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Die Diaspora der Ahiska-Türk:innen in Kirgistan

Die Ahiska-Türk:innen, die während der Sowjetzeit aus Georgien deportiert wurden, sind heute ein fester Bestandteil der Bevölkerung Zentralasiens. Die relativ kleine Diaspora in Kirgistan unterhält enge Beziehungen zur Türkei.

Ahiska-Türkinnen
Ahiska-Türkinnen im traditionellen Gewand.

Die Ahiska-Türk:innen, die während der Sowjetzeit aus Georgien deportiert wurden, sind heute ein fester Bestandteil der Bevölkerung Zentralasiens. Die relativ kleine Diaspora in Kirgistan unterhält enge Beziehungen zur Türkei.

Die komplexe Identität der Ahiska-Türk:innen wirft sogar in der Diaspora selbst Fragen auf: Einige nennen sich turksprachige Georgier:innen (ihre Sprache ist dem Aserbaidschanischen sehr ähnlich), während andere behaupten, ein eigenständiges Turkvolk zu sein, dessen historisches Land im heutigen Georgien liege.

Die Deportation

Wie andere ethnische Minderheiten in Kirgistan, darunter Koreaner:innen und Deutsche, kamen die Ahiska-Türk:innen während der Sowjetzeit nach Zentralasien. Aufgrund der kulturellen Nähe zur Türkei bezweifelte Josef Stalin die Loyalität der Ashiska-Türk:innen. Wie die Forscherin Sophie Tournon darlegt, beschloss er 1944, während der Zweite Weltkrieg tobte, die Ahiska-Türk:innen nach Zentralasien zu deportieren.

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Zu dieser Zeit waren die meisten Männer an der Front. So war ein großer Teil der Deportierten Kinder und Alte, viele starben unterwegs. Die meisten Überlebenden ließen sich in Usbekistan nieder, einige kamen aber auch nach Kasachstan und Kirgistan. Erst 1956 während der Tauwetterperiode wurde ihr Status als „bestrafte Menschen“ teilweise aufgehoben, aber sie erhielten kein Recht, in ihr Land zurückzukehren. Eine zweite Migrationswelle nach Kirgistan fand infolge der Pogrome von 1989 statt, bei denen in Fargʻona ethnische Spannungen zwischen Usbek:innen und Ahiska-Türk:innen ausbrachen. Mitglieder der Diaspora flohen daraufhin in andere zentralasiatische Länder, sowie nach Russland und Aserbaidschan.

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Relative Ruhe in Kirgistan

Die Situation der Diaspora in Kirgistan ist also im Vergleich zu den Nachbarländern durchaus beneidenswert. In Russland, wo die Minderheit vor allem in der Region Krasnodar lebt, ist der frühere Status eines unterdrückten Volkes seit langem ein Problem. Er verhinderte nach dem Zerfall der Sowjetunion die Erlangung der russischen Staatsangehörigkeit und ließ Tausende Menschen staatenlos und aller Rechte beraubt. Dieses Problem bestand jedoch in geringerem Maße auch in Kirgistan. 2005 wurde die Zahl der staatenlosen Ahiska-Türk:innen im Land noch auf 2.000 Menschen geschätzt.

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Darüber hinaus kommt es auch immer wieder zu ethnischen Spannungen: Pogrome fanden 2010 während der Revolution statt, die Kurmanbek Bakijew stürzte. Die türkische Gemeinde im Dorf Majewka, unweit von Bischkek, wurde wegen ihres relativen Wohlstands gezielt angegriffen. Mindestens fünf Menschen starben und Dutzende Häuser wurden niedergebrannt.

Rückkehr unerwünscht

Die Mehrheit der Angehörigen der Diaspora betrachtet Kirgistan als Heimatland und will es nicht verlassen. Die Idee der Rückkehr der Ahiska-Türk:innen in ihr Herkunftsland hat in Kirgistan nur wenige Anhänger:innen. Tatsächlich waren die von Georgien in den 1990er und 2000er Jahren unter internationalem Druck ergriffenen Maßnahmen zur Rückkehr zu restriktiv. Kaum jemand in Kirgistan wollte von diesem Rückführungsprogramm profitieren, weil es von der Diaspora es als diskriminierend empfunden wurde und sie sich als ethnisch georgisch präsentieren sollte.

Somit fand keine massenhafte Rückkehr statt. Einer der Gründe für die Zurückhaltung des georgischen Staates, liegt darin, dass das Land der Ahiska-Türk:innen jetzt von Georgier:innen und Armenier:innen bewohnt wird und sich ein Zusammenleben als schwierig erweisen könnte. Andererseits wurden in den 2010er Jahren Besuche von überlebenden Deportierten organisiert, die sich in Kirgistan niedergelassen hatten: Im Dezember 2013 kehrten 24 Männer zurück, um ihre Geburtsorte zu besuchen, gefolgt von 25 Frauen im Jahr 2014.

Enge Beziehungen zur Türkei

Die Rückkehr nach Georgien ist daher nicht die bevorzugte Option für junge Ahiska-Türk:innen aus Kirgistan. Auswanderungswillige entscheiden sich am häufigsten für die Türkei. Einige ließen sich dort dauerhaft nieder und erhielten die türkische Staatsangehörigkeit. Lest auch auf Novastan: „Das große Turkestan“ – Mythos oder Perspektive? Der Aspekt der „türkischen Verwandtschaft“ wird von Atamscha Dursunow, dem Vorsitzenden der Vereinigung der Türken Kirgistans, weithin vorgebracht. Wie er betont, ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern guten Studierenden ein Studium in der Türkei. Ihr Wissen können sie dann in den Dienst jenes Landes stellen, in dem sie geboren wurden. Der Verein arbeitet mit der Türkei zusammen, um verschiedene humanitäre und Bildungsprojekte in ganz Kirgistan, aber insbesondere im Gebiet Batken, durchzuführen. Mit Unterstützung der Türkei hat er beispielsweise während der Pandemie bestimmte Dörfer mit fließendem Wasser versorgt, Schulen renoviert oder sogar Medikamente verteilt.

All diese Projekte profitieren von der Unterstützung des Türkischen Präsidiums für Internationale Kooperation und Koordination (TIKA), das in wichtige Projekte in Kirgistan investiert, beispielsweise in den Bau des Atatürk-Parks im Süden Bischkeks oder sogar in die Renovierung des Nationalmuseums.

Die kleine Gemeinde von Bischkek

Die Vereinigung der Ahiska-Türk:innen von Bischkek wurde nicht nur gegründet, damit die Diaspora eine aktive Gemeinschaft haben kann, die ihre Traditionen aufrechterhält. Sie ermöglicht es auch, an der Versammlung der Völker Kirgistans teilzunehmen. Dies dient der guten Verständigung zwischen den verschiedenen Volksgruppen im Land.

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Darüber hinaus ermöglicht sie, gemeinsame kulturelle Aktionen durchzuführen, zum Beispiel mit einer kaukasischen Tanzgruppe, die verschiedene ethnische Gruppen zusammenbringt. Was die Bewahrung von Traditionen anbelangt, halten junge Menschen daran fest. Die neue Generation ist sich aber der Traditionen weniger bewusst und muss sich vor allem bei Hochzeiten auf die Älteren berufen, damit die Bräuche nicht in Vergessenheit geraten. Die Gemeinde feiert hauptsächlich die offiziellen Feiertage, die allen Kirgistaner:innen gemein sind. Ein Datum tragen sich allerdings allein die Ahiska-Türk:innen in ihren Kalender ein: Den 14. November, den Tag, an dem sich ihre Deportation jährt.

Paulinon Vanackère, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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