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Raus auf die Straße: Usbekistans erste Busfahrerinnen

Eine jüngst erfolgte Gesetzesänderung erlaubt Frauen in Usbekistan das Fahren von Bussen und schweren Fahrzeugen. Dies ist ein bedeutender Fortschritt für Usbekistans Transportbranche, an dem sich ein aktives Engagement für mehr Gleichstellung und die Förderung von Vielfalt im Transportgeschäft ablesen lässt.

Die Redaktion 

Übersetzt von: Robin Roth

Saodar Sharmatova und Nargiz Gadayeva sind Usbekistans erste Busfahrerinnen, Photo: Taschkenter Verkehrsbetriebe

Eine jüngst erfolgte Gesetzesänderung erlaubt Frauen in Usbekistan das Fahren von Bussen und schweren Fahrzeugen. Dies ist ein bedeutender Fortschritt für Usbekistans Transportbranche, an dem sich ein aktives Engagement für mehr Gleichstellung und die Förderung von Vielfalt im Transportgeschäft ablesen lässt.

Nargiz Gadayeva und Saodat Shermatova zeigten Interesse daran, die ersten Busfahrerinnen des Landes zu werden. Angaben der Taschkenter Verkehrsbetriebe zufolge, wurde diesen Frauen die offizielle Genehmigung zum Führen von Großraumbussen und Elektrofahrzeugen erteilt. Dies stellt einen wichtigen Schritt hin zu gleichen Chancen für Männer und Frauen in der Transportbranche dar.

Saodat Shermatova

Am 28. Februar nahm Saodat Shermatova, eine 49-jährige Frau aus Samarkand und Mutter von zwei Kindern, zum ersten Mal in ihrem Leben den Busfahrer(innen)sitz ein. Sie interessiert sich seit ihrer Teenagerzeit für das Transportwesen, obwohl sie Jura studierte, um in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten.

„In unserer Familie gab es keine Fahrerinnen, also musste ich die Erste sein“, sagt Saodat. Im Jahr 2005 erwarb sie einen Führerschein der Klasse D, der ihr das Führen eines Busses für mehr als 8 Fahrgäste erlaubt. Bevor Saodat sich für diese Stelle bewarb, machte sich ihr Ehemann „Sorgen wegen Sicherheitsproblemen“. Er entschloss sich aber dennoch, seine Frau bei ihren Bemühungen zu unterstützen, um ihr die Teilnahme an dem obligatorischen einmonatigen Schulungsprogramm für Fahrerinnen zu erleichtern.

Nargiz Gadayeva

Die 57-jährige Nargiz Gadayeva aus Qarshi nahm direkt nach Saodat am Trainingsprogramm teil. Sie begann mit 20 Jahren Auto zu fahren und arbeitete zehn Jahre als Fahrlehrerin. Sie brachte Frauen das Autofahren bei und erhielt dabei Unterstützung von ihren Kollegen, die sie ermutigten, eine der ersten Busfahrerinnen Usbekistans zu werden.

“Als ich meiner Familie davon erzählte, dachten sie, ich mache einen Scherz. Erst als ich meinen ersten Arbeitstag hinter mir hatte, machten sie sich mehr Sorgen um mich“, berichtet Nargiz.

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Anfangs interessierte sie sich für eine Arbeit in der Tourismusbranche, doch nach den Gesetzesänderungen entschloss sie sich, den Karriereweg als Busfahrerin einzuschlagen. „Ich möchte ein Vorbild für andere Frauen in Usbekistan sein. Frauen sind zu vielem fähig, solange wir hart arbeiten und Ausdauer haben“, so Nargiz weiter.

Hin zu mehr Gleichstellung

Azizahon Hodjayeva ist für das Gleichstellungsprojekt in der Verkehrsbehörde zuständig. Sie glaubt, dass Usbekistan durch das neue Gesetz der Beseitigung geschlechtsspezifischer Stereotypen einen Schritt näher gebracht wurde. Von den Busfahrerinnen werde verlangt, jeden Tag acht Stunden zu fahren – ein voller Arbeitstag, der mit einem vollen Gehalt einhergeht. Dies wurde bei den beiden bereits eingstellten Fahrerinnen umgesetzt und im nächsten Jahr sollen fünfzehn weitere folgen.

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Vor der Gesetzesänderung verließen viele Frauen Usbekistan, um in Russland als Fahrerinnen zu arbeiten und ein angemessenes Gehalt zu erhalten. Aufgrund der Beschränkungen in Usbekistan hatten sie nicht die gleichen Chancen wie in Russland, weshalb sie ihre Familien in ihrem Heimatland zurücklassen mussten.

Laut einer Weltbank-Studie aus dem Jahr 2022 zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Berufswelt, erreichte Usbekistan 70,6 von 100 Punkten. Unter den anderen zentralasiatischen Ländern erreichte Kasachstan einen Wert von 69,4, während Tadschikistan auf 78,8 kam, wobei 100 Punkte die Gleichstellung von Männern und Frauen in den untersuchten Berufen bedeuten.

Weitere Pionierinnen

In der Geschichte Usbekistans gab es zahlreiche Beispiele von Pionierinnen, die von Männern dominierte Bereiche eroberten. Eines der prominentesten Beispiele ist Bashorat Mirboboyeva, die 1937 als erste Frau eine (Dampf-)Lokomotive führte. Zusammen mit weiteren 27 Frauen hatte sie sich für die Kurse an Taschkents Eisenbahninstitut beworben. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlernte sie zusätzlich das Fahren von Diesellokomotiven und war auch damit die erste Frau in der UdSSR, die dieses Feld betrat.

Ein weiteres Beispiel ist Tursunoy Ahunova – die erste Frau, die 1954 eine Zulassung als Fahrerin einer Baumwollerntemaschine erhielt. Sie war außerdem Leiterin einer mechanischen Managementgruppe in der Provinz Taschkent. Durch ihr Engagement und ihre Entschlossenheit bei der Arbeit konnte die Effizienz in der Baumwollproduktion erheblich gesteigert werden.

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In der Sowjetunion galt eine Liste für Frauen verbotener Berufe, deren Gesamtzahl 431 Tätigkeiten umfasste. Im Jahr 2019 wurde ein Meilenstein erreicht, als diese Liste in Usbekistan per Präsidialerlass abgeschafft wurde. Zuvor hatte sie noch 44 Spezialisierungen umfasst, die als schädlich oder gefährlich für Frauen galten, darunter Tätigkeiten im Bergbau, bei der Öl- und Gasförderung sowie in der Metallurgie. Im Arbeitsgesetztbuch bestehen diese Bestimmungen allerdings weiterhin fort.

Darika Bolot und Shahzoda Mirakova für Novastan

Aus dem Englischen von Robin Roth

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