Die Zahl 40 hat eine besondere Bedeutung im kirgisischen Gründungsmythos. So sind es auch 40 Frauenporträts, die in einem kürzlichen Projekt der schwedischen NGO „Centralasiengrupperna“ zum Überdenken des Gesellschaftlichen Beitrags der Frauen zur kirgisischen Geschichte und Gegenwart anregen.
Frauen sind in der Öffentlichkeit meist unterrepräsentiert, nicht nur in Zentralasien. Eine durch der schwedischen Organisation „Centralasiengrupperna“ (Zentralasien-Solidaritätsgruppen) veröffentlichte Porträtsammlung von 40 einflussreichen Frauen aus Kirgistan will den Akzent eben auf diesen Teil der Geschichte setzen.
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Porträtsammlung von 40 Frauen
„40 Frauen aus Kirgistan – von der Vergangenheit in die Gegenwart“, wie die Porträtsammlung heißt, wurde von Isabelle Persson während eines viermonatigen Aufenthalts in Osch geschrieben. Dort arbeitete sie mit der lokalen Organisation Nowyj Ritm (Neuer Rhythmus) zusammen. 40 Frauen, das ist eine Anspielung auf einen kirgisischen Gründungsmythos, demnach nach einer blutigen Schlacht nur 40 junge Mädchen –„kyrk kys“ auf kirgisisch- blieben, um das Volk neu zu gründen.
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„Als ich erstmals nach Bischkek kam, war ich begeistert, so viele Frauenstatuen und –denkmäler zu sehen. In Schweden sind die meisten Frauenstatuen nur Kunstwerke, die keine realen Frauen darstellen. Ich bemerkte auch, dass viele Straßen nach berühmten Frauen benannt sind. Nach einigen zufälligen Begegnungen mit der Geschichte der Frauen entschied ich mich, dem weiter nachzugehen!“, so Persson im Gespräch mit Novastan.
Ein Querschnitt durch die kirgisische Geschichte
So gab es auch viel mehr als 40 Frauen, die in die Liste gehören würden. Die Auswahl soll einen Querschnitt durch die Geschichte und Gesellschaft Kirgistans darstellen. Sie reicht von Kurmandschan Datka, der berühmten kirgisischen Königin aus dem 19. Jahrhundert bis zu Ajnagul Amatbekowa, die als Vorstandsmitglied von Nowyj Ritm in Osch sozialgesellschaftlich aktiv ist.
Neben großen Namen aus der heutigen kirgisischen Politik, wie die ehemalige Präsidentin Rosa Otunbajewa und die Menschenrechtsaktivistin Tolekan Ismailowa, sind alle Alters- und Berufsgruppen vertreten. So war neben der Verfügbarkeit von Informationen das Hauptauswahlkriterion, möglichst unterschiedliche Frauen vorzustellen: „Die Vielfalt weist auch auf ein breiteres Verständnis von Erfolg, Berühmtheit und Verdienst, die zu messen nicht so einfach ist, wie es scheint.“
„Frauen in den Vordergrund rücken“
Das Projekt wurde von einer in den 2000er Jahren erschienene Buchreihe der kirgisischen Autorin und Journalistin Külbübü Bekturganowa inspiriert: „Töchter des kirgisischen Landes“. Wie bei der Buchreihe geht es darum, Frauen in den Vordergrund der Geschichte zu rücken und eine Inspiration für das heutige Kirgistan darzulegen. Persson wendet sich dazu gezielt an ein europäisches Publikum: “Eine westliche Leserschaft neigt dazu zu denken, muslimische Frauen in Entwicklungsländern seien hilflose Ehefrauen, die nur tun, was man ihnen sagt und keinen Beitrag zur Gesellschaft leisten.“
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Dabei können junge Frauen in Europa auch bestimmt etwas von Kirgisinnen lernen, „über Privilegien, über die Pflichten, die zu einer Demokratie gehören und darüber, wie wichtig es ist, stets für die Rechte, die man hat und nicht hat, zu kämpfen“.
So bietet die Porträtreihe 40 kirgisischer Frauen einen sehr aktuellen Einblick in die Vergangenheit und Gegenwart der kirgisischen Gesellschaft.
Florian Coppenrath
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