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Femizid in Usbekistan – Es sind wirksamere Mechanismen zum Schutz von Frauen erforderlich

Gewalt und Mord an Frauen ist in Usbekistan und weltweit nicht nur ein von Medien und Strafbehörden vernachlässigtes, sondern ein gesellschaftliches Problem. Im Artikel von Cabar.Asia sind Medienberichte von Morden und Gewaltakten an Frauen und Mädchen in Usbekistan mithilfe von Analysekategorien der UNO als Femizide identifiziert und gesammelt.

Aufderheide
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Gewalt und Mord an Frauen ist in Usbekistan und weltweit nicht nur ein von Medien und Strafbehörden vernachlässigtes, sondern ein gesellschaftliches Problem. Im Artikel von Cabar.Asia sind Medienberichte von Morden und Gewaltakten an Frauen und Mädchen in Usbekistan mithilfe von Analysekategorien der UNO als Femizide identifiziert und gesammelt.

In den letzten Jahren wurde in Usbekistan zunehmend über Gewalt gegen Frauen berichtet. In vielen dieser Fälle wurden Frauen ermordet. Die CABAR.asia-Schulungsteilnehmerin Luiza Atabaeva hat Fälle analysiert, die zwischen 2015 und 2023 in den usbekischen Medien veröffentlicht wurden. Es handelt sich dabei um sogenannte Femizide.

Femizid

Beim Femizid oder Feminizid handelt es sich um den geschlechtlich motivierten Mord an Frauen, der auf Frauenhass beruht und vom Staat geduldet wird.

Im Jahr 2022 hat die UNO „Femizid“ erstmals umfassend definiert:

„Tötungen von Frauen, die von einem Intimpartner oder anderen Familienmitgliedern begangen werden (z. B. Ehrenmorde) und von anderen bekannten oder unbekannten Tätern mit einem bestimmten Vorgehensmuster oder in bestimmten Kontexten begangen werden, die auf geschlechtsspezifische Motive hinweisen.“

Der Bericht der UNO aus dem Jahr 2022 wurde als Analysekategorie für die Untersuchung von Femiziden in Usbekistan verwendet. Es konnten 150 Fälle aus über 6000 untersuchten Medienberichten identifiziert werden, die von 2015 bis 2023 auf den Webseiten usbekischer Nachrichtenagenturen publiziert wurden. Es handelte sich bei diesen identifizierten Fällen um geschlechtsspezifisch motivierte Tötungen, die den Kriterien der UNO und des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) entsprechen.

Die Opfer in unserer Datenbank wurden vom Täter oder von Verwandten körperlich, sexuell oder psychisch missbraucht. Manche waren Opfer von sexualisierter Ausbeutung oder wurden aufgrund eines bestimmten Vorurteils gegen Frauen angefeindet. Im manchen Fällen wurde gar der Körper der Opfer verstümmelt. Es gäbe noch viele weitere Fälle, in denen Frauen ermordet oder zum Suizid bewegt wurden, jedoch aufgrund des fehlenden Kontexts [bestimmte kontextuelle Faktoren werden vom Analysemuster des UNO-Berichts verlangt, um eindeutig von Femizid sprechen zu können – Anm. d. Red. von Novastan] nicht eindeutig als Femizid klassifiziert werden können.

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Wie sich Femizid in Medienberichten äußert

Bevor Präsident Mirziyoyev an die Macht kam, wurde über Fälle von Gewalt gegen Frauen in den Medien so gut wie nicht berichtet. Das wichtigste russischsprachige Nachrichtenportal gazeta.uz begann erst nach 2018, Nachrichten über häusliche Gewalt oder Femizid zu veröffentlichen.

Einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung solcher Themen leistete die Zeitschrift „Nemolchy.Uz“ unter Leitung von Irina Matvienko. Doch Femizid ist immer noch ein verkanntes Problem, sowohl in Usbekistan als auch weltweit.

Der usbekische Dienst von Radio Liberty, Ozodlik, berichtet über Frauenmorde, ohne dabei den Akzent auf den geschlechtlich motivierten Mord zu legen. Wurde etwa eine Frau mit dem Messer erstochen, so wird hauptsächlich über familiäre Messerstechereien und Gewalt in der Familie berichtet. Auf das eigentliche Opfer wird der Fokus nicht gelegt.

Aus Eifersucht verübte Morde werden gar unter der humorvollen Überschrift „Samarkands Othello tötete seine Frau“ veröffentlicht. In den usbekischsprachigen Medien wird in den Nachrichten über Frauenmorde häufiger von Victim blaming [Opferbeschuldigung – Anm. d. Red. von Novastan] berichtet.

„Victim blaming“ bezeichnet ein Vorgehen, das die Schuld des Täters auf das Opfer verlagert.

So resümiert die usbekische Nachrichtenagentur UzA über den Mord einer Ehefrau, die ihrem Mann kein Abendessen gekocht hat, mit dem usbekischen Sprichwort „Qars ikki qo’ldan chiqadi“ (zu Deutsch: „Es sind immer beide Seiten schuld). Ungeachtet der Tatsache, dass es sich beim Mord an Frauen und Mädchen um männliche Wut und um das gesellschaftliche Phänomen des Patriarchats handelt.

Warum töten Männer in Usbekistan Frauen?

Die Medienanalyse zeigt, dass Männer häufiger Gewalt anwenden und Frauen töten, um ihre Überlegenheit zu demonstrieren.

Eine 21-Jährige kam wegen ihres vollen Arbeitstages spät von der Arbeit nach Hause. Während sie Abendessen kochte, kam ihr Mann nach Hause und es kam zu einem Streit zwischen den beiden, da die Frau keine Zeit gefunden hatte, das Haus zu putzen und das Abendessen zu kochen. Daraufhin griff der Ehemann seine Frau mit seinen Fäusten an und schlug sie zu Tode. Die Frau erlitt mehrere Schürfwunden, ein Schädeltrauma und Blutungen am ganzen Körper. Der Mann wurde zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt. Dies ist ein Femizid.

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Am 13. Juni 2020 hackte ein Einwohner von Namangan während eines Streits mit einer Axt auf seine Frau ein und griff dann seine Töchter, zehn und acht Jahre sowie vier Monate alt, an. Den Älteren gelang es, zu den Nachbarn zu laufen und zu entkommen, während die Jüngste getötet wurde. Dies ist Femizid.

Am 4. Juni erfuhr ein Vater in dem Dorf in der Provinz Ferghana, dass sich seine 16-jährige Tochter mit einem Jungen in seinem Auto traf. Der wütende Mann schlug seiner Tochter mehrmals auf den Kopf, so dass sie das Bewusstsein verlor. Nachdem der Vater seiner Tochter Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, belebte er sie wieder und befahl ihr, niemals wieder mit dem Jungen zu sprechen. Das Mädchen ging in ihr Schlafzimmer und erlag ihren Verletzungen. Auch dies ist Femizid.

Das Zuhause, ein gefährlicher Ort

Die in den Meldungen über Verbrechen gesammelten Daten spiegeln nicht das gesamte Bild der Femizide in Usbekistan wider, aber sie werden am häufigsten verwendet, wenn es Lücken in den offiziellen Statistiken gibt. So geben die Daten der Präsidialagentur für Statistik beispielsweise nur das Geschlecht und das Alter des Täters an, nicht aber das des Opfers.

Darüber hinaus war es nicht möglich, Zahlen über Morde an Frauen durch Intimpartner oder Verwandte zu finden. Das Büro des Generalstaatsanwalts von Usbekistan hat auf Anfragen nicht geantwortet.

Aus einem Bericht der Strafverfolgungsbehörden vom April 2022 geht hervor, dass von 39.343 gemeldeten Fällen von Gewalt und Nötigung gegen Frauen und Mädchen 34.330 – das sind 87 Prozent – im häuslichen Bereich begangen wurden.

„Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass geschlechtsspezifisch motivierte Tötungen von Frauen und Mädchen von aktuellen oder ehemaligen Intimpartnern oder anderen Familienmitgliedern begangen werden. Die Tötung von Frauen steht häufig im Zusammenhang mit dem Bedürfnis der Männer, Frauen zu kontrollieren oder für ein als inakzeptabel erachtetes Verhalten zu bestrafen, und es gibt Hinweise darauf, dass Frauen besonders häufig Opfer dieser Art von Tötung werden“, heißt es im UN-Bericht.

Die zusammengetragene Datenbank bestätigt diese Aussage. In den meisten Fällen kannte die Frau ihren Mörder. Der Täter war ihr Ehemann, Freund, Lebensgefährte, Ex-Ehemann oder ein anderer männlicher Verwandte.

In der vorliegenden Untersuchung waren Mörder zu 51 Prozent Ehemänner/Partner, zu 37 Prozent Väter, Schwiegermütter, Söhne, Brüder, Schwager usw., zu 12 Prozent unbekannt, zu 8 Prozent kam es zu einer Verleitung zum Selbstmord, zu 4 Prozent war es der Ex-Mann, zu 10 Prozent ein männlicher Bekannter, zu 8 Prozent ein Unbekannter, zu 13 Prozent Andere.

Vorwände, Motive, Gründe

Das Hauptmotiv für Femizid ist der häusliche Konflikt. In vielen Fällen entstanden die Familienstreitigkeiten vor dem Hintergrund männlicher Aggressionen: weil die Frau keine Jungen zur Welt brachte, „Worte sagte, die sein Ego verletzten“, die Hausarbeit nicht erledigte, die Scheidung wollte, die Schwiegermutter sie schikanierte oder ihr Mann systematisch häusliche Gewalt ausübte.

Die feministische Gemeinschaft „Nemolchi.uz“ ist der Ansicht, dass die Mahalla-Ausschüsse in ihrem Bemühen, die Scheidungsstatistiken zu senken, die häusliche Gewalt mit dem Begriff „häusliche Konflikte“ verschleiern.

„Für viele Frauen ist das Zuhause zum gefährlichsten Ort geworden, denn hier werden sie misshandelt, geschlagen oder gar getötet. Es gibt keinen Grund, Mord und Femizid hinter dem neutralen Begriff ‚häusliche Konflikte‘ zu verstecken. Selbst der Begriff ‚häusliche Gewalt‘ ist zu harmlos geworden, um auszudrücken, was in diesem Land geschieht“, heißt es in einem der Beiträge der Gemeinschaft.

Häufig ist der Grund für häusliche Gewalt ungerechtfertigte Eifersucht oder der Verdacht auf Untreue seitens eines Ehepartners, der seine Frau als sein Eigentum betrachtet. Dies ist das zweithäufigste Motiv bei Femiziden.

Fälle, in denen Frauen von einer anderen Frau ermordet werden, können ebenfalls als Femizid eingestuft werden, wenn das Verbrechen zu Gunsten des Mannes begangen wird oder wenn das Opfer nicht den patriarchalischen Einstellungen und kulturellen Normen entspricht.

„Im Zusammenhang mit solchen schädlichen Praktiken können nicht nur männliche, sondern auch weibliche Verwandte das Opfer absichtlich angreifen“, heißt es im UN-Bericht.

So wurde beispielsweise im Januar letzten Jahres eine Frau verurteilt, die in einem Wutanfall 32-mal mit einem Messer in ihre Schwiegertochter einstach, vor Augen der drei Enkelkinder. Der Schwiegermutter gefiel die Kleidung nicht, die ihre Schwiegertochter ihren Kindern gekauft hatte.

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Tötungsarten

Die Analyse ergab, dass in 60 Prozent der Fällen die Frauen mit einem Küchenmesser oder mit einer anderen scharfkantigen Tatwaffe wie einer Axt, Hacke, Schere oder Kettensäge getötet wurden. Die meisten Opfer wiesen mehrere Stichwunden am Körper auf.

An zweiter Stelle stehen Schläge mit tödlichen Folgen aufgrund von Verletzungen und Strangulation. Einige dieser Morde wurden mit besonderer Grausamkeit begangen. Der Täter griff auf gemischte Methoden des Femizids zurück, nachdem er versucht hatte, die Frau zu strangulieren, sie mit bloßen Händen zu schlagen oder das Verbrechen zu verbergen.

Unter „Sonstige“ sind Fälle zu verstehen, in denen Leichen von Frauen gefunden wurden, aber keine Angaben zur Tatwaffe oder zur Art der Verletzungen vorliegen. Darunter zählen auch einige Selbstmordfälle mit geschlechtsspezifischen Merkmalen.

Am häufigsten werden Frauen mit einem Küchenmesser umgebracht. In 60 Prozent aller Fälle wurde eine Frau mit einem Küchenmesser erstochen.

Wie werden Strafverfahren im Zusammenhang mit Femiziden behandelt?

Der Datenbank zufolge werden 57 Prozent der Verbrechen, bei denen das Opfer eine Frau war, als „vorsätzlicher Mord“ registriert.  Bei einigen vorsätzlichen Morden kommt ein erschwerender Umstand hinzu – Schwangerschaft der ermordeten Frau oder Mord an Kindern. 

Fast ein Viertel der Fälle wird als „vorsätzliche Körperverletzung“ registriert, und der Täter erhält für den versuchten oder vollendeten Mord an einer Frau eine bis zu 10-jährige Gefängnisstrafe. Dabei handelt es sich in der Regel um Fälle, in denen ein Ehemann seine Frau mit bloßen Händen zu Tode schlägt.

Rund ein Viertel der Fälle von Femizid fallen unter die Artikel „Verleitung zum Selbstmord“ und „Selbstmord“.

Im April dieses Jahres hat eine 27-jährige Frau in Taschkent zunächst ihre beiden Söhne (4 und 5 Jahre alt) aus einem Schlafzimmerfenster aus dem neunten Stock geworfen und ist dann selbst zusammen mit ihrer einjährigen Tochter aus dem Fenster gesprungen. Alle vier starben. Zum Zeitpunkt der Tragödie befand sich der Ehemann der Frau in Saudi-Arabien, wo er die Umra vollzog. In den sozialen Netzwerken verbreitete sich die Information, dass der Ehemann seiner Ehefrau Fotos von sich mit einer anderen Frau im Ausland schickte, doch der Ehemann bestreitet dies. Die Aktivist:innen des Projekts FEMICID.NET des Moskauer Frauenmuseums bezeichnen solche Fälle als indirekten Femizid.

Die Menschenrechtlerin Dilfuza Kurolova, die an der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs gegen häusliche Gewalt mitgewirkt hat, ist der Ansicht, dass Fälle von Anstiftung zum Selbstmord und Selbstmorde selbst das Ergebnis wiederholter Handlungen oder Unterlassung sind.

„Es ist sehr schwierig, einen Selbstmord nachzuweisen, da es in den meisten Fällen keine direkten Beweise gibt und alles von der Qualität der gerichtsmedizinischen und gerichtspsychologischen Untersuchungen und Ermittlungsbehörden abhängt“, so die Juristin.

In der Datenbank finden sich mehrere Fälle von jungen Frauen, die aufgrund der Gewalt ihres Vaters gegen ihre Mutter Selbstmord begingen. Andere häufige Fälle von Selbstmord wurden begangen, da dem Vater der Opfer Fotos [vermutlich handelt es sich um Nacktbilder oder Bilder in Unterwäsche, die ohne Einverständnis der Frauen von Drittparteien verbreitet wurden und an den Vater gesendet wurden, um die Opfer zu erniedrigen – Anm. der Red. von Novastan] zugeschickt wurden. Aufgrund der Reaktion des Vaters beging die Tochter Suizid. Weitere Fälle von Selbstmord geschahen in Folge von sexuellem Missbrauch. In all diesen Fällen weigerte sich die Staatsanwaltschaft jedoch, ein Strafverfahren einzuleiten.

Wird die Kriminalisierung häuslicher Gewalt das Problem lösen?

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Regierung keine Maßnahmen zur Verringerung der Gewalt gegen Frauen ergriffen hat. Im April dieses Jahres ist ein Gesetz zur Änderung des usbekischen Systems zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt in Kraft getreten. Ein Paket verabschiedeter Änderungen des Straf- und Verwaltungsrechts des Landes sieht eine getrennte verwaltungs- und strafrechtliche Haftung für häusliche Gewalt und Belästigung vor.

Als häusliche Gewalt gelten nun nicht nur Übergriffe, sondern auch die Verletzungen von Rechten (auf Eigentum, Bildung, Gesundheit und Arbeit), Beleidigungen, Drohungen und die erzwungene Trennung von engen Verwandten. Darüber hinaus kann eine Schutzanordnung, die bisher für 30 Tage ausgestellt wurde, nun auf bis zu ein Jahr verlängert werden. Die Strafen für sexuelle Gewalt wurden ebenfalls verschärft.

Expert:innen und Menschenrechtsaktivist:innen bezweifeln allerdings den Erfolg des neu verabschiedeten Gesetzes. Sie befürchten, Stereotype in der patriarchalischen Gesellschaft Usbekistans werden nach wie vor überwiegen. Als eine Schwierigkeit sehen sie auch die Anfälligkeit der Strafverfolgungsbehörden für Korruption.

Die Menschenrechtsaktivistin Dilfuza Kurolova ist der Meinung, dass die Kriminalisierung der häuslichen Gewalt keine maßgeblichen Auswirkungen auf die Situation der Femizide haben wird.

„Leider wird [dieses Gesetz] nicht in der Lage sein, [Femizid] zu verhindern, weil es immer noch psychologische und finanzielle Gewalt gibt. Die Opfer können die Anzeige jederzeit zurückziehen und Ermittlungen einstellen, und das ist ein großes Problem. Deshalb muss der Artikel 66-1 des Strafgesetzbuchs, nach dem ein Verdächtiger aufgrund einer Versöhnung von der strafrechtlichen Verantwortung befreit werden kann, überarbeitet oder aufgehoben werden“, sagte sie.

Eine andere Expertin, die im Bereich Frauen und Kinderrechte tätig ist und nicht genannt werden möchte, betont, dass die Kriminalisierung der häuslichen Gewalt ein positiver Schritt ist, dass aber die Verschärfung der Strafen allein das Problem nicht lösen wird.

„Wir sehen, dass die Rolle der Frauen in Usbekistan trotz der Bemühungen der Regierung und einer aktiveren Zivilgesellschaft in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Das liegt auch daran, dass es in der Gesellschaft insgesamt keine absolute Absenz für die Duldung von Gewalt gibt. Wir stellen fest, dass sich in unserer Gesellschaft eine patriarchalische Haltung gegenüber Mädchen und Frauen durchsetzt, die, wie mir scheint, nicht ganz korrekt ist, und auf einer völlig falschen Auslegung der islamischen Vorschriften über die Erziehung und die Rolle der Frau in der Gesellschaft beruht, in der nur von den Pflichten der Frauen die Rede ist und die Pflichten der Männer gegenüber den Frauen vergessen werden“, sagte sie.

Auch internationale Menschenrechtsorganisationen haben ihre Besorgnis geäußert. In dem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2022 mit dem Titel „Osteuropäische und zentralasiatische Frauen brauchen Schutz vor Gewalt in Krisen- und normalen Zeiten“ wurde beispielsweise festgestellt, dass „die Situation durch eine starke Zunahme traditionalistischer, patriarchaler und offen frauenfeindlicher politischer Rhetorik weiter verschärft wird“.

Amnesty International begrüßte zwar die Verabschiedung wichtiger Schritte zur Verbesserung der Lage der Frauen in Usbekistan, stellte jedoch fest, dass „noch viel zu tun bleibt, um das neue Gesetz umzusetzen, häusliche Gewalt zu verhindern und patriarchale Einstellungen in der Gesellschaft zu überwinden“.

„Der weit verbreitete, zutiefst traditionalistische Ansatz bei der Lösung von Familienkonflikten ist nach wie vor eines der Haupthindernisse für einen besseren Schutz der Opfer“, heißt es in dem Bericht.

Wie die Datenbank erstellt wurde

Die Daten wurden mithilfe einer Javascript-Automatisierungsbibliothek namens Puppeteer extrahiert, die den Browser steuern kann. Die ursprünglichen Nachrichtenseiten wurden manuell ausgewählt, und der Parser-Code musste für jede einzelne Seite individuell angepasst werden, da sie alle recht unterschiedlich waren. Als Suchbegriffe wurden die am häufigsten in Texten über Frauenmorde vorkommenden Begriffe verwendet, z. B. „hat Frau getötet“, „hat Frau zerstückelt“, „hat seine Frau erstochen“, „hat ermordet“, „Leiche gefunden“ und so weiter. Das Wort „Frau“ wurde auch auf „Ehefrau“ und „Mädchen“ ausgeweitet. Die Daten wurden in einem Format extrahiert und anschließend in ein Excel-Tabellenblatt importiert. Die Tabelle musste manuell bearbeitet werden, da der Code auch Kriminalitätsnachrichten aus anderen Ländern extrahierte, die sich nicht auf Femizid bezogen. Auf diese Weise konnten wir mehr als 150 Femizid-Nachrichten aus den Jahren 2018 bis 2023 sammeln und auswerten.

Luiza Atabaeva für Cabar.Asia

Aus dem Russischen von Berenika Zeller

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