In Kirgistan geht die öffentliche politische Rehabilitierung der Familie von Ex-Präsident Kurmanbek Bakijew mit einer schleichenden, nicht öffentlichen Rückgabe ihres Vermögens einher. So sollen Bakijews Sohn Maksim und seine Leute erneut die Kontrolle über eine Bank übernommen haben, deren Anteile Maksim Bakijew seinerzeit einem ausländischen Investor abgenommen hatte. Eine investigativ journalistische Reportage.
Erst vor kurzem erkannte das Verfassungsgericht Kirgistans dem flüchtigen vormaligen Präsidenten Kurmanbek Bakijew das Recht auf eine Revision seines Urteils wegen der Ermordung von mehr als 80 Menschen im Jahr 2010 [im Rahmen der sogenannten Melonenrevolution, die Bakijew das Amt kostete, Anm. d. Red.] und anderer schwerer Verbrechen zu. Doch bereits wenig später erlangten Vertreter seines Clans die Kontrolle über die Eurasische Sparkasse (ESB): Seit dem 11. April 2025 hält Mederbek Sartkasijew die Mehrheitsanteile der ESB.
Sartkasijew ist der Sohn des ehemaligen Generaldirektors einer Kraftwerksfirma, Bakyrdin Sartkasijew. Unter Bakijew arbeitete Bakyrdin in der Energiewirtschaft, ebenso wie der Urheber der Korruptionssysteme im kirgistanischen Energiesektor, Aleksej Schirschow.
Mederbek Sartkasijew steht ebenfalls in Verbindung mit Schirschow und dessen Vertrauten, dem derzeitigen Sonderbeauftragten des Präsidenten, Talantbek Imanow. Im Jahr 2022 berichteten Medienschaffende, dass Schirschow und auch Imanow in Bischkek mit einem Auto unterwegs waren, das Mederbek Sartkasijew gehörte.
Gefallen und verloren
Die Eurasische Sparkasse ist die ehemalige KyrgyzCredit Bank, die 1998 unter dem ersten Präsidenten Kirgistans, Askar Akajew, gegründet wurde. Hauptaktionär der Bank war der Honorarkonsul Italiens in Kirgistan, Giorgio Fiacconi (er war auch Investor des Hotels „Hayatt” und des TSUM).
Im Jahr 2005, fast unmittelbar nach dem Sturz Akajews und der Machtübernahme durch Kurmanbek Bakijew, leitete die Finanzpolizei Kirgistans ein Strafverfahren gegen Fiacconi ein, der daraufhin verhaftet wurde. Der Unternehmer erklärte, dass Druck auf ihn und seine Unternehmen ausgeübt werde. Das half jedoch nichts: Am 24. August 2007 war der Italiener gezwungen, seine Anteile zu verkaufen, und die KyrgyzCredit Bank ging in den Besitz des Sohnes des neuen Präsidenten, Maksim Bakijew, über.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Unmittelbar nach dem Sturz der Bakijews beantragte Fiacconi beim GKNB, den Verkauf der Anteile der KyrgyzCredit Bank für ungültig zu erklären, da dies unter Druck zustande gekommen sei. Auf Antrag des Unternehmers leitete das GKNB ein Strafverfahren ein und erkannte Fiacconi als Opfer einer feindlichen Übernahme der Bankanteile an.
Doch weder unter Interimspräsidentin Rosa Otunbajewa (2010–2011) noch unter deren Nachfolger Almasbek Atambajew (2011–2017) wurden dem Italiener seine Aktien zurückgegeben. Im Jahr 2011 wurde die KyrgyzCredit Bank unter die Kontrolle der Nationalbank gestellt, 2016 in „Eurasische Sparkasse“ umbenannt und anschließend an den Staatsfonds übertragen.
„Digitale“ Rückkehr
Nach der Machtübernahme durch Sadyr Dschaparow und Kamtschybek Taschijew 2020, die ihre Karriere unter Kurmanbek Bakijew gemacht hatten, begann die Bank allmählich wieder unter die Kontrolle des Umfelds des geflohenen Ex-Präsidenten zu geraten.
Im Mai 2022 übertrug die Regierung Dschaparow die Anteile an der ESK vom Staatsfonds an das Ministerium für digitale Entwicklung. Dschaparow hatte zuvor den ehemaligen Fahrer von Schirschow, Talantbek Imanow, zum Leiter dieser Behörde ernannt. Zusammen mit der Bank erhielt das Ministerium für digitale Entwicklung Anteile an drei weiteren großen Unternehmen, die zuvor von Bakijews Leuten kontrolliert wurden (die Firmen Dastan, Kyrgyz Telecom und Alfa Telecom).
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Darauf erklärte der Parlamentsabgeordnete Dastan Bekeschew, dass in der ESB „Schirschow-Schemata“ begonnen hätten. Nach Angaben des Abgeordneten werden diese von Alexej Schirschow mithilfe seines ehemaligen Untergebenen und Vertrauten Imanow umgesetzt: „Schirschow stand in Verbindung mit der Eurasischen Sparkasse, und gegen ihn wurde ein Strafverfahren eingeleitet“, meint Bekeschew. Weiter betont er, dass Sadyr Dschaparow die „Schirschow-Schemata“ nach Kirgistan zurückbringe: „Der Präsident unterstützt sie jetzt – und niemand kann sie an ihren Machenschaften hindern, weil der Präsident hinter ihnen steht“, erklärt der Abgeordnete.
Das Staatliche Ministerium für digitale Entwicklung hat 76,5 Prozent der Anteile an der ESB inne. Mehrere Hinweise deuten darauf hin, dass innerhalb der ESB Geld gewaschen wird, etwa von Casinos [die in Kirgistan illegal sind, Anm. d. Red.].
Wo Imanow hingeht, dahin gehen auch die Aktien
Im Januar 2024 waren noch über 80 Prozent der Bankaktien in Staatsbesitz: Das Ministerium für Informationstechnologie hielt 60,95 Prozent der Bank, die Alfa Telecom (früherer Markenname MegaCom) 19,99 Prozent. Beide Organisationen werden vom Bakijew-treuen Talantbek Imanow geleitet.
Die staatlichen Aktien der Eurasischen Sparkasse scheinen ihm wie ein Schatten zu folgen, wohin auch immer er unter der Regierung Dschaparow wechselte. So wurde Imanow im Herbst 2023 zum Leiter der Nationalen Investitionsagentur ernannt und im Januar 2024 gingen die Anteile der ESB vom Ministerium für Informationstechnologie an ebendiese Nationale Investitionsagentur über.
Und im April 2025 – als der mit Schirschow verbundene Imanow die Nationale Investitionsagentur verließ – gingen 48,89 Prozent der ESB-Anteile in den Privatbesitz des mit Schirschow verbundenen Mederbek Sartkasijew über. Zuvor hatte dieser 6,34 Prozent der Anteile gehalten, nun erhielt er eine Beteiligung von 55,23 Prozent.
Androsik und die lettische Spur
Sartkasijew und Imanow sind nicht die einzigen Beispiele für die Rückkehr der Eurasischen Sparkasse unter die Kontrolle der Bakijews.
Im April 2023 wurde bekannt, dass das Ministerium für Informationstechnologie unter der Leitung von Imanow 2,9 Prozent der ESB-Aktien an das Unternehmen Aiti Capital verkauft hatte. Dieses Unternehmen ist im selben Büro wie die Firmen der Bakijews registriert und gehört dem Letten Vladimir Androsik, der seinerzeit Maksim Bakijew dabei half, die Kontrolle über den Mobilfunkbetreiber MegaCom zu erlangen.
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Im Jahr 2022 verlieh Präsident Sadyr Dschaparow Androsik und seiner Frau Evgenia Sudets die kirgistanische Staatsbürgerschaft. Zur gleichen Zeit wurde die Alfa Telecom (Mobilfunkbetreiber Mega) Teil der ESB-Aktionäre. Es handelt sich dabei um ebenjene MegaCom, bei dessen Übernahme Androsik Bakijew geholfen hatte.
Schließlich war Lettland das erste Land, in dem Maksim Bakijew nach dem Sturz seines Vaters gesehen wurde. Dort hat er einen langjährigen Geschäftspartner, Valery Belokon. Nach der Flucht der Bakijews ließ sich auch Aleksej Schirschow, der Mittäter ihrer kriminellen Machenschaften, in Lettland nieder. Im Jahr 2022 erklärte Präsident Dschaparow, dass gegen Schirschow keine Strafverfahren hängig seien, und erlaubte ihm daher, nach Kirgistan zurückzukehren.
Die Redaktion von Kloop
Aus dem Russischen von Michèle Häfliger
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