Trotz zuletzt diplomatischer Fortschritte bleiben die Grenzen zwischen den Ländern Zentralasiens fragile Zonen. Das verdeutlichen zwei Vorfälle zwischen Tadschikistan und den Taliban sowie zwischen Usbekistan und Kirgistan, die sich im August ereigneten.
Am 24. August kam es laut Berichten des tadschikischen Mediums Asia Plus zu einem Schusswechsel zwischen tadschikischen Streitkräften und Kämpfern der Taliban entlang des Grenzflusses Pandsch. Dabei wurde in den Bezirken Schahr-e-Bosorg (Afghanistan) und Schamsiddin-Schohin (Tadschikistan) mindestens ein Taliban-Kämpfer getötet und mehrere verletzt. Der Konflikt hängt zum Teil mit dem verstäkten Goldabbau auf der afghanischen Seite des Flusses zusammen. Für die Förderung des Edelmetalls wird der Wasserlauf des Pandsch verändert, wodurch tadschikische Dörfer in der Region durch Bodenerosion bedroht werden.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Bereits am 15. August hatte sich zudem ein Vorfall an der usbekisch-kirgisischen Grenze ereignet. Laut Fergana News erschossen usbekische Grenzsoldaten zwei kirgisische Hirten in der Nähe des Naturschutzgebiets Ugam-Tschatkal. Nach einer gemeinsamen Untersuchung erklärten die usbekischen Behörden, die beiden Männer seien der Aufforderung anzuhalten nicht nachgekommen und die Schüsse seien das letzte Mittel gewesen. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass die Grenzziehung im betreffenden Gebiet unklar war.
Reaktionen der Behörden und Auswirkungen
Im usbekisch-kirgisischen Fall reagierten die Regierungen beider Länder umgehend. Nach einer bilateralen Untersuchung bauten diplomatische Gespräche sowie die Rückgabe der Leichen erste Spannungen ab. Beide Länder zeigten zumindest formal den Willen zur Transparenz sowie dazu, eine solche Tragödie in Zukunft durch bessere Abgrenzungen zu verhindern.
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Der tadschikisch-afghanische Zwischenfall hinterlässt eine angespanntere Lage. Diese Konfrontation ist die erste ihrer Art zwischen tadschikischen Streitkräften und den Taliban, seit deren Machtergreifung im Sommer 2021. Die tadschikischen Behörden forderten ihre afghanischen Nachbarn auf, die Regelungen für den Bergbau zu verbessern.
Grenzen als Zonen wiederkehrender Instabilität
Diese Ereignisse sind keine Einzelfälle. Die Grenzen zwischen zentralasiatischen Ländern sind immer wieder Schauplatz von Konfrontationen im Zusammenhang mit Gebietsstreitigkeiten, Schmuggel oder auch radikalen bewaffneten Gruppen, wobei letztgenannte Bedrohung in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Trotz der Verträge über Grenzziehung oder Grenzabkommen wie zwischen Kirgistan und Usbekistan bleiben die Spannungen in den Bergregionen und in den „Pufferzonen“ bestehen.
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Darüber hinaus erinnern die Vorfälle daran, dass der Grenzfrieden fragil bleibt. Dabei hatten sich vergangenes Frühjahr erst die Staatschefs Kirgistans, Usbekistans und Tadschikistan zu einem historischen Dreiergipfel getroffen, bei dem sie Grenzkonflikte beilegten und Gemeinsamkeiten feierten. Doch regionale Stabilität scheint häufig stärker von lokalem Geschehen als nur von politischen Erklärungen abzuhängen
Evan Chaisson für Novastan
Aus dem Französischen von Arthur Siavash Klischat
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Schüsse an mehreren Grenzen – ein Test für die Stabilität der Region