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Spannungen rund um die Weidewirtschaft in Naryn

Mit Einbruch des Sommers beginnt in Kirgistan die Saison der Weidewirtschaft. In der Region Naryn, im Zentrum des Landes, blockierte eine Gruppe von Dorfbewohnern Hirten aus einer Nachbarregion den Weg und verweigerte ihnen das Recht, sich dort niederzulassen.

Kirgistan Naryn
In der Region Naryn, im Zentrum Kirgistans, ist die Transhumanz ein Streitthema (Illustration)

Mit Einbruch des Sommers beginnt in Kirgistan die Saison der Weidewirtschaft. In der Region Naryn, im Zentrum des Landes, blockierte eine Gruppe von Dorfbewohnern Hirten aus einer Nachbarregion den Weg und verweigerte ihnen das Recht, sich dort niederzulassen.

Auch Weidewirtschaft kann sich auf dem Land zum Streitthema entwickeln. Am 5. Juni haben nach Angaben der kirgisischen Onlinezeitung Turmusch etwa 170 Dorfbewohner aus Dscherge-Tal in der Region Naryn in Zentralkirgisistan eine Straßensperre aufgestellt. Sie wollten damit Hirten aus dem etwas weiter westlich gelegenen Bezirk Kotschkor daran hindern, sich für den Sommer dort niederzulassen. Wie das kirgisische Medium Kaktus am 6. Juni berichteten, erklärten die Bewohner von Dscherge-Tal, das Land reiche schon nicht für ihre eigenen Tiere. Daher weigerten sich sich „fremde“ Tiere aufzunehmen.

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Doch das Gesetz ist nicht auf ihrer Seite. Einerseits ist die Errichtung einer Straßensperre strafrechtlich verboten. Außerdem haben die Hirten aus Kotschkor laut dem Gesetz bis 2030 ein Anrecht auf die Nutzung der Weidefläche, wie Turmusch berichtet. Die Einwohner von Dscherge-Tal stellen allerdings die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in Frage und beziehen sich dabei auf gewisse Unklarheiten im Text. Angesichts des Ausmaßes des Problems schlug ein kirgisischer Abgeordneter am 11. Juni die Einsetzung einer parlamentarischen Kommission vor, so die kirgisische Nachrichtenagentur 24.kg.

Weiden, ein wiederkehrendes Streitthema

In Wirklichkeit werden solche Spannungen durch die Komplexität der Landzuweisung in Kirgistan noch verschärft. Wie Irène Mestre, Geographin an der Universität Lyon 3, gegenüber Novastan erklärt, „steht bei der Bewirtschaftung von Weideland viel auf dem Spiel“. Laut der Expertin für gemeindebasierte Bewirtschaftung ländlicher Weiden in Kirgistan hat die Einrichtung von „Weidekomitees“ auf Gemeindeebene im Jahr 2009 zu Machtkämpfen geführt, bei denen nicht alle Dorfbewohner fair vertreten sind.

Ganz allgemein hat das Ende der sowjetischen Verwaltung mehrere Schwierigkeiten, insbesondere kartographischer Art, mit sich gebracht: Die Kirgisen haben aus dieser Zeit eine Vielzahl von teils widersprüchlichen Karten geerbt. Zu Zeiten der Sowjetunion, als die landwirtschaftlichen Betriebe in großen Kolchosen organisiert waren, stellte dies kein Problem dar. Aber jetzt, da es mehr Akteure gibt, mit einer Vielzahl von Kleinbesitzern und Weidekomitees, sei die Situation problematisch, so Mestre.

Diese Situation führt jedoch nur selten zu gewaltsamen Konflikten. „Konflikte, die in Gewalt münden, sind extrem selten. Die einzigen Fälle, die ich gesehen habe, waren in Grenzgebieten zu Nachbarländern, in denen es wegen der Sicherheitskräfte zu Gewalt kommt“, beschreibt die französische Forscherin.

Wanderweidewirtschaft, ein wichtiges Thema in Kirgistan

In Kirgistan ist die Wanderweidewirtschaft und die damit verbundene extensive Landwirtschaft von großer Bedeutung. Dies liegt einerseits an der Geographie: Die sehr gebirgige Topografie Kirgistans begünstigt dieses System. Ein zweiter Grund ist wirtschaftlicher Natur: Wanderweidewirtschaft ist „günstiger, als speziell produziertes Heu zu kaufen“, beschreibt Mestre. „Die Viehzucht ist auch eine der wenigen verfügbaren wirtschaftlichen Aktivitäten im ländlichen Kirgistan“, fügt sie hinzu.

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Hinzu kommt ein praktischer Aspekt: Wenn das Vieh im Sommer den Dörfern fernbleibt, können die dortigen Kulturen besser erhalten werden. Schließlich ist es eine Praxis, die sich aus der kirgisischen Kultur und Geschichte erklären lässt. „Wanderweidewirtschaft existiert auch aufgrund von Traditionen und sozialen Bindungen. Man könnte sich eine Ranch wie in den Vereinigten Staaten oder Australien vorstellen, wo die Tiere einfach sich selbst überlassen werden, aber das wird nicht gemacht“, sagt Mestre. Die kirgisische Gesellschaft misst der Fernweidewirtschaft bis heute große Bedeutung bei.

Konflikt in einer sich rasch wandelnden Region

Die Region Naryn, in der diese Spannungen ausbrachen, ist eine der symbolträchtigsten Regionen Kirgistans, insbesondere der Song-Köl-See. Dort entstehen neue Wirtschaftsfelder, manchmal in Ergänzung zur Viehzucht, manchmal in Konkurrenz zu ihr. Diese Diversifizierung der Region bedeutet, dass es mehr oder weniger begehrte Gebiete gibt: Im Vordergrund stehen jene, in denen nicht-landwirtschaftliche Aktivitäten durchgeführt werden können. Mestre hat beobachtet, dass das Gebiet um den Song-Köl-See besonders gefragt ist, aber auch die Weiden in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen, da dort Verkäufe getätigt werden können. „Letztendlich will jeder Zugang dazu haben, weil es sehr profitabel ist“, beschreibt sie.

Die starke Entwicklung des Tourismus wirkt sich auch auf die Viehzüchter der Region aus. Mestre betont dessen zwiespältige Rolle: Er kommt nicht direkt den Hirten zugute, die keine Touristen willkommen heißen, „weil die sehr hohe Arbeitsbelastung nur schwer mit der ebenfalls sehr wichtigen Hirten-Tätigkeit zu vereinbaren ist. Darüber hinaus braucht man Kapital, um eine „schöne“ und „komfortable“ Jurte für Touristen zu haben“. Es sind also eher Kirgisen aus mittelgroßen Städten, die diese Tourismus-Farmen verwalten.

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In Naryn ist der Tourismus manchmal sogar ein Hindernis für eine reibungslose Viehzucht, insbesondere aus gesundheitlichen Gründen. „In Song-Köl gibt an den günstigeren Standorten, also denen mit Zugang zu Straßen, Trinkwasser, usw., mehr als hundert Jurten für Touristen. Deshalb müssen die Familien, die Weidewirtschaft betreiben, ihre Lager verlegen„, beschreibt Mestre. „Darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass die Tourismusunternehmer die Herden nicht zu nahe bei den Touristen haben wollen, weil sie als schmutzig und laut wahrgenommen werden. Hinzu kommen die Umweltproblematik, Abfälle der Touristen und Toiletten (innerhalb und außerhalb der geplanten Infrastruktur). Touristen entlasten sich oft im Freien, wo die Gefahr einer Verunreinigung besteht, vor allem in der Nähe von Wasserläufen, die für den menschlichen Konsum genutzt werden“, fügt sie hinzu. Ein Kontext, der die Bedenken der lokalen Dorfbewohner erklären könnte, die zur Blockade der Straße führten.

Héloïse Dross
Journalistin für Novastan

Aus dem Französischen von Florian Coppenrath

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