Wie steht es um die Toleranz gegenüber Homosexualität in Zentralasien? Alyona Gula und Sofia Stroh haben die Stimmung in Kasachstan erfasst. Folgender Podcast entstand im Rahmen des internationalen Workshops „Zentralasien 2030“.
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In zentralasiatischen Ländern ist Homosexualität ein Tabuthema. In der Gesellschaft wird es oftmals für etwas anormales gehalten, das religiösen Vorstellungen widerspricht. Dennoch gibt es unterschiedliche Einstellungen dazu, wie eine Umfrage in den Straßen von Almaty zeigt:
„Ich habe keine Meinung zu diesem Thema. Ich gehöre nicht zu dieser Gruppe, aber ich habe keine negative Einstellung.“
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„Es ist mir unangenehm. Ich verurteile sie nicht, aber das ist unanständig. Ich studiere die Heilige Schrift, und das ist eine der Sünden.“
„Wenn es mich nicht betrifft, ist es mir egal.“
Und im Freundeskreis?
– Wenn jemand aus ihrem Freundeskreis homosexuell wäre, würden Sie mit ihm oder mit ihr befreundet bleiben?
„Ja natürlich. Ich hätte ihn zum Arzt gebracht und würde trotzdem mit ihm in Kontakt bleiben, weil er mein Freund ist“, so ein Passant in Almaty.
In einer Großstadt wie Almaty zeigt sich ein Trend zu mehr Toleranz. Es wäre aber interessant, das Thema auch von einer anderen Seite zu beleuchten. Die wirkliche Lebenssituation von einem schwulen Menschen, den wir interviewt haben, ist viel komplizierter.
Intolerantes Umfeld
Gassan ist 35 und kommt aus Aktau, im Westen Kasachstans. Uns erzählt er offen über sein Leben. Er spricht über die Schwierigkeiten, die wegen seiner Sexualität entstehen.
„Ich hatte erstmals Gefühle für meinen Mitschüler, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Davor habe ich auch gespürt, dass ich nicht wie meine Brüder bin. Es war tabu über dieses Thema zu sprechen. Alles, was ich von meinen Verwandten und Freunden gehört hatte, waren Beleidigungen. Die Gesellschaft fand das unnatürlich und sprach nicht nur schlecht über Homosexuelle, sondern konnte ihnen auch etwas antun.“
Gassan erwähnt die Geschichte von einem Mitschüler, der ein Hemd mit rosa Schmuck trug und deshalb geschlagen wurde. Seine Kindheit und Jugend war wegen solcher Vorfälle schwierig. Das veränderte sich später in Aktobinsk, wo er Freunde mit gleicher Orientierung fand und sein Coming-Out hatte.
Seine homosexuellen Freunde hatten keine Probleme mit Gewalt, aber mit den Medien.
Negative Berichterstattung
„In den Medien zeigt man ständig nur negative Aspekte und betont die sexuelle Orientierung. Es gab einen Fall, wo eine Frau in Karangandy ihre Freundin getötet hat. In den Zeitungen ging es dann hauptsächlich um ihre Sexualität.“
Gassan erzählt auch, dass er einmal mit Homophoben kämpfen musste.
Sieht er Verbesserungen in der Toleranz in Kasachstan in den letzten Jahren?
„Nachdem ich mich meinen Freunden geöffnet habe, setzten wir unsere Freundschaft fort. Es kam heraus, dass Leute viel toleranter sind, als ich mir vorgestellt hatte. Es ist nichts Schreckliches passiert. Leute haben angst, solange es sie selbst nicht betrifft.“
Fortschritte
Zur Toleranz in Zentralasien hat Gassan keine eindeutige Meinung. In den letzten Jahren gibt es offensichtliche Fortschritte in Kirgistan, weil einige Veranstaltungen zur Unterstützung von LGBT organisiert werden.
Er hofft, dass sich die Situation für Homosexuelle bis 2030 auch in anderen Ländern in Zentralasien verbessert und gibt den Zuhörern einen Rat:
„Bevor man die Leute verurteilt, soll man sie zuerst verstehen.“
Alyona Gula und Sofia Stroh
Zentralasien-2030