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Kasachstan: Offensive gegen „LGBT-Propaganda“ dauert an

In Kasachstan wurde ein Gesetz vorgeschlagen, das die die Anerkennung und Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen einschränken sollen. Die Initiative hat im In- und Ausland Besorgnis ausgelöst.

LGBTQ+-Demonstration in Lissabon (Illustrationsbild), Photo: Esquerda.Net

In Kasachstan wurde ein Gesetz vorgeschlagen, das die die Anerkennung und Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen einschränken sollen. Die Initiative hat im In- und Ausland Besorgnis ausgelöst.

Im März wurde ein vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebener Bericht veröffentlicht und kurze Zeit später wieder zurückgezogen. Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass „LGBT-Propaganda“ keinen Einfluss auf die sexuelle Orientierung junger Menschen habe und sogar dazu beitrage, Depressionen und Mobbing in der Schule zu bekämpfen.

Das von den kasachstanischen Behörden abgelehnte Dokument bereitete homophober Rhetorik in der öffentlichen Debatte den Boden. Die „Risiken“ für die sexuelle Identität von Kindern durch die Förderung von LGBT-Bewegungen wurde in den Medien vielfach betont. In dem zunehmend konservativen politischen Klima mehren sich die Stimmen für eine schärfere Gesetzgebung gegen sexuelle Minderheiten.

Drohungen, „LGBT-Propaganda“ zu verbieten

Der Bericht wurde ursprünglich vom Ministerium in Auftrag gegeben, nachdem eine Arbeitsgruppe gebildet worden war. Grund dafür war der Erfolg einer Petition für ein Verbot von LGBT-Propaganda. Die im Mai 2024 von der Präsidentin der „Elternvereinigung Kasachstans“, Bagila Baltabaeva, gestartete Petition sammelte schnell über 50.000 Unterschriften und konnte so von der Regierung geprüft werden.

Die Petition, die im vergangenen Sommer teilweise vom Kulturministerium Kasachstans unterstützt wurde, betonte die Notwendigkeit, Kinder vor der sogenannten „LGBTIQ+-Propaganda“ zu schützen. Sie argumentierte, dass derartige Einflüsse den kasachischen Traditionen fremd seien.

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Obwohl es in Kasachstan keine spezifische rechtliche Definition gibt, bezieht sich „LGBT-Propaganda“ im Allgemeinen auf die positive Darstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen oder transsexuellen Personen. Ein Begriff, der bereits im April 2024 von zwei Abgeordneten des Mäjilis (Unterhaus des kasachstanischen Parlaments) in einer öffentlichen Debatte aufgeworfen wurde: Ashat Aımağambetov und Janarbek Äşimjanov schlugen eine Änderung des Mediengesetzes vor, um die Erwähnung von LGBTQ+-Personen unter dem Deckmantel einer „nicht-traditionellen sexuellen Orientierung“ in den Medien zu verbieten.

Äşimjanov sagte, die Änderung stelle keine Zensur dar, verbiete aber „Propaganda“ und „die Aufdrängung verzerrter Informationen“. Er stellte klar, dass die Änderung die journalistische Berichterstattung über LGBTQ+-Themen nicht beeinträchtigen, sondern dazu beitragen werde, „die Verbreitung von Ideen zu stoppen, die die Gesellschaft spalten könnten“.

Besorgte NGOs

Obwohl es in Kasachstan bislang kein Gesetz zum Verbot von „LGBT-Propaganda“ gibt, hat dieser Schritt bei Menschenrechts- und LGBTQ+Aktivist:innen große Besorgnis ausgelöst. Kasachstanische Aktivist:innen betonten, dass eine solche Gesetzgebung zu verstärkter Stigmatisierung und Menschenrechtsverletzungen führen könne. Auf internationaler Ebene forderten Human Rights Watch und die Vereinten Nationen Kasachstans Regierung auf, die Vorschläge abzulehnen, da sie diskriminierend seien und im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes stünden.

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Zwar ist Homosexualität in Kasachstan seit 1998 legal, allerdings werden gleichgeschlechtliche Paare nicht rechtlich anerkannt, und Diskriminierung ist nach wie vor weit verbreitet. Soziale Normen sind stark von konservativen Werten geprägt, die oft durch religiöse und kulturelle Institutionen verstärkt werden.

Auch das sowjetische Erbe hat die Wahrnehmung von LGBTQ+-Personen in Kasachstan tief geprägt. Die seit langem institutionalisierte Homophobie beeinflusst nach wie vor die Einstellungen. Eine 2009 von der „Soros-Foundation Kasachstan“ durchgeführte Umfrage unter fast 1.000 LGBTQ+-Personen ergab, dass etwa 81 Prozent der Befragten äußerten, Schwule und Lesben würden „von der Bevölkerung missbilligt und respektlos behandelt“ werden.

Bérénice Miniot für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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