Trotz eines Flugunglücks in Kasachstan im Jahr 2019 wurden die Fluggesellschaften aus Kasachstan nicht in die jüngste schwarze Liste der Europäischen Union aufgenommen.
Am 1. Juni erklärte der kasachstanische Minister für Industrie und Infrastrukturentwicklung, Qaıyrbek Óskenbaev, dass der Flugsicherheitsausschuss der Europäischen Kommission das Land nicht auf die schwarze Liste setzen werde. Diese Entscheidung ermöglicht es den Fluggesellschaften des größten zentralasiatischen Landes, weiterhin Flüge in die und aus der Europäischen Union (EU) durchzuführen. In derselben Erklärung behauptet der Minister, der Ausschuss habe „die von unserer Regierung in den letzten drei Jahren ergriffenen Maßnahmen positiv […] bewertet“.
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Auf ihrer Website aktualisierte die Europäische Kommission ihre „Air Safety List“, auf der 118 Fluggesellschaften aus rund 20 Ländern aufgeführt sind. Diese sind formell von jeglichem Zugang zum europäischen Luftraum ausgeschlossen. In Zentralasien sind allein alle Fluggesellschaften aus Kirgistan mit einem solchen Verbot belegt.
Ein Flugzeugabsturz hätte zum Verbot führen können
Diese positive Bewertung folgt auf einen schweren Zwischenfall, den Kasachstans Luftfahrt Ende 2019 verzeichnete. Nur wenige Minuten nach dem Start stürzte am 27. Dezember 2019 ein Verkehrsflugzeug der Bek Air ab, wobei 14 Menschen, darunter der Pilot, ums Leben kamen, erinnert das kasachstanische Onlinemedium KazTAG. Das Flugzeug teilte sich bei dem Absturz in zwei Teile, aber 85 weitere Passagiere überlebten wie durch ein Wunder.
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Nach den am 29. April 2022 veröffentlichten Ergebnissen der Untersuchungskommission, über die KazTAG berichtete, soll der Unfall durch Vereisung am Boden ausgelöst worden sein. Die Schlussfolgerungen sind jedoch nach wie vor umstritten. Laut Angehörigen des Piloten sei das Flugzeug vor dem Start mit ineffektivem Entfroster bearbeitet worden, so KazTAG. Auch vermeintlich illegale Bauten in der Nähe der Flugbahn wurden in der Vergangenheit für den Absturz mitverantwortlich gemacht.
Als Reaktion auf den Absturz hatte die EU-Kommission Kasachstan über „manche Sicherheitsbedenken“ informiert und der Bek Air sowie einer weiteren Fluggesellschaft zeitweise die Fluglizenz entzogen. Da Kasachstan einen Aktionsplan zur Lösung der Sicherheitsprobleme vorlegte, verzichtete die EU auf weitere Maßnahmen, so das kasachstanische Portal Kursiv.media.
Institutionelle Reformen in der Luftfahrt
Die Verwaltung der kasachstanischen Zivilluftfahrt, die Anfang der 2000er Jahre stark kritisiert wurde, hat seit 2016 einen Wendepunkt erlebt. Wie Óskenbaev behauptet, hat Kasachstan ein europäisches Modell übernommen, indem es die Gesetzgebung änderte und gleichzeitig das Modell seiner Luftfahrtbehörde an das der britischen Luftfahrtbehörde anlehnte.
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Die 2019 gegründete Behörde soll die zivile Luftfahrtindustrie kontrollieren und beaufsichtigen. Dieses von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit und der Internationalen Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO) anerkannte Verwaltungsmodell ist europäischen Ländern beliebt, wie das kasachstanische Medium Kazinform berichtet. Laut dem Minister hätte eine unabhängige Prüfung durch die ICAO im August 2021 gemessen, dass die Flugsicherheit des Landes 84 Prozent betrug und damit 15 Punkte über dem weltweiten Durchschnitt lag.
Diese wiedergewonnene Sicherheit ist erst seit Kurzem gegeben. In einem früheren ICAO-Audit aus dem Jahr 2009, das von Óskenbaev zitiert wurde, erfüllte Kasachstan nur 47 Prozent der Standards der Institution. Im Anschluss an die Prüfung hatte die Europäische Kommission allen Fluggesellschaften des Landes mit Ausnahme von Air Astana untersagt, Flüge in die Europäische Union durchzuführen. Dieses Verbot wurde erst im Jahr 2016 wieder aufgehoben.
Paul Mougeot Journalist für Novastan France
Aus dem Französischen von Florian Coppenrath
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