Die Nichtregierungsorganisation Transparency International hat ihren Jahresbericht veröffentlicht, in dem sie ihre Erkenntnisse über die weltweite Wahrnehmung von Korruption im Jahr 2019 darlegt. Die Länder Zentralasiens schneiden wieder einmal schlecht ab.
Am 23. Januar 2020 wurde der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International für das Jahr 2019 publiziert. Dieses Instrument, von der Nichtregierungsorganisation erstmals im Jahr 1995 veröffentlicht, misst den Grad der Korruption in den öffentlichen Verwaltungen und in der politischen Klasse in 180 Ländern. Es handelt sich um einen zusammengesetzten Indikator, der auf Daten aus 13 unabhängigen Expertenbewertungen und Untersuchungen beruht. Der Bericht spricht hier von „Wahrnehmung“, da Korruption per Definition ein verborgenes Phänomen ist und die Erhebung objektiver Daten kaum möglich ist.
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Der Index definiert Korruption als den Missbrauch öffentlicher Ämter für Zwecke der persönlichen Bereicherung: Bestechung von öffentlichen Bediensteten, Bestechung im Rahmen des öffentlichen Auftragswesens oder Veruntreuung öffentlicher Gelder. Er befasst sich auch mit der Entschlossenheit, Korruption zu bekämpfen – sowohl in der Verwaltung als auch in der Politik.
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Mit diesem Instrument werden die Länder auf einer Skala von 0 (Korruption allgegenwärtig) bis 100 (Korruption nicht vorhanden) eingestuft. Während die skandinavischen Länder und Neuseeland weiterhin an der Spitze stehen, liegt Zentralasien erneut am unteren Ende der Tabelle.
Eine Region, die im weltweiten Vergleich nach wie vor schlecht abschneidet
Laut Transparency International bilden Osteuropa – das heißt der Westbalkan, die Türkei, Weißrussland, die Ukraine, die Republik Moldau und der Kaukasus – und Zentralasien die Region mit dem zweitschlechtesten Durchschnittswert (35 von 100). Lediglich Subsahara-Afrika schneidet noch schlechter ab. Innerhalb der Region Osteuropa und Zentralasien gibt es nur drei Länder mit einem besseren Wert als der weltweite Durchschnitt (43): Georgien (56), Weißrussland (45) und Montenegro (45). Die drei Länder mit dem schlechtesten Wert sind allesamt zentralasiatische Staaten: Usbekistan (25), Tadschikistan (25) und Turkmenistan (19).
Im Vergleich zum Korruptionswahrnehmungsindex 2018 hat sich die Situation in den Ländern Zentralasiens kaum verändert. Kasachstan ist das einzige Land der Region, das eine wesentliche Verbesserung (34) im Vergleich zum Vorjahr (31) verzeichnet. Der Musterschüler Zentralasiens belegt den 113. Platz im weltweiten Vergleich und ist somit das am besten platzierteste Land der Region.
Kirgistan folgt auf Platz 126 mit einem Ergebnis von 30 Punkten – und somit einen Punkt mehr als im Vorjahr. Usbekistan und Tadschikistan liegen mit ihren jeweils 25 Punkten gleichauf auf dem 153. Platz. Turkmenistan bildet mit 19 Punkten auf Platz 165 das Schlusslicht der Region. Während Usbekistan im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt hinzugewann, bleibt Tadschikistan beim Status quo. Turkmenistan hat im Vergleich zu 2018 sogar einen Punkt verloren.
Deutliche Verbesserungen in der letzten Dekade
Auf lange Sicht ist die Entwicklung in den Ländern der Region jedoch bedeutend besser. Während Zentralasien im Jahr 2019 einen Durchschnittswert von 26,6 erreichte, lag dieser 2009 noch bei 20,2, was einem Anstieg um 6,4 Punkte in zehn Jahren entspricht. In der Zwischenzeit schwankte die Zahl der bewerteten Länder zwischen 176 und 183, bevor sie sich auf 180 stabilisierte.
Eine weitere Feststellung ist, dass sich die Rangfolge dieser fünf Länder stark verändert hat. Während Kasachstan im Vergleich mit den Nachbarstaaten zwar bereits vor zehn Jahren an erster Stelle stand, erreichte Kirgisistan mit einem Zugewinn von 11 Punkten den eindrucksvollsten Fortschritt und stieg vom 162. auf den 126. Platz auf – Platz 2 in Zentralasien. Das gleiche gilt für Usbekistan, das 2009 das am schlechtesten bewertete Land der Region war und nun das drittbeste Ergebnis erzielte.
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Tadschikistan hingegen wurde, obwohl sich seine Punktzahl und seine Platzierung verbessert haben, vom 2. auf den 3. Platz 2 in Zentralasien zurückgeworfen. Turkmenistan hat sich sowohl in puncto Punktzahl als auch in puncto Rangfolge nur wenig verbessert und ist in Zentralasien sogar auf den letzten Platz gefallen.
Mangelnde politische Integrität untergräbt die Länder Zentralasiens
Im Jahr 2019 konzentrierte sich Transparency International auf das Thema politische Integrität und verdeutlichte anhand seiner Recherchen die komplexen Beziehungen zwischen Politik, Geld und Korruption. Im Allgemeinen fördert der Mangel an politischer Integrität Korruption.
Die Länder Zentralasiens zeichnen sich auf verschiedenen Ebenen durch eine begrenzte Gewaltenteilung, den Missbrauch staatlicher Mittel für Wahlzwecke, die Undurchsichtigkeit der Finanzierung politischer Parteien und Interessenkonflikte aus. Darüber hinaus erweisen sich die „Stützen“ der Demokratie angesichts des starken politischen Einflusses auf die Aufsichtsorgane, der unzureichenden Unabhängigkeit der Justiz und der eingeschränkten Pressefreiheit als wenig wirksam. All diese Parameter führen zu einer übermäßigen Machtkonzentration in vielen dieser Länder.
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Die Übernahme des Staates, bei der private Interessen die Entscheidungsfindung der politischen EntscheidungsträgerInnen weitgehend beeinflussen, ist in Zentralasien allgegenwärtig. Das gleiche gilt für die mangelnde Fähigkeit dieser Länder, dieser Übernahme etwas entgegenzusetzen und somit ein Gleichgewicht zu bewahren.
Manon Mazuir, Redakteurin für Novastan
Aus den Französischen von Robin Roth
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