Die freie Auslandskorrespondentin Edda Schlager war zu Gast bei unserem Novastan-Meetup am 28. Oktober in Berlin. Ein Gespräch über ihre Arbeit als Journalistin, die politische Lage in Zentralasien und die deutsche Berichterstattung aus der Region.
In einer gemütlichen Runde aus etwa 20 Interessierten sprach Edda Schlager mit uns offen über ihr Leben als freie Journalistin. Der Abend hatte eine besondere zentralasiatische Atmosphäre – mit Tee, Schokolade aus Almaty und Kurt, einer kasachischen Spezialität, die Edda direkt aus Kasachstan mitgebracht hatte.
Kasachstan – ein zweites zu Hause
Edda Schlager lebt und arbeitet seit 2005 in Almaty. Dorthin führte die studierte DiplomGeographin erstmals ein Praktikum in der Redaktion der Deutschen Allgemeinen Zeitung (DAZ). Von Kasachstan ausgehend bereiste sie schon in ihrem ersten Jahr verschiedene Länder der Region und beschloss, in Zentralasien zu bleiben.
Der Einstieg als freie Journalistin war nicht einfach. Mit mangelnden Russischkenntnissen musste sie stundenlang Interviews transkribieren. Doch Herausforderungen stellten sich nicht nur vor Ort, sondern auch in den deutschen Redaktionen, die wenig Interesse an Themen aus Zentralasien hatten. Das hat sich bis heute kaum geändert.
Die Botschafterin
Seit fast 15 Jahren Jahren ist Kasachstan für Edda Schlager ein zweites Zuhause geworden. Sie fühlt sich in Almaty sehr wohl. Sorgen bereitet ihr die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation im Land. Nach dem Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Nursultan Nasarbajew hat sich die Stimmung verändert. Unzufriedenheit herrscht, es gibt Proteste. Die Bevölkerung hat auf demokratische Änderungen gehofft, die Regierung reagiert jedoch mit harter Hand. Edda fühlt sich auch in ihrer Rolle als, wie sie selbst sagt, „Botschafterin zwischen Zentralasien und Deutschland persönlichenttäuscht“ – sie sieht in Kasachstan großes Potenzial, kennt viele engagierte Menschen. Doch die aktuellen Ereignisse in Kasachstan stellten viele positive Entwicklungen der vergangenen Jahre deutlich in Frage.
Zentralasien
Neben Kasachstan berichtet Edda Schlager auch aus anderen Ländern Zentralasiens, vor allem aus Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan. Im Vergleich zu Kasachstan findet Edda positivere Entwicklungen in Usbekistan und verweist besonders auf die Wirtschaft. Eine wachsende Zahl deutscher Unternehmen sei bereit, in das Land zu investieren. Richtungsweisende Änderungen in Sachen Demokratie und Menschenrechten umzusetzen, sei dennoch schwer. Als Beispiel nennt Edda den aktuellen Fall des ehemaligen Diplomaten Kadyr Yusupov, dem von usbekischen Behörden Spionage vorgeworfen wird.
Kirgistan sei heute leider weiter von einer demokratischen Entwicklung entfernt als es das seit der Tulpenrevolution (2005) jemals war. Dafür sei die Tourismusbranche sehr professionell entwickelt worden: Wenn Edda nach Reiseempfehlungen gefragt wird, nenne sie an erster Stelle immer Kirgistan.
Ein weiteres Land, das Edda besonders am Herzen liegt, ist Tadschikistan. Über dessen Hauptstadt Duschanbe hat sie einen Architekturführer veröffentlicht. Anders als die politische Berichterstattung hat ihr dieses Projekt ermöglicht, Tadschikistan auf ganz andere Art und Weise, nämlich viel positiver kennenzulernen.
Von ihren Reisen durch Zentralasien hat sie innerhalb der verhangenen JahreTausende wunderschöner Bilder mitgebracht.
Bürokratische Hürden
Um in Zentralasien journalistisch arbeiten zu können, muss sie sich in jedem Land einzeln beim jeweiligen Außenministerium akkreditieren lassen. Dies ist mit hohem bürokratischem und zeitlichem Aufwand verbunden – dennoch, so die Journalistin, sei es nie sicher, ob der Aufwand von Erfolg gekrönt sein werde. Themenvorschläge für Redaktionen sind deshalb oft nur kurzfristig möglich. Auch das sei eine Besonderheit ihrer Arbeit als freie Auslandskorrespondentin in der Region.
Einzelkämpferin
Als solche fühlt sich Edda Schlager als Einzelkämpferin. Die nächsten Kollegen sitzen in Moskau und berichten häufiger über Russland als über Zentralasien. Durch die Berichterstattung aus Moskau ist die Region zwar auf dem Papier abgedeckt. Doch leider kämen viele Kollegen erst nach Zentralasien, wenn „Blut fließe“ – also in Krisenzeiten.
Nichtsdestotrotz bleibt Edda positiv. Sie hat ihre Nische gefunden und sich durch langjährige Erfahrung als regionale Expertin positioniert. Sie kennt zahlreiche Redaktionen und hat ein großes Netzwerk sowohl in Zentralasien als auch in Deutschland und Österreich.
Zentralasien hat viel zu bieten, und das will Edda deutschen Lesern und Zuhörern gerne näher bringen. So hat sie vor kurzem mit ihrer Kollegin Othmare Glas ein neues Projekt gestartet: im Podcast “Shashlyk-Mashlyk” berichten beide aus Zentralasien und über Aspekte der Region, die es nicht so leicht in deutsche Redaktionen schaffen.
Zarina Zinnatova