Die Kasachen kennen nun alle Präsidentschaftskandidaten für die vorgezogene Wahl, die vom Interimspräsidenten Kasym-Dschomart Tokajew eingeleitet wurde. Insgesamt sind sieben Kandidaten, darunter eine Kandidatin, im Rennen.
Es ist ohne Zweifel die Wahl des Jahres in Zentralasien. Am 9. Juni werden die Staatsbürger Kasachstans an die Wahlurnen gebeten, um ihren nächsten Präsidenten zu wählen. Der seit der Unabhängigkeit amtierende erste Präsident des Landes Nursultan Nasarbajew war am 19. März überraschend zurückgetreten. Zu dieser historischen Wahl, der ersten ohne den „ersten Präsidenten“, sind sieben Kandidaten registriert, darunter eine Frau.
Die Bedingungen, um an der Wahl teilzunehmen, waren strenger als bei den letzten Präsidentschaftswahlen. Eine neue Regel sieht zum Beispiel mindestens fünf Jahre Erfahrung im öffentlichen Dienst vor. Die Kandidaten müssen zudem auch Kasachisch sprechen können und dürfen nicht an einer der 107 von den Behörden aufgeführten psychischen und physischen Krankheiten leiden. Jeder Kandidat muss vor der Wahl einen medizinischen und psychiatrischen Test durchführen, berichtet die Astana Times.
Die Frist, um sich zur Wahl registrieren zu lassen, war der 29. April. Von den zuerst acht Kandidaturen wurde eine von der Wahlkommission annuliert: Dschumataj Alijew von der Gruppierung „Halyk Demokratiasy“ verfüge nicht über ausreichende Kasachischkenntnisse. Novastan bietet einen Überblick darüber, was über die sieben rechtlichen Präsidentschaftsanwärter bekannt ist.
Kasym-Dschomart Tokajew, der offizielle Nachfolger
Er ist zweifellos der Favorit der Wahl. Der ehemalige Senatspräsident (2007-2011 und dann noch einmal 2013-2019), Kasym-Dschomart Tokajew, 65, wurde am 20. März gemäß der kasachstanischen Verfassung zum Interimspräsidenten ernannt. Am 23. April wurde er offiziell zum Kandidaten der Partei Nur-Otan ernannt, der Präsidentenpartei unter der Leitung von Nursultan Nasarbajew. Ein Rückhalt, der ihm den Weg zur Präsidentschaft zu ebnen scheint, noch bevor die Kampagne überhaupt begonnen hat.
Lest auch bei Novastan: Präsidentschaftswahlen in Kasachstan: Kassym-Dschomart Tokajew als Kandidat nominiert
Tatsächlich bietet seine Vergangenheit als Diplomat, insbesondere bei den Vereinten Nationen, und als Präsident des Senats, sowie die unfehlbare Unterstützung von Nasarbajew Tokajew eine starke politische Legitimität im Vergleich zu seinen Konkurrenten.
Danija Jespajewa, die erste Präsidentschaftskandidatin
Die Liberaldemokratische Partei Ak-Dschol hat am 24. April Danija Jespajewa als Kandidatin nominiert, berichtet das Online-Portal Vlast.kz. Die Abgeordnete des Unterhauses des kasachischen Parlaments (Madschilis) ist die erste Frau, die bei einer Präsidentschaftswahl in Kasachstan antritt.
Wie von der Astana Times beschrieben, hat Jespajewa, 58, früher als Ökonomin gearbeitet, insbesondere im Bankwesen. In ihrer Heimatregion Aktöbe im Westen des Landes stieg sie allmählich auf der Karriereleiter auf. Im Jahr 2008 wechselte sie in die Politik mit einem Sitz im Regionalparlament der Region Aktöbe, bevor sie 2016 ihren aktuellen Posten als Abgeordnete erhielt.
Ihr Wahlprogramm konzentriert sich auf Maßnahmen gegen die Korruption, die ihrer Meinung nach hauptsächlich von Männern organisiert wird. Für Jespajewa würde eine weibliche Präsidentschaft die Gerechtigkeit in der Politik wiederherzustellen und dem Klientelismus ein Ende setzen. Sie positioniert sich sowohl als Frau als auch als Mutter und möchte vor auf die Wünsche der kasachischen Frauen eingehen.
Ak-Dschol ist mit 7 Abgeordneten (von insgesamt 98 Sitzen) eine der drei im kasachischen Parlament vertretenen Parteien.
Sadyrbek Tugel, der Journalist
Der bereits am 22. April ernannte Sadybek Tugel war der erste Kandidat für das Präsidentenamt, berichtet Kazinform. Der derzeitige Präsident des Reitsportverbandes wird die republikanische Bewegung Uly Dala Qyrandary („Die Adler der großen Steppen“) vertreten.
Tugel, 64, wurde im Dorf Amangeldi, im Osten Kasachstans, geboren. Er wurde in den 1980er Jahren Journalist, bevor er zwischen 1988 und 1990 Politik studierte. Er hat als Pressesprecher gearbeitet, war zwischen 2002 und 2004 Leiter des Astana International Press Centre und leitete zwischen 2004 und 2005 auch eine Abteilung des kasachischen Senats. Sein politisches Programm ist nach wie vor unbekannt.
Dschambyl Achmetbekow, der wiederkehrende Kommunist
Der Stellvertreter und Sekretär des Zentralausschusses der Kommunistischen Partei Dschambyl Achmetbekow wurde am 26. April von seiner Partei zum Präsidentschaftskandidaten ernannt, berichtet Azattyq, die kasachische Ausgabe von Radio Free Europe. Seine Partei, neben Ak-Dschol und Nur-Otan eine der drei im Parlament vertretenen, hält derzeit sieben der 98 Mandate inne. Achmetbekow war bereits Kandidat bei der Präsidentschaftswahl 2011, wo er 1,36% der Stimmen erhielt. Bei der Präsidentschaftswahl 2015 landete die Kommunistische Partei mit 1,61% auf dem zweiten Platz, weit hinter den 97,75% für Nasarbajew.
Achmetbekow steht mit seinem Programm für eine stärkere Integration des Landes in die Eurasische Wirtschaftsunion und will die Armut bekämpfen. Der Kommunist möchte der ideologischen Linie der Kommunistischen Partei Kasachstans folgen, wonach die Gesellschaft auf Bürgern beruhen muss, die die bürgerlichen Freiheiten und den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt nutzen.
Toleutai Rachimbekow, der Ingenieur
Die Sozialdemokratische Partei Aul ernannte Toleutai Rachimbekow, den Präsidenten des Nationalen Zentrums für Agrarwissenschaft und Bildung, am 25. April als Präsidentschaftskandidaten. Dies berichtet das kasachische Medium Tengrinews. Rachimbekow, 55, arbeitete als Agraringenieur, bevor er in den 2000er Jahren in die Politik einstieg. Er war 2009 Berater des stellvertretenden Premierministers von Kasachstan, bevor er stellvertretender Gouverneur der Region Karagandy im Zentrum von Kasachstan wurde.
Rachimbekow erklärt, er wolle den Erwartungen in Bezug auf die Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen und die Unterstützung innovativer Technologien gerecht werden. Nach seiner Ernennung versicherte er, dass sein Hauptziel „die wirtschaftliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes, Patriotismus, Bildung und Gesundheitswesen“ sei, so Informburo. Darüber hinaus will Rachimbekow die kasachische und englische Sprache fördern.
Amangeldy Taspichow, ein auf Industrie spezialisierter Beamter
Am 24. April ernannte der Verband der kasachischen Gewerkschaften Amangeldy Taspichow als Kandidaten, schreibt die Astana Times. Taspichow, 59, aus Westkasachstan, hat einen Hintergrund als Industrieexperte. Er hat für das kasachische Industrieministerium und KazTransGazAimak gearbeitet.
Wie Azattyk beschreibt, war Taspichow auch im Parlament der Region Westkasachstan sowie im Senat und im Madschilis tätig. Sein Programm dreht sich vor allem um sozioökonomische und arbeitsrechtliche Fragen. Er positioniert sich als volksnaher Kandidat.
Amirdschan Kosanow, ein Kenner des existierenden Regimes
Als Vertreter der Bewegung Ult-Tagdyry wurde am 26. April Amirdschan Kosanow ernannt. Der 54-jährige Journalist ist heute Präsident von „Reform“, dem Zentrum für sozioökonomische und sozialpolitische Initiativen. Wie Azattyq berichtet, äußerte Kosanow starke Kritik an Tokajew und seinen „mächtigen administrativen Ressourcen“, ein Begriff, mit dem Wahlanweisungen für Firmenmitarbeiter und Beamte beschrieben werden. „Ich bin bereit für die Fernsehdebatten“, sagte er.
Kosanows politisches Programm ist auf den Technologietransfer ausgerichtet, so dass Kasachstan von ausländischen Direktinvestitionen profitieren kann.
Lola Couturieux
Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Florian Coppenrath
Noch mehr Zentralasien findet ihr auf unseren Social Media Kanälen, schaut mal vorbei bei Twitter, Facebook, Telegram, Linkedin oder Instagram. Für Zentralasien direkt in eurer Mailbox könnt ihr euch auch zu unserem wöchentlichen Newsletter anmelden.