In Taschkent hat die Ausstellung „Paxta“ stattgefunden. Sie erzählte von der Rolle des „weißen Golds“ in der Geschichte Usbekistans hatte zum Ziel, die Besucher zum Nachdenken anzuregen.
Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Usbekistan zur „Baumwollmiene“ der Sowjetunion. Dadurch wurden Handelsbeziehungen mit europäischen Unternehmen der Leichtindustrie geknüpft. „Wir nehmen die vielen visuellen Codes, die unseren Alltag säumen, schon gar nicht mehr wahr. Vom Geschirr bis zu den Gittern vor unseren Fenstern, alles ist in Anlehnung an die charakteristischen Kapseln der Baumwollpflanze geschmückt. Die Ausstellung widmet sich ebendiesen Codes und nimmt deren Einfluss auf Stadtbild und kulturelle Mythen unter die Lupe“, erklärten die Aussteller bei der Eröffnung am 17. Dezember.
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Bis zum 4. Februar konnten Besucher die Ausstellung im 139 Documentary Center in Taschkent erkunden und mit den Autoren der Ausstellungsstücke ins Gespräch kommen. Dies sind Umida Ahmedova, Viacheslav Ahunov, Diliara Kaipova, Oleg Karpov, Timur Karpov, Anna Ivanova, Alexander Barkovksij, Zaza Zaxidov, Alexander Fedorov und Nabi Agzamov. Timur Karpov, Gründer des Centers, erklärt, welche Idee hinter der Ausstellung steckt.
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„Der Name Paxta ist Usbekisch für Baumwolle, man nutzt es mittlerweile beinah sprichwörtlich. Wenn jemand in der Erntezeit irgendwohin fährt, sagt man, „er ist zur Paxta“ oder „alle sind Paxta“. Das Wort ist in aller Munde und hat viele verschiedene Konnotationen. Kurz, bei uns dreht sich alles um Paxta“, erklärt er.
Baumwolle – ein Fluch
Aber was ist die Baumwolle heute für die Einwohner Usbekistans? – Ein Fluch, meint Timur Karpov. „Ob Wirtschaft, Umwelt, Soziales, Landwirtschaft, ganz egal in welchen Bereich man schaut, die Baumwolle ist eine ewige Baustelle.“
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„Was ich persönlich davon halte? Meiner Meinung nach dürfte Baumwolle in Usbekistan erst gar nicht existieren. Sie ist ein koloniales Erbe, das sich wie ein Wurm durch die Kultur, Kunst und den Alltag frisst. Bis zum Russischen Reich gab es hier überhaupt keine Baumwolle. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass wir es heute als koloniale Ausbeutung betrachten“, erläutert Karpov.
Ein vielseitiges Begleitprogramm
Vor mehr als einem Jahr begannen die Aussteller mit den Vorbereitungen. Die meisten arbeiten zum ersten Mal an einem solchen Projekt. „Wir wollten Autoren, die sich in verschiedenen Epochen mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Viacheslav Ahunov kennt sich mit den 80ern und 90ern aus, Umida Ahmedova dagegen mit der Zeit ab 2015 und ich habe meine Forschungen 2018 angestellt“, erzählt Timur.
Um den Besuchern ein besonders tiefes Verständnis des Themas zu vermitteln, wurden aufschlussreiche Mediations-Führungen mit dem Kurator angeboten. Zu den weiteren Veranstaltungen im Begleitprogramm gehörten ein Runder Tisch und verschiedene Filmvorführungen.
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An „100% Baumwolle“, einem Film des usbekischen Regisseurs Michail Borodin, war Karpov selbst als Kameramann beteiligt. „Der Film thematisiert die Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern. Auch in Europa kam er letztes Jahr auf die Leinwand: Beim ArtDocFest in Riga und beim GoEast-Filmfest in Wiesbaden. Es war ein echter Wegbereiter, der uns als Ausstellern aber auch den Filmautoren eine große Bühne bot“, so Karpov weiter.
Fergana News
Aus dem Russischen von Arthur Siavash Klischat
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