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Verbesserungen im kirgisisch-usbekischen Grenzkonflikt?

Nach einem angespannten Jahresanfang an der kirgisisch-usbekischen Grenze gibt es Signale einer Veränderung der Grenzlage in Richtung Normalisierung. Der kürzliche Besuch einer kirgisischen Delegation im usbekischen Ferganatal und die schrittweise Öffnung der usbekischen Grenze für kirgisische Bürger scheinen den Beginn einer bilateralen Zusammenarbeit zu markieren.

Nach einem angespannten Jahresanfang an der kirgisisch-usbekischen Grenze gibt es Signale einer Veränderung der Grenzlage in Richtung Normalisierung. Der kürzliche Besuch einer kirgisischen Delegation im usbekischen Ferganatal und die schrittweise Öffnung der usbekischen Grenze für kirgisische Bürger scheinen den Beginn einer bilateralen Zusammenarbeit zu markieren.

Am 12. Oktober berichtete die kirgisische Nachrichtenseite Zanoza.kg über die Geschichte des kirgisischen Soldaten Kidikow Mirlanbek, der an der Grenze mit Usbekistan arbeitete. Als er am 10. Oktober krank wurde, baten seine Kameraden die usbekischen Grenzkontrolleure um Hilfe. Der 17-jährige Soldat wurde von seinen usbekischen Kollegen zu einem medizinischen Institut in der Region Taschkent überführt.

Dieses Zeichen von gegenseitiger Hilfe zwischen Kirgisen und Usbeken ist umso lobenswerter, als es äußerst überraschend ist. Die Beziehungen zwischen Usbekistan und Kirgistan sind seit einem Jahrzehnt sehr schlecht, vor allem in Bezug auf ihre gemeinsame Grenze, ein dauerndes Reizthema zwischen den beiden Ländern.

Die Grenze, ein sensibles Thema

Die Grenze zwischen Kirgistan und Usbekistan ist, wie alle zentralasiatischen Grenzen, ein sowjetisches Erbe, und wurde eher nach verwaltungsrechtlicher als nach ethnischen oder wirtschaftlichen Erwägungen gezogen. Diese Teilung hat mehrere Fragen in der Schwebe gerlassen, die auf den Beziehungen zwischen den beiden Ländern lasten. Das gilt vor allem für die Frage des interethnischen Zusammenlebens: das Ferganatal, geteilt zwischen Kirgistan, Usbekistan und Tadschikistan, ist eine sehr vielfältige und gemischte Region.

Die kirgisischen Grenzstädte Osch und Dschalalabat weisen eine sehr große usbekische Minderheit vor. Eine Situation, die auch als Grundlage für die interethnischen Massaker von 2010 diente, als die Spannungen zwischen den kirgisischen und usbekischen Gemeinschaften eskalierten. Circa 2000 Menschen kamen dabei ums Leben. Nach diesen Ereignissen schloss Usbekistan seine Grenze fast komplett für alle kirgisischen Bürger.

Das Orto-Tokoj Wasserreservoir ist ein weiteres Streitthema. Dieser Bau aus Sowjetzeiten befindet sich auf kirgisischem Territorium, dient aber vor allem zur Regulierung  der Wasserzuflüsse ins stromabwärtz gelegene Usbekistan. Seit der Unabhängigkeit fordert die usbekische Seite die Kontrolle über dieses strategisch wichtige Reservoir. Sie argumentiert, dass vor allem Gelder der usbekischen Sowjetrepublik zur Finanzierung des Projektes beigretragen haben. Beide Seiten einigten sich schließlich darauf, dass das Reservoir kirgisisch bleibt, aber von usbekischen Fachkräften betrieben wird.

Doch im März diesen Jahres entsandten beide Länder acht Tage lang militärische Ausrüstung an die Grenze, nachdem die kirgisischen Behörden usbekischen Experten den Zugang zu Orto-Tokoj nicht erlaubten.

Im August setzte das usbekische Militär sieben Hubschrauber auf dem umstrittenen Berg Ungar-Too ein, um gegen die Verhaftung von usbekischen Polizisten, die die Grenze ohne Erlaubnis überschritten hatten, zu protestieren. Die Gefangenen wurden sofort freigelassen, aber die Usbeken blieben einen Monat vor Ort, um die Abschaffung der Grenzkontrollstelle vom Orto-Tokoj Reservoir zu erzwingen. Im September wurde die Zahl der Polizisten sogar von sieben auf zwanzig erhöht. Nach langen Verhandlungen haben sie den Ungar-Too Berg schließlich am 18. September verlassen.

Die erste offizielle Delegation in drei Jahren

Eine Aufheizung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern ist seit einigen Wochen sehr sichtbar. Am ersten Oktober besuchte eine kirgisische Delegation auf Einladung der örtlichen Behörden die Stadt Andischan im usbekischen Ferganatal. Die Delegation bestand aus 130 Personen, darunter Vertreter der Regionen Osch, Batken und Dschalalabat und des Außenministeriums. Sie wurden vom usbekischen Vize-Premierminister Adham Ikramow und dem Gouverneur der Andischan Region, Schuchratbek Abdurachmanow, empfangen.

Im Anschluss berichtete der Gouverneur von Andischan dem kirgisischen Dienst von RFE/RL, dass er hoffe, „dass dieser Tag der Beginn der Stärkung der Beziehungen zwischen Kirgistan und Usbekistan sein werde.“ Im Vergleich zu den Spannungen im Sommers ist dies ein sehr positives Zeichen. Diese Art von internationalen Treffen hatte es in der Region seit April 2013 nicht mehr gegeben.

Der Besuch war nicht nur symbolisch. Am 3. Oktober wurde ein Memorandum über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unterzeichne. Dieser Text sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den kirgisischen Regionen Osch, Batken und Dschalalabat und ihren usbekischen Pendants Andischan, Fergana und Namangan vor. Ein Besuch von usbekischen Delegierten nach Kirgistan ist am 26. Oktober vorgesehen.

Eine weitere Grenzöffnung?

Die Auswirkungen der Vereinbarung auf die Bevölkerung haben nicht auf sich warten lassen. Der Grenzüberschritt wurde bereits erleichtert. Für viele Jahre konnten Kirgisen ihre Verwandten in Usbekistan nur besuchen, wenn eine Beerdigung anstand. Von nun an sind auch Hochzeiten und Ferien Grund genug, nach Usbekistan reisen zu dürfen.

Der kirgisische Dienst von RFE/RL, Azattyk.org berichtete, dass zum ersten Mal seit langer Zeit eine lange Schlange am Grenzübergang zu beobachten war. Vor der Unterzeichnung des Memorandums überquerten täglich 300 Personen die Grenze. Diese Zahl hat sich nun auf über 1000 verdreifacht.

Die Grenzen sind trotzdem nicht für alle weit geöffnet. Kirgisen benötigen offizielle Einladungsschreiben, um nach Usbekistan zu reisen. Auch kirgisische LKW-Fahrer haben Probleme an der Grenze. Sie müssen oft lange warten, was dazu führt, dass ihre russischen oder kasachischen Kollegen damit beauftragen müssen, sie und ihre Waren über die Grenze zu bringen. „Als Ausländer kann man nicht entspannt nach Usbekistan fahren. Wir müssen einen Fahrer mieten, dem wir 200 Dollar für seine Verpflegung zahlen müssen. Die Grenze ist teuer für uns!„, zitiert Azattyk.org den Fernfahrer Islam Husseinow.

Neuanfang der Beziehungen zwischen Taschkent und Bischkek?

Diese Entwicklungen sollten in den weiteren Kontext des politischen Übergangs gesetzt werden, in dem sich Usbekistan seit Anfang September befindet. Der provisorische Präsident Schawkat Mirsijojew, der als der wahrscheinliche Sieger der Präsidentschaftswahlen am 4. Dezember gilt, will sich anscheinend politisch etablieren, um seine Position zu festigen. Diese Haltung könnte auch die Außenpolitik seines Landes beeinflussen und die Beziehungen zu den Nachbarländern, einschließlich Kirgistans, grundsätzlich verändern.

Lest auch bei Novastan: Wohin führt der erste Staatsbesuch des nächsten usbekischen Präsidenten?

In einem Artikel für die russischen Informationswebseite Sputnik.kg zeigt sich der Experte Esen Shyshkarew sehr optimistisch. Er ist der Meinung, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sich nur verbessern können. Für ihn ist die Neigung der neuen Führung, den regionalen Behörden zu erlauben, Memoranden für eine Zusammenarbeit mit den Nachbarn zu unterzeichnen, „beispiellos“.

Laut Azzatyk könnte die Einsetzung einer Gruppe von usbekischen Offizieren in der Andischan Region ein Vorbote einer vollständigen Öffnung der Grenze nach der usbekischen Präsidentschaftswahlen im Dezember sein. Die Gruppe, auf der Suche nach Anzeichen extremistischer Aktivitäten, politischer Opposition und Anzeichen für längere Aufenthalte im Ausland, wäre ein Signal, dass die Behörden vor dieser heiklen Operation ihre Kontrolle über die Region konsolidieren möchten.

Doch für Medet Tulegenow, kirgisischer Politologe, der von Kloop.kg zitiert wurde, ist es noch zu früh, um über eine Normalisierung der Beziehungen zu sprechen. Usbekistan habe sich seit den 1990er Jahren politisch und wirtschaftlich isoliert. Der Interimpräsident wurde in dieser politischen Kultur geprägt. Es ist sehr ungewiss, ob er das System radikal verändern kann oder will.

Die Redaktion von Novastan.org

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