Während in anderen Länder alte Denkmäler und Gebäude restauriert werden, werden diese in Duschanbe abgerissen. Das Gebäude des Majakowski-Theaters sollte laut Verordnung des Kultusministeriums bereits am 1. Mai 2016 zurückgebaut werden.
„Dieses Theater haben unsere Großeltern und Eltern erlebt. Auch unsere Kinder haben es als ein Teil ihres Schullebens identifiziert, da dort alle festlichen Tagesvorstellungen für Kinder stattgefunden haben. Sie wollen uns unsere Geschichte nehmen,“ sagt Madina G., eine Einwohnerin von Duschanbe. Das nach Majakowski benannte Russische Dramentheater in Duschanbe wurde 1937 gegründet. Sein Ensemble hat Vorstellungen in vielen Ländern der Sowjetunion gegeben.
Abriss einiger historischer Gebäude in der Innenstadt
„Sie wollen, dass wir umziehen. Umziehen in das Gebäude des Kinos „Tadschikistan“, welches sich weit außerhalb der Innenstadt befindet. Es ist doch klar, dass kein Mensch da hingehen wird. Und die Akustik und die Ausstattung des Kinos sind nicht für Theatervorführungen geeignet,” erklärt Gulnora Akhmedova, die stellvertretende Direktorin des Majakowski-Theaters. „Man soll doch den Mut haben, zu sagen, dass man uns nicht mehr haben will.“ Laut des Kulturministeriums hat das Theater lediglich einen Stock und nur 300 Plätze, was mit dem Profil eines modernen Theaters nicht übereinstimmt. Außerdem, so das Kultusministerium, „gibt es in der Hauptstadt eine Tendenz zum Bau neuer, moderner Gebäude. Die alten Gebäude passen nicht mehr in die neue Architektur der Stadt.“ Das Majakowski-Theater gehört dazu.
Mit dieser Begründung hatte man 2015 auch das alte Teehaus Rochat abreißen wollen. Die Einwohner der Hauptstadt Duschanbe unterschreiben bis heute eine Online-Petition mit dem Titel „Lasst uns die barabrische Zerstörung unwiederbringlicher Kulturdenkmäler stoppen“, die sich an den Präsidenten Emomali Rachmon und an den Bürgermeister Duschanbes, Makhmadsaid Ubaydullaev, richtet. Mittlerweile haben 1.900 Menschen die Petition unterschrieben.
Das Abbau des Majakowski-Theaters läuft schon seit dem 23. Juni 2016. Die Szene, der Zuschauerraum, die Garderoben und die Verwaltungsräume sind bereits abgebaut, es stehen nur noch die Wände. Das Inventar wurde ins nahgelegene Staatliche Akademische Lokhuti-Theater transportiert, dort werden vorläufig auch die Vorstellungen stattfinden. Sobald die Bauarbeiten im ehemaligen Kino “Tadschikistan” beendet sind, ist es Zeit für den endgültigen Umzug.
Protest bekannter tadschikischer Künstler und Akademiker
Die Künstler richteten eine schriftliche Eingabe mit der Bitte um die Erhaltung des Theaters an den Präsidenten des Landes. Mit einer ähnlichen Botschaft trat der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Tadschikistans Schodi Schabdolow in Erscheinung: “Man darf nicht Gebäude abreißen, mit denen nicht nur die Theaterkultur des Landes verbunden ist, sondern auch seine politische Geschichte. […] Bis jetzt bezeugt diese Entscheidung der Staatsmacht ihre Versuche, die Erinnerungen an die sowjetische Vergangenheit, […], zu vernichten.”
Der bekannte tadschikische Historiker Gafur Shermatov veranschaulichte die Situation anhand eines Beispiels „Stellt euch vor, ihr habt absolut gesunde weiße Zähne, und plötzlich, auf einmal, zieht ihr diese und stellt an deren Stelle goldene. So machen wir es immer noch.“
Alin Kor
Redakteurin für Novaston.org
Redigiert von Luisa Podsadny