ich, dass wir das volle Potenzial in unseren wirtschaftlichen Beziehungen bei weitem noch nicht ausgeschöpft haben“, erklärte der österreichische Bundespräsident im Anschluss an das Treffen. Dschaparows Besuch sei eine Chance, „konkrete Möglichkeiten zu identifizieren, um unsere Zusammenarbeit weiter zu intensivieren“, so Van der Bellen weiter.

Bevor Dschaparow am Abend weiter nach Berlin flog, traf er Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer, um die Stärkung des politischen Dialogs, der Zusammenarbeit im Bereich Wirtschaft und Handel sowie der Umsetzung gemeinsamer Projekte zu besprechen. Unter anderem wurde ein Kooperationsprogramm zwischen dem kirgisischen Außenministerium und dem österreichischen Ministerium für europäische und internationale Angelegenheiten sowie weitere Memoranda auf Ministeriumsebene abgeschlossen.

… und Deutschland

Am Morgen des 26. November wurde Dschaparow dann von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue empfangen. Laut einer Pressemitteilung des Bundespräsidialamts sprachen die beiden Präsidenten über die regionale Lage in Zentralasien, die partnerschaftliche Zusammenarbeit beider Länder sowie über die Situation der Zivilgesellschaft.

Der kirgisische Präsident betonte seinerseits, dass es in den letzten Jahren eine positive Dynamik in der Entwicklung des politischen Dialogs zwischen Kirgistan und Deutschland gegeben habe. Die Unterzeichnung des Abkommens über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der Europäischen Union eröffne ihm zufolge neue Möglichkeiten für eine weitere Stärkung des politischen Dialogs und der Zusammenarbeit sowohl mit der EU als auch mit Deutschland.

Beim anschließenden Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz – sowohl im erweiterten Formal als auch tête-à-tête – sprachen beide Seiten über Themen der bilateralen Zusammenarbeit sowie der aktuellen Weltpolitik. Im Fokus standen unter anderem die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Entwicklung der grünen Wirtschaft sowie die Umsetzung von Infrastruktur- und Energieprojekten.

Eine neue Direktverbindung?

Am 27. November wandte sich Dschaparow dann der deutschen Wirtschaft zu. Beim einem Treffen mit Vertreter:innen deutscher Wirtschaftsunternehmen warb er wie schon zuvor in Wien um Investitionen. „Als Staatsoberhaupt bin ich daran interessiert, die Investitionen aus Deutschland zu steigern. […] Um mit der Zeit zu gehen, brauchen wir neue deutsche Technologien in verschiedenen Bereichen: Bergbau, Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Energiesektor“, erklärte der Präsident.

Tatsächlich ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Kirgistan und Deutschland auf dem Vormarsch. In den letzten zwei Jahren fanden drei kirgisisch-deutsche Wirtschaftsforen sowie zwei Treffen des kirgisisch-deutschen Wirtschaftsrats statt. Und auch auf Vortag des Treffens konnten 17 bilaterale Dokumente vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Handel sowie der Bildungskooperation unterzeichnet werden.

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Einem europäischen Unternehmen kam besondere Aufmerksamkeit zu: Bei einem Treffen mit Johan Pelissier, Präsident der Region Europa für Airbus, sprach Dschaparow über Pläne, zwei Airbus-Flugzeuge durch die Fluggesellschaft „Asman Airline“ zu leasen, um damit Flüge nach Europa durchzuführen. Dies betrifft vor allem Direktverbindungen zwischen Bischkek und Destinationen wie Paris, Berlin und London.

Bedingung hierfür ist allerdings, dass „Asman Airlines“ von der EU-Flugsicherheitsliste genommen wird, die zum aktuellen Zeitpunkt alle kirgisischen Fluggesellschaften umfasst. Der Präsident zeigte sich diesbezüglich aber zuversichtlich, da in den letzten Jahren aktiv daran gearbeitet wurde, „die Luftsicherheit zu verbessern, internationale Standards einzuführen und die Infrastruktur zu modernisieren, was die Chancen auf eine Aufhebung der Beschränkungen deutlich erhöht hat.“

(K)ein Näherrücken an Europa

Auch wenn die Aufnahme direkter Flugverbindungen ein Näherrücken von Kirgistan und Europa suggeriert, sollte Dschaparows Besuch in Österreich und Deutschland nicht überbewertet werden. Zwar haben sicherheitspolitische Bedenken im Zusammenhang mit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und die Suche nach neuen Wirtschaftspartnern und Handelsrouten infolge von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine die Länder Zentralasiens verstärkt in den Fokus gerückt.

Dies zeigt sich unter anderem am 2023 von Deutschland lancierten 5+1-Format, dass in diesem September eine Neuauflage fand. Auch die Schlagzahl bilateraler Gespräche hat sich erhöht: Scholz und Dschaparow waren zu einem solchem zuletzt im Vorfeld des 5+1-Gipfels in Astana zusammengekommen. Bundespräsident Steinmeier hatte Kirgistan zuletzt im Juni 2023 besucht.

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Dennoch sollte all dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zentralasiatischen Staaten nach wie vor eine „Politik der vielen Vektoren“ betreiben, mit der sie zwischen den in der Region sehr präsenten Weltmächten Russland und China, Regionalmächten wie der Türkei und dem Iran, aber auch den USA und europäischen Staaten hin und her navigieren.

Europa kann hierbei vor allem als wirtschaftlicher Partner punkten, was sich auch bei den Treffen in Wien und vor allem Berlin gezeigt hat. Wo Kirgistan im Bereich der Sicherheitspolitik steht, lässt sich aber an Sadyr Dschaparows Reiseplan verdeutlichen: Von Berlin aus flog er direkt weiter nach Astana, um dort am Gipfeltreffen der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) teilzunehmen.

Robin Roth für Novastan

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