Der usbekische Präsident Schawkat Mirsijojew stärkt die Generalstaatsanwaltschaft, die zunehmend Kompetenzen des Geheimdienstes SNB übernimmt. Den Bericht des Nachrichtenportals Centre-1 übersetzen wir mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Am 15. Februar wurde die Anordnung des Präsidenten Schawkat Mirsijojew für eine effektivere Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft veröffentlicht. Die Staatsanwälte sind somit mit einem breiteren Kompetenzenspektrum versehen und übernehmen damit einige Funktionen, die zuvor dem usbekischen Geheimdienst SNB (Slushba Nazionalnoi Bjesopasnosti, übersetzt „Dienst für Innere Sicherheit“) zugeteilt waren.
Somit werden neun neue Abteilungen in der Generalstaatsanwaltschaft geschaffen, die sich unter anderem der Überwachung des Öl- und Energiesektors, des Finanzsektors und der Garantie des rechtlichen Schutzes für Unternehmen und Investitionen widmen sollen.
Außerdem ist für die Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft eine Gehaltserhöhung von 50 Prozent vorgesehen. Das Personal soll sich nicht mehr auf juristische Fachkräfte beschränken, sondern die Behörde auch einen eigenen analytischen Stab aufbauen.
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Schließlich wird der Generalstaatsanwaltschaft die exklusive Kompetenz zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und von Korruption in den höheren staatlichen Rängen zugeteilt. Zuvor war dies eine Angelegenheit des SNB, dessen entsprechende Abteilung verschiedener Angaben zufolge aufgelöst wurde.
Die Staatsanwaltschaft als Kaderschmiede
In Mirsijojews Amtszeit ist die Generalstaatsanwaltschaft zu einem Sprungbrett in die höchsten Stellen des öffentlichen Dienstes geworden. Beinahe alle Behörden der Exekutive werden von ehemaligen Mitarbeitern dieser Behörde geleitet.
Somit ist es bezeichnend, dass der SNB nach dem Rücktritt des langjährigen Geheimdienstchefs Rustam Inojatow nun vom vorherigen Generalstaatsanwalt Ichtijor Abdullajew geleitet wird. Dessen ehemaliger Stellvertreter Murodschon Asimow wurde an die Spitze der Zollbehörde ernannt und auch der Innenminister Pulat Babadschanow hatte zuvor 12 Jahre in der Generalstaatsanwaltschaft gearbeitet.
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Wie „Ozodlik“, der usbekische Dienst von Radio Free Europe, berichtet, wurden weitere Schlüsselpositionen im SNB durch ehemalige Angestellte der Staatsanwaltschaft besetzt. Der neue Vizeleiter des SNB, Dschachangir Egamow, leitete zuvor die Abteilung zur Bekämpfung von Steuerflucht und Geldwäsche der Generalstaatsanwaltschaft.
Zu Zeiten des ersten Präsidenten Islam Karimow wurden alle wichtigen Staatsangestellten zuvor vom SNB abgesegnet. Somit reichte der Einfluss des Geheimdienstes in alle Behörden und alle Wirtschaftsbereiche, inklusive der Schattenwirtschaft. Es galt als offenes Geheimnis, dass der SNB auch den Währungsschwarzmarkt kontrollierte und sich lange der Liberalisierung des Kurses in den Weg stellte.
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Vor allem nach den Ereignissen von Andischan im Jahr 2005 war die Macht des SNB in Usbekistan quasi uneingeschränkt. Eliteeinheiten des Militärs und der Polizei wurden zu Einheiten des Geheimdienstes gemacht, der ebenfalls für die Sicherheit hohen Beamter zuständig war.
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit verzichtete Mirsijojew auf den Schutz dieser Einheiten und richtete sich dafür an das Innenministerium. Im Sommer 2017 wurde der stellvertretende SNB-Chef Schuchrat Guljamow entlassen und schließlich von einem Militärgericht zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
In den folgenden Monaten wurde die Kritik des Präsidenten am Geheimdienst immer lauter und gipfelte im Rücktritt von Inojatow, der lange als graue Eminenz im Staat galt.
Centre-1
Aus dem Russischen von Florian Coppenrath
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