Dem 19-jährigen kirgisischen Blogger Yrys Dschekschenalijew droht eine Höchststrafe von acht Jahren Haft, weil er das staatliche Bergbauprojekt Dschetim-Too kritisiert hat.
Am 14. August 2022 wurde der junge kirgisische Blogger Yrys Dschekchenalijew festgenommen und anschließend auf eine Polizeistation gebracht, so das US-amerikanische Online-Medium Eurasianet. Er wurde bis zu seinem Prozess in Untersuchungshaft genommen und wegen Aufrufen zum Ungehorsam und Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt.
Der Grund für diese Anschuldigungen ist, dass er ein Video des ehemaligen Chefs des Nationalen Sicherheitsdienstes, Abdil Segisbajew, geteilt hatte, in dem dieser das staatliche Bergbauprojekt Dschetim-Too kritisierte. Sollte er im Urteil für schuldig befunden werden, drohen ihm bis zu acht Jahre Haft, die Höchststrafe für diese Art von Verbrechen.
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Das fragliche Bergbauprojekt ist zu einem wichtigen Politikum im Land geworden. Das Projekt des Abbaus des großen Eisenerzvorkommens Dschetim Too in der Region Naryn wurde bereits kurz nach der Amtseinführung von Präsident Sadyr Dschaparow am 10. Januar 2021 vorgestellt. Das US-amerikanische Medium Radio Free Europe berichtete, dass die Gewinne aus der Mine zur Rückzahlung der Schulden in Höhe von 1,8 Milliarden US-Dollar (1,78 Milliarden Euro) beim Nachbarn China verwendet werden und das kirgisische Wachstum ankurbeln soll.
Das Projekt stößt jedoch auf zahlreiche Kritik. So werden die Umweltauswirkungen des Bergbaus angeprangert, insbesondere für die Böden und das Grundwasser, von denen die Bewohner der Region abhängig sind. Laut dem kirgisischen Nachrichtenportal 24.kg kam es im August 2022 zu lokalen Demonstrationen gegen das Projekt.
Finanzierungsquellen werfen Fragen auf
Die Finanzierungsquellen des Projekts bleiben ebenfalls nebulös. Die Investitionskapazität für ein solches Projekt ist in Kirgistan gering und eigentlich wären nur ausländische Unternehmen in der Lage, die für die Errichtung der Mine erforderlichen Mittel aufzubringen. Das Fehlen klarer Antworten seitens der Regierung unterhält weitere Zweifel bezüglich der Durchführbarkeit des Projekts, so Eurasianet weiter. Eben die Angst vor ausländischer Kontrolle über ein für das Land so wichtiges Vorkommen hatte Segisbajew in seinem Video angesprochen. Der Oppositionspolitiker und einstige Präsidentschaftskandidat hatte den Präsidenten darin beschuldigt, „den Reichtum Kirgistans zu verschenken“, und damit ein für Dschaparow sensibles Register gezogen.
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Ein wichtiges politisches Steckenpferd von Dschaparow war lange Zeit seine Haltung bezüglich der Kumtör-Mine, die inzwischen verstaatlicht wurde. Die in der Region Yssykköl gelegene Goldmine leistet einen wichtigen Beitrag zur kirgisischen Wirtschaftsleistung und ist für die nationale Wirtschaft insgesamt von entscheidender Bedeutung.
„Falsche Patrioten“
Umso empfindlicher ist Dschaparow gegenüber der Kritik an den von ihm initiierten Bergbauprojekte, was die Opposition auch zu nutzen weiß. Das Bergbauprojekt ist zu einem zentralen Argument geworden, mit dem die Politik Dschaparows in Frage gestellt wird. Darüber hinaus erlebte der Blogger Dschekchenalijew einen enormen Popularitätsgewinn innerhalb der Opposition.
Angesichts der politischen Bedeutung des Projekts äußerte der Präsident am 15. August auf Facebook seinen Wunsch, „diese falschen Patrioten zur Ordnung zu rufen“, und verurteilte Versuche, das Bergwerk zu politisieren. Die Regierung machte auch keinen Rückzieher in Bezug auf die Inhaftierung von Dschekschenalijew und bekräftigte ihre Absicht, das Bergbauprojekt zu Ende zu bringen.
Während Dschekschenalijew weiterhin auf seinen Prozess wartet und in der Untersuchungshaft unter Gesundheitsproblemen leidet, ist sein Fall und der Plan der Dschetim-Too Mine zentrale Themen des politischen Lebens in Kirgistan geworden. Die Lager der Opposition und von Dschaparow versuchen, diese Themen für sich zu vereinnahmen, um die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Noé Lhomme Autor für Novastan
Aus dem Französischen von Florian Coppenrath
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