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Wahl in Tadschikistan: Emomali Rahmon bleibt Präsident

Nachdem in der vergangenen Woche in Kirgistan die Parlamentswahl stattfand, wurde am Sonntag, den 11. Oktober nun auch in Tadschikistan die Präsidentschaftswahl abgehalten. Doch im Gegensatz zu seinem Nachbarland war in Tadschikistan das Ergebnis der fingierten Wahl absehbar: Der seit 28 Jahren amtierende Präsident Emomali Rahmon gewann mit einem Zuspruch von 90,92 Prozent der Stimmen.

Nachdem in der vergangenen Woche in Kirgistan die Parlamentswahl stattfand, wurde am Sonntag, den 11. Oktober nun auch in Tadschikistan die Präsidentschaftswahl abgehalten. Doch im Gegensatz zu seinem Nachbarland war in Tadschikistan das Ergebnis der fingierten Wahl absehbar: Der seit 28 Jahren amtierende Präsident Emomali Rahmon gewann mit einem Zuspruch von 90,92 Prozent der Stimmen.

Im Vergleich zu den turbulenten Wochen in Belarus und Kirgistan folgte die Wahl des tadschikischen Präsidenten allem Anschein nach einem erwartbaren Verlauf. Laut dem Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission Bachtijor Chudojorsda erhielt Rahmon nach einer ersten Auszählung 90,92 Prozent der Stimmen. Das endgültige Ergebnis wird spätestens in zehn Tagen offiziell bekannt gegeben. An der Wahl haben laut offiziellen Angaben 4,2 Millionen Menschen teilgenommen, sodass die Wahlbeteiligung bei 85,3 Prozent lag.

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Bereits im Vorfeld war klar, dass auch diese Wahl nicht demokratischen Standards entsprechend frei und transparent ablaufen würde. Seit 1992 ist Rahmon an der Macht und rühmt sich damit, der amtsälteste Präsident der ehemaligen Sowjetrepubliken zu sein. Keine der vergangenen Präsidentschaftswahlen in den Jahren 1999, 2006 und 2013 wurden von internationalen WahlbeobachterInnen als legitim bezeichnet. Zugleich spielt die Frage seiner Nachfolge eine immer größere Rolle und macht die kommende Amtsperiode somit zu einer besonders Entscheidenden. Schließlich geht es um die Frage, wie und wann er aus dem Amt scheiden –und noch viel wichtiger, wer seine Nachfolge bestreiten wird.

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Planmäßig sollte die Wahl erst im November stattfinden, doch sie wurde laut Quellen des US-Amerikanischen Nachrichtenportals Eurasianet in den Oktober vorgezogen, um die Wahlen noch vor einer potentiellen zweiten Welle von Covid-19 Ansteckungen stattfinden zu lassen. Der Wirtschaftswissenschaftler Abdumannon Scheraliew schätzt die Entscheidung gegenüber Eurasianet folgendermaßen ein: „Der Grund für die vorgezogenen Wahlen liegt darin, dass so die Machtposition [von Rahmon, Anm. d. Red.] konsolidiert werden kann, bevor die Wirtschaft ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hat. Nach der Wahl kann er dann über die Probleme des Landes sprechen.“ Gemäß den Vorhersagen der europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung steht Tadschikistan erstmals in 23 Jahren ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1 Prozent bevor. Diese Entwicklung ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die tadschikische Wirtschaft maßgeblich von Rücküberweisungen von in Russland arbeitenden MigrantInnen abhängt. So betrug der Anteil dieser Auslandsüberweisungen über ein Drittel des BIP im Jahr 2017, was im Lichte der Pandemie und der damit einhergehenden Unmöglichkeit der Arbeitsmigration verheerende Konsequenzen für die wirtschaftliche Situation des Landes hat.

Eine Wahl ohne Opposition

Entsprechend groß ist die Angst des Regimes gegenüber sozialen Unzufriedenheiten der Bevölkerung, was sich nun auch in den Wahlen widerspiegelt. Erstmals in der Geschichte Tadschikistans fand eine Präsidentschaftswahl ohne VertreterIn der Oppositionsparteien statt. Die einzige noch existierende Oppositionspartei, die Sozialdemokratische Partei, boykottierte die Wahl mit der Begründung, dass sie illegitim sei. „Selbst wenn wir gegen die aufgestellten Kandidaten stimmen, schreibt sich die Wahlkommission sowieso ihre eigenen Zahlen zusammen.“, äußert sich der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei Rachmatillo Sojirow gegenüber Radio Ozodi, dem tadschikischen Dienst des amerikanischen Medienhauses Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL).

Des weiteren hatte auch ein Anwalt namens Faromus Irgaschew aus der Region Chorugh angekündigt für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, doch er scheiterte daran, die von der Wahlkommission geforderten 260.000 Unterschriften zur Registrierung zur Wahl zu sammeln. Im Interview mit Radio Ozodi zeigte er sich resigniert: „Auch ich bin nicht wählen gegangen, weil ich nicht an die Transparenz dieser politischen Kampagne glaube. Sinnvoller ist es an diesem freien Tag, sich mit seinen eigenen Dingen zu beschäftigen.“

Oppositionelle zum Schein

Die vermeintlichen Herausforderer von Rahmon waren allesamt unbekannte Politiker, die nach Aussage des Journalisten für Radio Ozodi Tohir Safarow „keine wirkliche politische Zielsetzung verfolgen“ dürfen. Demnach traten der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Abduhalim Ghafforow (1,49 Prozent der Stimmen), der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Mirodschiddin Abdulloew (1,17 Prozent der Stimmen), der Vorsitzende der Agrarpartei Rustam Latifsoda (3,03 Prozent der Stimmen) und der Vorsitzende der Partei für Wirtschaftsreformen Rustam Rahmatsoda (2,15 Prozent der Stimmen) an. Der Kandidat der Demokratischen Partei Saidscharfar Usmonsoda wurde gar nicht erst zur Wahl zugelassen.

Insgesamt habe es jedoch nach Angaben von Safarow keinerlei politische Debatte oder Wahlkampf gegeben: „Die Kandidaten sprechen über die ökonomische, aber nicht über die politische Situation. Sie versprechen die gleichen Sachen: das Wohlergehen der Bevölkerung, ökonomisches Wachstum, das Schaffen neuer Arbeitsplätze, aber sie haben keine wirklichen Programme, keine konkreten Versprechen. Ihre Reden sind alle gleich.“ Dieses Phänomen der vom Regime finanzierten und dirigierten Oppositionsparteien nennt die Journalistin Humajra Bachtijor »Taschen-Parteien«: „Das sind keine realen Oppositionellen. Sie wissen, dass es ein Spiel ist und dass der Präsident die Wahlen gewinnen wird.“

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Einen stattfindenden Wahlkampf konnten auch die JournalistInnen von Radio Ozodi nicht verzeichnen. Am Samstagabend suchten sie die Büros der verschiedenen Parteien auf und standen in vielen Fällen vor verschlossenen Türen. Außer ein paar Flugblättern zeugte wenig von einer anstehenden Präsidentschaftswahl.

Entgegen Behauptungen der Wahlkommission, dass „die Wahlen im Rahmen der Gesetzgebung abgehalten werden“, zeichnen Videoaufnahmen von RFE/RL ein anderes Bild. In einer dieser Aufnahmen ist zu sehen, wie zwei Männer in einem Wahllokal in Duschanbe mehr als einen Stimmzettel abgeben. In einem anderen Video erklären zwei Frauen in der Stadt Chudschand einem Korrespondenten von RFE/RL, sie hätten auch für ihre Familienmitglieder mitabgestimmt, was in Tadschikistan laut Gesetz illegal ist.  

Internationale WahlbeobachterInnen vor Ort

In der Hinsicht bleibt abzuwarten, was die 145 anwesenden internationalen WahlbeobachterInnen im Nachgang berichten werden. Unter ihnen befinden sich VertreterInnen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Bisher äußerte sich ein Beobachter der GUS Aleksej Tschepa wie folgt: „Die Erstwähler erhalten kleine Geschenke, was positiv ist. Wir haben uns kürzlich mit unseren Kollegen getroffen und mit ihnen besprochen. Bisher wurde keine Verstöße festgestellt.“

Offizielle Aussagen von Seiten der OSZE gab es bisher nicht, doch auffällig ist, dass im Vergleich zu den Präsidentschaftswahlen 2013 anstelle von 178 dieses Jahr nur noch 7 WahlbeobachterInnen vor Ort sind. Diese Entwicklung erklärt sich der britische Politikwissenschaftler John Heatershaw damit, dass es in diesem Jahr absolut absehbar sei, dass keine freie Wahl stattfinden würde. 

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Auch andere oppositionelle, in Tadschikistan verbotene Verbände wie die Gruppe 24 oder die National Alliance kritisierten den Wahlprozess scharf: es gebe keinen politischen Wettbewerb und die Ergebnisse seien bereits im Vorhinein bekannt. Die National Alliance forderte zudem internationale Organisation dazu auf, das Ergebnis der Wahl nicht anzuerkennen.

Auch wenn diese Präsidentschaftswahl den Eindruck erweckt, dass ein „Weiter-So“ des Regimes lediglich bestärkt wird, stellt der Journalist für das US-amerikanische Nachrichtemedium The Diplomat Steve Swerdlow ein neues Kapitel in der „menschenrechtlichen Katastrophe“ Tadschikistans fest. Insbesondere in seiner letzten Amtsperiode hat der Präsident die Repressalien erhöht und seine eigene Machtposition verfestigt.

Ausbau des autoritären Regimes

So verlieh sich Rahmon im Jahr 2015 über eine Verfassungsreform ähnlich wie der ehemalige Präsident Kasachstans Nursultan Nazarbaev den Titel des „Führer der Nation – den Begründer des Friedens und der nationalen Einheit“, der ihm und seiner Familie lebenslängliche Immunität verschafft. Im gleichen Jahr wurde die größte Oppositionspartei Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (PIWT) vom Obersten Gerichtshof als terroristische Organisation eingestuft und somit dessen politische Aktivität im Land verboten. Die Parteiführung wurde indes verhaftet oder musste aus dem Land fliehen. Zunehmend übte Rahmon auch Druck auf JournalistInnen aus, wovon etwa das Verbot des Nachrichtenportals Akhbor.com für die angebliche Verbreitung von extremistischen und terroristischen Inhalten zeugt.

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Jene jüngsten Entwicklungen zielen in erster Linie darauf ab, Unruhen im Land vorzubeugen, die infolge von Arbeitsmigration, Armut und Korruption entstehen könnten. „In den 28 Jahren seiner Herrschaft hat Rahmon es weder geschafft ein funktionierendes ökonomisches noch ein stabiles politisches System aufzubauen, das ohne seine Führung auskommen würde. Das Boot seiner politischen Führung treibt auf den Wasserfall zu und wird nur so lange nicht umkippen, wie die schwere Figur von Rahmon im Boot das Gleichgewicht hält“, resümiert der Politikwissenschaftler Temur Barki gegenüber Radio Azattyq.

Im Hinblick auf die kommende Amtszeit von Rahmon mutmaßt der ehemalige stellvertretende Wirtschaftsminister Karimdschan Ahmedow im Interview mit Radio Ozodi:  „Die größte Herausforderung wird für Rahmon die wirtschaftliche Entwicklung sein. Die Fertigstellung des Staudammes Rogun und der niedrige Lebensstandard der Bevölkerung mit einer Durchschnittsgehalts von 130 US-Dollar sind ernstzunehmende Probleme“, stellt er fest und erklärt weiter, „deswegen wird die Wirtschaft im Mittelpunkt stehen. Wenn es weiterhin keine Transfers der im Ausland arbeitenden Migranten geben wird, ist die Situation sehr schlecht. In der Hinsicht können große Änderungen erwartet werden, aber nicht aufgrund ihrer politischen Natur.“

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Weiterhin wird sich in dieser Amtsperiode auch das Thema seiner Nachfolge klären. Vor seiner erneuten Nominierung im September dieses Jahres kursierte nämlich das Gerücht, dass wahrscheinlich sein Sohn Rustam Emomali, der momentan das Amt des Senatspräsidenten und des Bürgermeisters von Duschanbe bekleidet, als Staatspräsident kandidieren würde.

Dennoch ist Rustam Emomali nicht der einzige potenzielle Nachfolgekandidat, sondern auch Rahmons Tochter Osoda Rahmon wird für das Amt gehandelt. So twittert die Journalistin Humajra Bachtijor: „Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen sind klar. Was wird in den nächsten sieben Jahren passieren? Ich denke, wir werden einen Machtkampf zwischen Ozoda und Rustam beobachten können. Aber Rahmon wird niemals einer Frau politische Macht verleihen.“  So wird sich auch in Tadschikistan in den kommenden Jahren einiges auf dem politischen Feld bewegen.

Jana Rapp
Journalistin für Novastan

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