Als die Ereignisse in Kasachstan am 5. und 6. Januar eine gewalttätige Wendung nahmen, stellten sich die Nachbarländer auf die Seite der Machthaber. Auch die USA und Russland verfolgen die Situation aufmerksam. Ein Überblick offizieller Reaktionen aus dem Ausland.
Die Ereignisse in Kasachstan hatten sofortige Auswirkungen auf die Nachbarländer. Seit dem 5. Januar und der gewalttätigeren Wendung der Proteste wurden die Diplomat:innen der zentralasiatischen Länder aktiv, um ihrem kasachstanischen Nachbarn Unterstützung zuzusichern. Die südlichen Nachbarländer Kirgistan und Usbekistan reagierten bereits im Laufe des 5. Januar mit ihrer Einschätzung der Ereignisse im „brüderlichen Kasachstan“.
Kirgistans Außenministerium gab an, die Situation „aufmerksam und mit Sorge zu verfolgen“ und erklärte sich „bereit, jede mögliche Unterstützung und Hilfe zu leisten“. „Wir sind überzeugt, dass das weise Volk Kasachstans eine Eskalation der Instabilität verhindern, Gewalt und den Verlust von Menschenleben vermeiden wird“, beschrieb das usbekische Außenministerium in seiner Presseerklärung.
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Am 6. Januar bekräftigte auch Tadschikistan seine Unterstützung für Kasachstan und erklärte, dass es die Ereignisse „mit aufrichtiger Empathie“ verfolge. Als Zeichen der Besorgnis begannen die kirgisischen Behörden am 6. Januar mit der Evakuierung ihrer Staatsangehörigen aus Kasachstan. Auf tadschikischer Seite forderte Duschanbe seine Staatsangehörigen vor Ort auf, die Anweisungen zu befolgen, und riet von Reisen nach Kasachstan ab.
Unterstützung der Zentralasiaten für den kasachstanischen Staat
Im weiteren Sinne und mit ähnlichen Worten brachten die drei zentralasiatischen Länder ihr Vertrauen in die Autorität des kasachischen Staates zum Ausdruck, der von Präsident Qasym-Jomart Toqaev vertreten wird. Während Kirgistan „die dem kasachstanischen Volk und der Führung des Landes innewohnende Weisheit und Weitsicht“ beschrieb, bekräftigte Usbekistan „seine unerschütterliche Unterstützung für das kasachstanische Volk und die Führung Kasachstans“.
Seiner Tradition der Neutralität folgend, beruft sich das benachbarte Turkmenistan auf „Jahrhundertealte Beziehungen aus Freundschaft und Brüderlichkeit“ und erklärt, es sei „aufrichtig an der schnellstmöglichen Normalisierung der Lage im Land und an der Fortsetzung der stabilen sozio-politischen und sozio-ökonomischen Entwicklung Kasachstans interessiert“.
Russland übernimmt die Rhetorik des kasachstanischen Präsidenten
Diese unerschütterliche Unterstützung und brüderliche Rhetorik ist auch diejenige, die Russland ab dem 5. Januar verwendet. Moskaus Außenministerium schrieb zunächst, es trete für „eine friedliche Lösung aller Probleme“ ein und hoffe auf „eine schnellstmögliche Normalisierung der Lage im Land“. Diese Erklärungen halten Russland jedoch nicht davon ab, der Bitte Kasachstans nachzukommen, in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar im Rahmen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) Friedenstruppen in das Land zu entsenden. In einer späteren Erklärung beschreibt das russische Außenministerium, dass es sich bei den Ereignissen „um einen von außen inspiriertem Versuch handelt, die Sicherheit und Integrität des Staates mit Gewalt zu untergraben, wobei ausgebildete und organisierte bewaffnete Formationen eingesetzt werden.“
Eine Aussage, die in Verbindung mit der von Toqaev steht, der die Protestierenden ab dem 6. Januar nur noch als „Terroristen“ und „Banditen“ bezeichnet. Beijing reagierte zunächst nicht mit einer offiziellen Stellungnahme auf die Ereignisse in Kasachstan. Am 5. Januar antwortete der Sprecher des chinesischen Außenministeriums während einer regulären Pressekonferenz, die Ereignisse seien „innere Angelegenheiten“ Kasachstans. „Wir glauben, dass die kasachstanischen Behörden das Problem von sich aus lösen können“, fügte Wang Wenbin hinzu. Am 7. Januar schloss sich China jedoch der Position von Russland an. In einer mündlichen Erklärung an Präsident Toqaev erklärte der Präsident Xi Xinping: „China wendet sich gegen alle ausländischen Kräfte, die eine ‚Farbrevolution‘ in Kasachstan planen“.
Aufrufe von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union
Die Vereinigten Staaten reagierten ebenfalls bereits am 5. Januar, als der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, erklärte, dass sein Land „die Situation in Kasachstan, einem wichtigen Partner, genau beobachte“. Washington verurteilte die Gewaltakte und forderte die Kasachstaner:innen auf, „die verfassungsmäßigen Institutionen, die Menschenrechte und die Pressefreiheit, einschließlich der Rückkehr des Internets“ zu respektieren und zu verteidigen. Internetverbindungen im Land sind seit dem 5. Januar in der Tat stark gestört oder sogar vollständig blockiert.
Die Europäische Union (EU) erklärte ihrerseits, dass sie die Ereignisse ab dem 5. Januar ebenfalls aufmerksam verfolge, forderte die Behörden jedoch auf, „das Grundrecht auf friedliche Demonstrationen“ zu respektieren und „Gewalt verhältnismäßig anzuwenden“. Kasachstan wurde als „wichtiger Partner“ der EU bezeichnet. Am Nachmittag des 6. Januar drückte der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell bei Twitter seine „Große Sorge über die Entwicklungen in Kasachstan“ aus und fügte hinzu: „Externe Militärhilfe weckt Erinnerungen an Situationen, die es zu vermeiden gilt“.
Schweigen aus Deutschland und Frankreich
Das Außenministerium des Vereinigten Königreichs kommentierte die Geschehnisse ebenfalls am 6. Januar: „Proteste sollten friedlich verlaufen und die Reaktionen der Strafverfolgungsbehörden verhältnismäßig sein und im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen Kasachstans stehen“, heißt es in der Erklärung. „Das Vereinigte Königreich unterhält enge Beziehungen zu Kasachstan und es ist wichtig, dass die Souveränität Kasachstans respektiert wird.“
Am frühen Nachmittag des 7. Januar kommentierte auch der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg, bei Twitter: „Ich rufe alle Akteure in Kasachstan auf, zurückhaltend zu handeln und von weiterer Gewalt abzusehen. Das Recht auf friedliche Versammlung muss immer respektiert werden. Demonstrationen müssen gewaltfrei bleiben“.
Von der deutschen Bundesregierung gab es bislang bislang keine gesonderte Presseerklärung zu dem Thema. Zunächst äußerte sich der Bundesjustizminister Marco Buschmann am 7. Januar auf Twitter zu den Geschehnissen in Kasachstan: „Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schießen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen.“ Bundeskanzler Olaf Scholz antwortete auf eine entsprechende Frage bei seiner Pressekonferenz am selben Tag: „Wir rufen dazu auf, dass es keine Gewalt gibt und dass Gewalt auch unterbleibt. Selbstverständlich gilt das auch dafür, dass es keine Gewalt gegen Bürgerinnen und Bürger geben sollte. Insofern befinden wir uns da in großem Einklang mit dem, was Sie von der Europäischen Union, von der Bundesregierung, von mir hier und von vielen anderen in der Welt hören, die sagen: Bitte kommt zurück zu einer friedlichen Weiterentwicklung im Land.“
Zudem hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für Kasachstan ausgesprochen: So lange der Ausnahmezustand in Kasachstan gilt, solle man nicht dringend erforderliche Reisen nach Kasachstan vermeiden. Beim Anlass einer Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am 7. Janaur erklärte die Präsidentin der EU Kommission Ursula von der Leyen: „Ich verfolge die Situation in Kasachstan mit großer Sorge. Die Rechte und Sicherheit der BÜrger sind von größter Bedeutung und müssen garantiert werden und ich rufe zum Ende der Gewalt und zur Zurückhaltung auf“, erklärte sie und wies auf die Bereitschaft der EU hin, „ihre Unterstützung dort anzubieten, wo sie kann.“
Macron stimmte ihr zu: „Wir sind besorgt, sehr aufmerksam, haben zur Deseskalation aufgerufen und sind in diesem vollkommen neuen Kontext auch sehr mobilisiert“ . Kasachstan ein wichtiger Wirtschaftspartner für Deutschland wie auch für Frankreich. Laut Angaben des Außenministeriums sind über 200 deutsche Firmen in Kasachstan vertreten, das als „Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in Zentralasien“ bezeichnet wird. Kasachstan ist zudem der Hauptlieferant von Uran [fr] für die französischen Kernkraftwerke und wird dort unter normalen Umständen als privilegierter Partner [fr] bezeichnet.
Etienne Combier Aus dem Französischen und Ergänzungen von Florian Coppenrath
Edit (8. Januar, 9 Uhr): Die Statements von Olaf Scholz, Ursula von der Leyen und Emmanuel Macron wurden hinzugefügt
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