Wie der kirgisische Vize-Minister für Energie Ajbek Kalijew im Dezember letztes Jahres erklärte, soll CASA-1000, das millardenschwere Projekt einer Stromverbindung zwischen Kirgisistan, Tadschikistan, Afghanistan und Pakistan, zu 500 Millionen Dollar von Russland mitfinanziert werden. Dieses Projekt einer neuen Art zielt auf den Aufbau einer stärkeren Verbindung zwischen den ehemaligen sowjetischen Republiken und dem dynamischen Südasien. Die Arbeiten dazu sollen noch dieses Jahr beginnen.
Nach dem interministeriellen Gipfel in Islamabad (Pakistan) am 13. September, der alle beteiligten Staaten zusammenbrachte, könnte das CASA-1000 Projekt wohl die erste Infrastrukturmaßnahme im Energiebereich zwischen Südasien und Zentralasien darstellen. Das amerikanische Außenministerium hatte bereits eine Woche zuvor mitgeteilt, dass es diesem Eine-Milliarde-Dollar-Vorhaben 15 Millionen Dollar beisteuern wird. Das Projekt wird des Weiteren auch von internationalen Organisationen wie der Weltbank und insbesondere durch die Islamische Entwicklungsbank unterstützt. Die vier teilhabenden Länder haben im Februar 2014 in Washington dem Geschäftsprinzip zu dem Verkaufsplan zugestimmt.
Das amerikanische Engagement war der Hauptmotor des Projekts. Für die Vereinigten Staaten geht es dabei in erster Linie um die Entwicklung dieser vom Afghanistan-Krieg schwer angeschlagenen Region – insbesondere nach der Enttäuschung um die TAPI-Gaspipeline bleibt CASA-1000 die einzig verbleibende Operation der „Silk Road Strategy“.
Im Dezember meldete schließlich ebenfalls Russland ein Interesse an dem Bau der Trasse an. Eines Tages könnte eben jene Beteiligung auch die Russische Föderation in die Wirtschaftsräume Süd- und Zentralasien einbinden. So sind beispielsweise bereits heute die Infrastrukturanlagen im Norden Kasachstans völlig mit dem russischen Netzwerk verbunden. Zudem hat Russland sich vertraglich zu der Fertigstellung von zwei hydroelektrischen Zentralen in Zentralasien, Sangtuda 1 (Tadschikistan) und Kambarata (Kirgisistan), verpflichtet. Daraus begründet sich schließlich das weitaus höhere Investitionsversprechen als es vergleichsweise bei den Amerikanern ausfällt.
CASA-1000 geht von der geopolitischen Idee aus, dass, trotz häufiger Knappheit an Elektrizität im Winter, Kirgisistan und Tadschikistan im Sommer Überschüsse produzieren und eben diese umverteilt werden können. Ihre Elektrizität wird größtenteils mithilfe von Staudämmen gewonnen, die von bedeutenden Wasserquellen aus den Bergen profitieren. Andererseits bleibt Strommangel während des Sommers nach wie vor ein wichtiges Entwicklungsproblem in Afghanistan und Pakistan. Durch eine Stromtrasse zwischen diesen beiden Regionen erhofft man sich nun eine wirtschaftlich effektive Ressourcenverteilung und – von einem strategischen Standpunkt aus – eine verstärkte Kooperation in der Region. Die Webseite des CASA-1000–Projekts weist diese Unternehmung als einen wirtschaftlichen „Tugendkreis“ aus: Dank dem Geld, das die produzierenden Länder erwerben, könnte das Projekt letztlich der Energieknappheit in Zentralasien ein Ende setzen. Es besteht im Anschluss die Möglichkeit, wiederum die eigene Produktionsfähigkeit durch Investitionen zu verbessern.
Aber da liegt auch das Problem: Für den usbekischen Nachbarn ist das Projekt nur so lange akzeptabel, wie es zu keiner Erhöhung der Kapazität von kirgisischen und tadschikischen Dämmen führt. Offiziell heißt es, dass die Dämme des Amu-Daria und des Syr-Daria, die wichtiges Wasserlieferanten für Usbekistans Bauwollwirtschaft, nicht vergrößert werden sollen. Die Usbeken haben aber verstanden, dass das weder der Absicht noch dem Interesse Kirgisistans und Tadschikistans entspricht. Der Präsident Tadschikistans, Emomali Rahmon, hatte bereits eindeutig ausgeführt, dass CASA-1000 den Bau des pharaonischen Staudammprojekts Rogun erlauben würde, was gegenüber usbekischen Behörden einem Affront gleichkäme.
Die Realisierung des Projekts wirft auch die Frage der Lebensfähigkeit solcher Infrastrukturmaßnahmen zwischen Ländern auf, die zu den instabilsten und korruptesten Gebieten der Welt zählen. Zwar ist es im Rahmen von CASA-1000 vorgesehen, eine gemeinsam geführte Bank zu erschaffen, um die Erlöse durch den Verkauf von Elektrizität zu verteilen. Demgegenüber könnten die beauftragten nationalen Firmen das Geld auch hinterher für die Rechnung der lokalen Behörden sicherstellen. Ähnliches hat sich schon zugetragen, als der kirgisischen Präsident Bakiyev weitererhin Elektrizität an Kasachstan verkaufte, obwohl zeitgleich seine Hauptstadt ohne Strom auskommen musste. In Tadschikistan leitet Präsident Rahmon außerdem mehr als 40% der im Land produzierten elektrischen Energie an ein einziges Unternehmen weiter – TALCO kann so dessen Aluminium zu einem guten Preis auf den internationalen Märkten verkaufen. Insgesamt ist dann auch die Frage der Zählungsfähigkeit der Länder, die diese Energie kaufen sollen, und der chronischen Instabilität Zu stellen und zu reflektieren.
Wird das CASA-1000 Projekt, das durch Russen und Amerikaner und damit durch zwei Mächte mit abweichenden Interessen unterstützt wird, die Energieknappheit in Zentralasien mittelfristig in Grenzen halten? Oder ist es noch nur ein neuer kluger Schachzug lokaler Elite, um sich zu bereichern, ohne an kriegerische Nachbarn zu denken? Was auch immer passiert, die Kapitalanhäufung lässt zumindest auf ein baldiges Baugeschehen schließen.
Die Redaktion von Novastan.org