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Sayragul Sauytbay erhält Nürnberger Menschenrechtspreis

Sayragul Sauytbay wird mit dem Nürnberger Menschenrechtspreis 2021 ausgezeichnet. Es ist nicht das erste Mal, dass die Menschenrechtsaktivistin, die der Welt von den Missständen in den sogenannten „Umerziehungslagern“ in der westchinesischen Provinz Xinjiang berichtet hat, für ihr Engagement einen Preis erhält.

Sayragul Sauytbay wird mit dem Nürnberger Menschenrechtspreis 2021 ausgezeichnet. Es ist nicht das erste Mal, dass die Menschenrechtsaktivistin, die der Welt von den Missständen in den sogenannten „Umerziehungslagern“ in der westchinesischen Provinz Xinjiang berichtet hat, für ihr Engagement einen Preis erhält.

Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis 2021 geht an Sayragul Sauytbay. Dies gab Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König am 1. März im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt. Sauytbay, eine ethnische Kasachin aus der im Westen Chinas gelegenen Uigurischen Autonomen Region Xinjiang, hatte unter anderem in dem Buch „Die Kronzeugin“ von Verbrechen berichtet, die in sogenannte „Umerziehungslagern“ an Angehörigen muslimischer, turksprachiger Minderheiten begangen werden. Die Preisträgerin stehe „in vielerlei Hinsicht exemplarisch für das Schicksal ethno-religiöser Minderheiten in China“, zitierte König aus der Begründung der internationalen Jury.

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Der Nürnberger Menschenrechtspreis wird seit 1995 alle zwei Jahre von der Stadt Nürnberg verliehen. Er ist mit 15.000 Euro dotiert und soll laut Satzung dafür stehen, dass aus Nürnberg, der ehemaligen Stadt der Reichsparteitage und der Rassengesetze, heute nur noch Signale des Friedens und der Völkerverständigung ausgehen. Mit dem Preis werden insbesondere Staatsangehörige von Ländern ausgezeichnet, in denen MenschenrechtlerInnen gefährdet sind und mit Verfolgungen und Repressalien zu rechnen haben.

Eine Stimme gegen die Unterdrückung

Sayragul Sauytbay hatte viele Jahre in Xinjiang als Ärztin und Erzieherin gearbeitet, bevor sie 2017 als Ausbilderin für eines der sogenannten „Umerziehungslager“ zwangsrekrutiert wurde. In dieser Zeit erhielt sie tiefe Einblicke in das Lagersystem und war auch selbst Folter ausgesetzt. Im Jahr 2018 gelang ihr die Flucht nach Kasachstan. Dort wurde sie wegen unerlaubter Einreise verurteilt, weswegen sie im Juni 2019 Asyl in Schweden erhielt.

Aus dem Exil heraus berichtete die Whistleblowerin der Welt von den Praktiken der Regierung in den Lagern und sprach offen von Folter, sexueller Gewalt und medizinischen Experimenten an Menschen. Sie wurde so zu einer der wichtigsten Stimmen gegen die Unterdrückung der muslimischen Minderheiten in China.

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„Die Jury hofft, dass die Öffentlichkeit, die die Preisvergabe mit sich bringt, Frau Sauytbay den nötigen Schutz bietet, ihre Arbeit in Sicherheit fortzusetzen“, erklärte der Nürnberger Oberbürgermeister, der in dieser Funktion auch Vorsitzender der Jury ist.

Für Sayragul Sauytbay selbst ist es hingegen nicht die erste Auszeichnung für ihr Engagement. Bereits im März 2020 war sie mit dem Woman of Courage Award des US State Department ausgezeichnet worden.

Eine Million in Lagern

Über das Lagersystem, in dem Schätzungen zu Folge mehr als eine Million Menschen interniert sind, wurde erstmals 2018 in der Öffentlichkeit berichtet. Die Internierten sind dabei einer ideologischen „Umerziehung“ ausgesetzt, auch über Folter wurde immer wieder berichtet. In die Lager gelangt man ohne Untersuchung und ohne Prozess, die „Umzuerziehenden“ dürfen keinen Kontakt zu ihren Familien haben.

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Chinas Behörden hatten die Existenz solcher Lager zunächst bestritten, waren aber Ende 2018 dazu übergangen, sie als Mittel im Kampf gegen den Islamismus zu legitimieren. Mit den Xinjiang Papers, die Ende 2019 von der New York Times veröffentlicht wurden, gelangten weitreichende Informationen über das Lagersystem und die darin begangenen Menschenrechtsverletzungen an die Öffentlichkeit.

„Ehrliche Kritik“ bei freundschaftlicher Verbundenheit

Dass die chinesische Regierung auf Kritik an ihrer Xinjiang-Politik in der Regel mit Verstimmung reagiert, ist auch der Stadt Nürnberg bekannt, weswegen sich Oberbürgermeister König bewusst ist, dass es in China eine „Reaktion auf die Preisvergabe“ geben könne. Er betonte, dass man dem chinesichen Volk und insbesondere der Partnerstadt Shenzhen seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden sei. Gerade deshalb fühle man sich verpflichtet, diese ehrliche Kritik zu üben. „Denn gerade unter Freunden muss man sich die Wahrheit auch sagen dürfen“, erklärte das Nürnberger Stadtoberhaupt.

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Sayragul Sauytbay, die bereits erklärt hat, den Preis anzunehmen, dürften solche Sorgen egal sein. Sie wird den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis 2021 in einer feierlichen Zeremonie entgegennehmen können, die allerdings pandemiebedingt erst am 15. Mai 2022 stattfinden wird.

Robin Roth, Redakteur für Novastan

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