Der moldauische Oligarch Ilan Shor, der in seiner Heimat aufgrund des Diebstahls von knapp 1 Milliarde Euro aus mehreren Banken in Abwesenheit verurteilt wurde, wird beschuldigt, mit Hilfe der in Kirgistan gehandelten Kryptowährung A7A5 westliche Sanktionen gegen Russland umgehen zu wollen und politischen Druck auf sein Heimatland auszuüben.
Im Juni berichtete die Financial Times, dass die Kryptowährung A7A5, die über die russische Promswjasbank an den Rubel gekoppelt ist, in den vorangegangenen vier Monaten knapp 9,3 Milliarden Dollar bewegt hatte. A7A5 war im Januar dieses Jahres von der lediglich einige Monate zuvor gegründeten Firma A7 eingeführt worden, deren Hauptanteilseigner Shor ist.
Die Währung wird auf der kirgisischen Krypto-Exchange-Plattform Grinex gehandelt, bei der einige Experten davon ausgehen, sie sei eine Reinkarnation der Plattform Garantex, die im März aufgrund der Erleichterung illegaler Finanzflüsse von den US-Behörden geschlossen wurde.
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Die Währung ist der erste sogenannte „Stablecoin” – eine Art der Kryptowährung, die an eine herkömmliche Währung gekoppelt ist, um mehr Stabilität zu erhalten – der an den russischen Rubel gekoppelt ist.
Einfluss in Moldau
Der mittlerweile im russischen Exil lebende Shor probiert seit Jahren, die Politik seines Heimatlandes durch politische Kampagnen und gekaufte Proteste zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Anfang Juli behauptete er auf einer Sitzung seiner Partei „Victorie” (deutsch: Sieg) in Moskau, dass ein Bündnis mit der Russischen Föderation „die einzige Rettung für Moldau” sei.
Dem finanziellen Watchdog Centre for Information Resilience (CIR) zufolge werden mehrere IP-Adressen und andere digitale Infrastrukturen von A7A5, der Firma A7 und Shors politischen Organisationen geteilt, darunter auch kirgisische IP-Adressen. Diese Überschneidungen deuten darauf hin, dass die Kryptowährung in Zukunft möglicherweise für Shors politische Tätigkeiten in Moldau verwendet werden könnte, um dort russische Interessen voranzutreiben.
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Shor soll zuvor auch in die Operationen der Keremet Bank involviert gewesen sein, mit deren Hilfe Russland sanktionierte Waren via Kirgistan importierte. Im Januar wurde die Bank aufgrund ihrer Unterstützung Russlands bei der Umgehung von Sanktionen ihrerseits von den USA sanktioniert.
Zentralasien: Paradies für Sanktionsumgehung?
Seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs im Jahr 2022 werden die Länder Zentralasiens dafür kritisiert, nicht genug gegen die Umgehung westlicher Sanktionen durch Russland über ihre Territorien zu tun, wobei vor allem Güter mit doppeltem Verwendungszweck im Fokus stehen. Die Mitgliedschaft Kasachstans und Kirgistans in der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), deren Bestandteil auch eine Zollunion mit Russland ist, trägt zur Erschwerung der Durchsetzung von Sanktionen bei.
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Der Washington Post zufolge hatte sich in Zentralasien nach Ausbruch des Krieges ein Logistikkorridor gebildet, der sanktionierte Waren von China und anderen Ländern nach Russland leitet. Dies spiegelt sich unter anderem darin wider, dass die Exporte von Kirgistan nach Russland zwischen 2021 und 2022 um 250 Prozent zunahmen, während die Importe Kirgistans aus China im gleichen Maße zunahmen.
Die EU und die USA haben sekundäre Sanktionen gegen Firmen und juristische Personen aus Kasachstan und Kirgistan aufgrund ihrer Rolle in der Sanktionsumgehung eingeführt und boten den Ländern „technische Hilfe” bei der Einhaltung der Sanktionen gegen Russland an. Allerdings zögern sie, den Druck auf Kasachstan und Kirgistan zu sehr hochzufahren, da sie fürchten, Zentralasien zu verprellen und weiter in die Arme Chinas, Russlands und der Türkei zu treiben.
Benedikt Stöckl für Novastan
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Moldauischer Oligarch nutzt kirgisische Kryptowährung zur Sanktionsumgehung