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Usbekistan: Der Coronavirus trifft die Tourismusbranche

Die Coronavirus-Pandemie trifft den Tourismus in Zentralasien - allen voran in Usbekistan, dem meistbesuchten Land der Region. Aktuell versucht der Tourismussektor die Schwierigkeiten zu bewältigen, befürchtet aber, dass die Krise noch lange dauern wird. Die Regierung hat begonnen Maßnahmen zur Unterstützung der Branche zu ergreifen, um den Schaden zu begrenzen.

Die Redaktion 

Übersetzt von: Robin Roth

Die Ulug-Beg-Medrese in Samarkand
Die Ulug-Beg-Medrese in Samarkand (Ilustration)

Die Coronavirus-Pandemie trifft den Tourismus in Zentralasien – allen voran in Usbekistan, dem meistbesuchten Land der Region. Aktuell versucht der Tourismussektor die Schwierigkeiten zu bewältigen, befürchtet aber, dass die Krise noch lange dauern wird. Die Regierung hat begonnen Maßnahmen zur Unterstützung der Branche zu ergreifen, um den Schaden zu begrenzen.

Bevor die Corona-Krise Mitte März Usbekistan erreichte, hatte der Tourismus im Land einen gewissen Aufschwung erlebt. Im ersten Quartal 2019 stieg die Besucherzahl um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im gesamten Jahr besuchten 6,7 Millionen Menschen Usbekistan, was gegenüber 2018 mit 5,3 Millionen Gästen einen Anstieg um 21 Prozent bedeutet. Diese Entwicklung wurde durch eine Politik der Öffnung begünstigt: Anfang 2019 hatte Usbekistan Staatsangehörige aus 45 Ländern, darunter auch Deutschland, von der Visumspflicht befreit.

Dieser positive Trend wurde jedoch durch die Pandemie unterbrochen. Mitte März schloss Usbekistan seine Grenzen sowohl auf dem Luft- als auch dem Landweg. Für die Bevölkerung gelten Ausgangsbeschränkungen und der Tourismus ist zum Erliegen gekommen.

Die Gefahr der Insolvenz

Das usbekische Nachrichtenportal Spot.uz sprach mit Vertretern der Branche sowie mit der Vorsitzenden der Vereinigung der privaten Reiseorganisationen Usbekistans (APTA). Alle Befragten berichten von großen Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Krise und haben wenig Hoffnung für das Jahr 2020. Sie nennen zwei zentrale Probleme: Stornierungen und die damit einhergehende Erstattung von gebuchten Touren, Hotels oder Flügen sowie die Aussicht, dass ursprünglich eingeplante Einkünfte in den kommenden Monaten ausbleiben werden.

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Aus diesen Gründen besteht für alle Unternehmen in der Branche die Gefahr, Insolvenz anmelden zu müssen. Vielen von ihnen haben mithilfe von Krediten expandiert. Aufgrund fehlender Einkünfte kann es nun dazu kommen, dass sie nicht mehr in der Lage sein, diesen zurückzuzahlen. Einige Unternehmen profitieren immerhin von einer Mietbefreiung – eine wertvolle, aber unzureichende Hilfe.

Für Mansur Ramazonov, Direktor für Geschäftsentwicklung und Marketing bei der Reiseagentur Avrud Travel, begann die Krise bereits im Januar mit mehreren Stornierungen. Das Unternehmen erwartete für März einen Anstieg des Touristenstroms um 35 bis 40 Prozent, erreichte aber nur 10 Prozent.

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Bei der Reiseagentur TravelSystem sank der Umsatz im März sogar um 95 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut Mitbegründer Anvar Mirzayev musste das Unternehmen zwar das Geld für etwa 30 gebuchte Touren zurückzahlen, steht aber zum jetzigen Zeitpunkt finanziell noch auf sicheren Füßen. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn die Situation andauert und sich bis zum Herbst hinzieht. TravelSystem wird dann nicht mehr in der Lage sein, seine MitarbeiterInnen zu bezahlen, was zu einer Geschäftsaufgabe führen könnte.

Wie Spot.uz berichtet, versucht die usbekische Hotelbranche vor allem in Samarkand sich durch längerfristige Buchungen über Wasser zu halten.

Benötigte Staatshilfe

Damit der Tourismussektor bestehen könne, sei die Unterstützung des usbekischen Staates notwendig, behauptet der Generalvertreter der Fluggesellschaft FlyDubai in Usbekistan, Dilmurodxon Baxtiyorxonov, gegenüber Spot.uz. Dessen scheint sich auch die Politik bewusst zu sein.

Nachdem der usbekische Präsident Shavkat Mirziyoyev bereits am 19. März einen Fonds von fast einer Milliarde Euro eingerichtet hatte, ergriff er in einem Erlass vom 3. April erneut Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, insbesondere im Bereich Tourismus. UnternehmerInnen, die im Tourismus und Hotelgewerbe tätig sind, wurden für 2020 von der Grundsteuer befreit, während die Sozialabgaben von 12 auf 1 Prozent gesenkt wurden.

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Am 10. April fand darüber hinaus auf der Plattform des Zentrums für berufliche Entwicklung ein Webinar mit Finanzminister Dilshod Sultanov statt. Im Webinar ging es hauptsächlich darum, wie der Staat die touristischen Einrichtungen unterstützen wird. Auch Maßnahmen zur Steuerbefreiung wurden ausgiebig diskutiert.

Das Projekt des Online-Tourismus

Am 10. April verkündete der Vorsitzende des Staatlichen Komitees für die Entwicklung des Tourismus Aziz Abduhakimov, den „Online-Tourismus“ entwickeln zu wollen, um mitten in der Quarantäne die Attraktivität des Landes zu erhöhen.

Laut seiner Erklärung wird in Kürze eine Website eingerichtet werden, die virtuelle Touren in Zusammenarbeit mit nationalen Museen und anderen Sehenswürdigkeiten anbietet. Abduhakimov forderte auch die BesitzerInnen von Cafés und Restaurants zur Teilnahme an dem Projekt auf. Die Organisation von Webinaren zu diesem Thema und Zuschüsse zur Unterstützung kreativer Projekte wurden ebenfalls erwähnt.

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Schon jetzt denken die Unternehmen über die Zeit nach der Krise nach. Nach der Pandemie werde der Wettbewerb auf dem Weltmarkt hart sein, betont die APTA-Vorsitzende Gulchehra Israilova. Ihrer Meinung nach muss Usbekistan große Anstrengungen unternehmen, um sich als attraktives Reiseziel in Szene zu setzen. Der Staat müsse auch dabei helfen, die Kosten für Flüge und Pauschalreisen zu senken. Die Förderung des Inlandstourismus sei Teil der Strategie.

Clotilde Rabault, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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