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Navbakhor Boudot, das Gesicht des usbekischen Textils in Frankreich

Die Kolleg:innen von unserer französischen Redaktion haben Navbakhor Boudot getroffen, eine französisch-usbekische Unternehmerin, die sich für die Entwicklung einer verantwortungsbewussten Textilproduktion in Usbekistan einsetzt. Ein Porträt.

Emma Jerome 

Navbakhor Boudot
Navbakhor Boudot

Die Kolleg:innen von unserer französischen Redaktion haben Navbakhor Boudot getroffen, eine französisch-usbekische Unternehmerin, die sich für die Entwicklung einer verantwortungsbewussten Textilproduktion in Usbekistan einsetzt. Ein Porträt.

Navbakhor Boudot wurde in einem Dorf in Xorazm am Amudaryo geboren und studierte mit Unterstützung ihrer Familie Französisch an der Universität für Weltsprachen in Taschkent. Nachdem sie 2007 trotz großer Prekarität ihren Abschluss geschafft hatte, ging Navbakhor als Au-Pair-Mädchen nach Frankreich. Dort erlebte sie eine schwierige Zeit der Anpassung, weit entfernt von ihrer Familie und ihrer Kultur. Einige Jahre später gründete Navbakhor eine Schneiderei und später ihre eigene Marke, Bahor. Das Wesen ihres Unternehmens entspringt ihrem ursprünglichen Traum, Menschen am Rande der Gesellschaft zu unterstützen. Das Projekt soll die Konzepte der Inklusion, des Teilens und der Wertschätzung vermitteln.

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Die Gründung einer auf Seide spezialisierten Textilmarke ist für sie auch eine Gelegenheit, starke Bindungen zwischen Frankreich und Usbekistan zu knüpfen, da diese Textilien von China bis Lyon auf den zentralasiatischen Straßen durch Taschkent, Samarkand, Buchara oder Xiva zu finden sind.

Ein Einsatz für Ethik im Textilgeschäft

Navbakhor Boudot gründete 2010 im Anschluss an eine Ausbildungsphase ihre Schneiderei im 8. Arrondissement von Lyon. Diese Einrichtung trägt seitdem zur Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, zur Solidarität und zur Dynamik ihres Viertels bei.

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Ihr Unternehmen, Bahor Eco Couture, ist vor allem auf ethische Grundsätze ausgerichtet. Sie möchte damit nicht nur der Modewelt einen neuen Sinn verleihen und sie überlegter und nachhaltiger gestalten, sondern sie versteht das Unternehmen auch als inklusiven Arbeitsplatz. Es geht ihr darum, Frauen aus diversen Hintergründen aus den Arbeitervierteln zu integrieren, um ihre soziale und berufliche Eingliederung zu fördern.

Die gesamte Produktion wird in Frankreich hergestellt, in reduziertem Maßstab und aus Stoffresten, die hauptsächlich von Herstellern aus Lyon stammen. Navbakhors Bestreben ist es, aus der Logik der Fast Fashion auszubrechen. Durch Upcycling, die Aufwertung von alten Kleidungsstücken und Stoffresten, schafft sie eine lokale Produktion ohne Abfall, geleitet von ökologisch verantwortungsvollen Werten. Der Stoff stammt vor allem aus ungenutzten Beständen und Auslaufmodellen oder Beständen mit leichten Mängeln.

Aus den Resten ihres Ateliers werden auch Seidenquadrate, Schals oder Haargummis hergestellt. Die Modelle und Accessoires sollen außerdem zeitlos und zeitbeständig sein, mit viel Achtung für das Detail und die Verarbeitung. Sie werden aus einkomponentigen Materialien hergestellt, um ihr zukünftiges Recycling zu erleichtern. Für seine Ansätze wurde das Atelier Eco Couture mit mehreren Preisen ausgezeichnet: dem nationalen „Coup de Coeur“-Preis und dem regionalen Preis „Talents des Cités“ im Jahr 2018. Im Jahr darauf gewann es den Preis Quartier beim regionalen Wettbewerb Initiative O Féminin.

Eine enge Zusammenarbeit mit Usbekistan

Seit der Wahl von Shavkat Mirziyoyev im Jahr 2016 hat sich Usbekistan zunehmend der internationalen Bühne geöffnet, sowohl im politischen als auch im wirtschaftlichen Bereich. So sind neue Perspektiven und Ambitionen denkbar geworden. Navbakhor nutzte die Gelegenheit, um Beziehungen zur usbekischen Botschaft in Frankreich aufzubauen und nach und nach in soziale und ökologische Fragen zwischen den beiden Ländern zu investieren.

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Gleichzeitig vervielfacht Navbakhor ihre Treffen mit Behörden, Wirtschaftsvertretern, usbekischen Textilunternehmen oder auch nationalen Verbänden. Das Ziel: Verbindungen zwischen ihrem Heimatland und Frankreich zu knüpfen. Novastan begleitete Navbakhor einen Tag lang in Taschkent während ihres Besuchs bei lokalen Akteuren der Textilbranche. Sie wollte dabei aktuelle Möglichkeiten im Textilbereich erfassen und die Umsetzung eigener Vorhaben vorbereiten. Ein typischer Tag während ihrer etwa einwöchigen Aufenthalte besteht aus Treffen mit Unternehmen wie der Global Textile Group, Irodat oder dem Verein Uztextilprom, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu erkunden.

Das Seidenprojekt von Navbakhor in Usbekistan

Navbakhor ist bestrebt, ein Projekt im Bereich des Seidenhandwerks zu verwirklichen. Die Seidenraupenzucht ist in Usbekistan Teil bestimmter Traditionen und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Es ist eine anspruchsvolle Tätigkeit: Die gesamte Arbeit konzentriert sich von Anfang an auf die Qualität der Blätter und die Raumtemperatur, die bei etwa 23 °C gehalten wird.

Um einen Seidenfaden zu erhalten, muss man sechs Wochen warten. Diese sind in vier Zyklen aufgeteilt, erklärt Navbakhor. Im vierten Zyklus beginnen die Raupen, mithilfe ihres Speichels ihren Seidenkokon zu produzieren, der sich dabei verhärtet. Die Rohseide aus dem Kokon kann, wenn sie abgewickelt wird, bis zu 1.400 Meter lang sein. Das Projekt versucht, den Anbau von Seidenraupen zu fördern, um lokale Werkstätten, insbesondere in Xorazm, zu schaffen. Die Anpflanzung von Maulbeerbäumen würde die ökologischen Probleme im Westen und Süden Usbekistans lindern. In den Regionen Versalzen die Böden zunehmend zu Wüsten. Sie werden immer weniger ackerfähig und können, zusätzlich zum Austrocknen des Aralsees, zur Verbreitung von Krankheiten beitragen.

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Das Projekt würde Frauen helfen, unabhängiger und selbstständiger zu werden, da sie ein Einkommen und einen beruflichen Status genießen würden. Es ist Teil eines Prozesses der schrittweisen Veränderung und Modernisierung der Seidenraupenzucht, ähnlich wie beim Baumwollanbau, wie der nationale Verband der Seidenindustrie, Uzbekipaksanoat, auf seiner offiziellen Website berichtet. Usbekistan steht bei der Produktion von Seidenraupenkokons nach China und Indien an dritter Stelle, bei der Pro-Kopf-Produktion sogar an erster Stelle. Neben einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut für diesen Bereich bauen 22 Farmen Maulbeerbaumpflanzen an, 13 Unternehmen produzieren Seidenraupen und 58 Unternehmen stellen daraus Garn und Stoff her.

Emma Jerome Journalistin für Novastan France

Aus dem Französischen von Florian Coppenrath

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