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Gesichter Kirgistans: Der Begründer der kirgisischen Malerei Semjon Tschuikow

„Gesichter Kirgistans“ ist ein Projekt der kirgisischen Nachrichtenseite Limon.kg. Es will jene Menschen sichtbar machen, die das heutige Kirgistan, vor allem im Bereich der Kultur, beeinflusst haben. Novastan übersetzt folgenden Artikel mit freundlicher Genehmigung.

Tschujkow Die Tochter der Sowjetkirgisen
Die Tochter der Sowjetkirgisen, 1948

„Gesichter Kirgistans“ ist ein Projekt der kirgisischen Nachrichtenseite Limon.kg. Es will jene Menschen sichtbar machen, die das heutige Kirgistan, vor allem im Bereich der Kultur, beeinflusst haben. Novastan übersetzt folgenden Artikel mit freundlicher Genehmigung.

Der Name Semjon Afanassjewitsch Tschuikow steht für den Beginn der kirgisischen Malerei. Es war ein Verdienst Tschuikows, dass die erste Kunstgallerie in der Kirgisischen Republik entstand und erste Ausstellungen kirgisischer Künstler stattfinden konnten.

Semjon Tschuikow wurde am 30. Oktober 1902 in Bischkek (damals noch „Pischpek“ genannt) geboren. Seine Eltern waren russische Immigranten von der bäuerlichen Schicht. Sein Vater, Afanasi Tschuikow, war als Schreibkraft in einem Militärspital angestellt. Seine Mutter, Ewdokia Georgiewna, arbeitete im selben Krankenhaus als Wäscherin. Semjons Kindheit war durch extreme Armut geprägt. Sich selbst überlassen verschwand er oft für Tage, manchmal um mit kirgisischen Jungen in die Berge zu verschwinden und dort in ärmlichen, verrauchten Jurten kirgisische Volkslieder zu hören. Sein Sinn für die Schönheit war von der ihn umgebenden Natur geprägt: weite Steppen, majestätische Berglandschaften und das Rauschen der wilden Bergflüsse.

Erste Berührungen mit der Kunst

Im Alter von 10 Jahren kam Tschuikow zum ersten Mal mit Kunst in Kontakt unter der Führung des Künstlers Nikolaj Chludow, der an der Grundschule Kunst unterrichtete. 1920 wurde er Student an der Turkestan Kunsthochschule in Taschkent, wo er das Kunstleben einer Großstadt mit ihren Museen, Opernhäusern und Konservatorien kennenlernte. Auf der Universität schloss er bald lebenslange Freundschaften, unter anderem mit dem Maler Michail Kuprianow, und lernte seine spätere Frau E.A. Malevina kennen.

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1927 nahm er an der staatlichen Ausstellung „Kunst der Völker der UdSSR“ als Künstler aus Kirgistan teil. In den 1930er-Jahren war Tschuikow in zahlreiche Gründungsprojekte involviert. Er eröffnete ein Kunstmuseum, für das es ihm gelang, dutzende Arbeiten bedeutender russischer und sowjetischer Künstler zusammenzutragen. 1934 war er tatkräftig an der Organisation des kirgisischen Künsterverbandes beteiligt. 1935 wurde ein Kunststudio eröffnet, das die Basis für die 1939 gegründete Kunsthochschule sein sollte, die heute Tschuikows Namen trägt.

Die Nachkriegszeit und Tschuikows Goldene Periode

Um 1930 hatte Tschuikow schon sein außerordentliches Talent und ästhetisches Gespür bewiesen, indem er Landschaften und Portraits schuf, die aus den vollen Farben seines Heimatlandes schöpften. Ersten Rum verschaffte ihm seinen Zyklus „Kirgisische Kolchose“, dessen beste Bilder den traditionellen „ewig gültigen“ Charakter der Natur und des Landlebens einfangen, trotz des sowjetischen Beinamens „Kolchose“.

Sogar das letzte Bild des Zyklus, „Die Tochter der Sowjetkirgisen“ (1948), das die sowjetischen Massenmedien zu einem Propagandaplakat über den Triumph des Sozialismus in Zentralasien hochstilisierten, ist eigentlich nur eine frische und unvoreingenommene Studie eines ländlichen Schulmädchens vor dem Hintergrund weit entfernter Berge. Die Figur dieses Mädchens symbolisiert sowohl kurz und bündig als auch ausdrucksstark nicht den Sozialismus, sondern Kirgistan an sich.

Die Nachkriegszeit war die künstlerisch bedeutendste Periode in Tschuikows Schaffen. Einige seiner Gemälde brachten es zu enormer Beliebtheit. Die Ausstellung des Tschuikow-Hauses deckt mit außerordentlich viel Material die 60-jährige Wirkungszeit des Künstlers ab und zeigt somit auch die Entwicklung kirgisischer bildender Künste. Unter den Ausstellungsstücken sind Gemälde, Skizzen, Photographien, Dokumente, Briefe und persönliche Gegenstände, die von Verwandten gespendet wurden.

Der Hauptraum der Ausstellung ist das Studio des Künstlers. Im Zentrum steht die Arbeitsfläche mit einem handgemachten Tisch auf dem ein Pinsel und eine Farbpalette liegt. Auf der Staffelei hängt die erste Kohleskizze für das Gemälde „Die Tochter der Sowjetkirgisen“. Auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel hat dieses Gemälde, zusammen mit der „Hirtentochter“ die goldene Medaille gewonnen.

Das Semjon Afanassjewitsch Tschuikow- Museum

Das Semjon Tschuikow-Museum wurde am 25. August 1987 zum 85. Geburtstag des Künstlers eingerichtet. Während seiner Lebzeit ist Tschuikow vielmals ausgezeichnet worden, als Preisträger mehrerer staatlicher Auszeichnung der UdSSR und des Toktogul- Preises.

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Das Museum befindet sich in Tschuikows ehemaligen Studio, wo er von 1949 bis 1979 gelebt und gearbeitet hatte. Tschuikow war die Ausbildung seiner Assistenten ein großes Anliegen, er eröffnete eine Kunstschule und half Studierenden in Moskau und St. Petersburg. Einige wurden selber zu berühmten Künstlern, beispielsweise G. Aitijew, S. Akilbekow, D. Koschachmetow, A. Usubaliew und S. Schokmorow.

Unter den Gemälden und Skizzen, die in dem Museum gezeigt werden, sind: Junge mit Maiskolben, Mädchen in einem Schal, Badende Jungen, Stadtrand von Buchara, Akyn unter den Armen, Wildblumen. Diese Arbeiten haben alle gemeinsam, dass ihnen intensive Emotionen zugrunde liegen, ein Gefühl von Reinheit und Harmonie, sowie eine Idee von menschlicher Würde vermitteln.

Die 1950er und 1960er: Tschuikows große Reisen

Mit den Jahren gewann Tschuikows Stil mit seiner meisterlichen Beherrschung der Farbabstimmung und Bildgestaltung durch helle Farben immer mehr an Tiefe, ganz ähnlich dem Stil der Künstler der russischen Avant-Garde- Gruppe Karobube. Die Eindrücke zweier Reisen nach Indien spielten eine besonders bedeutende Rolle. Er veröffentlichte drei Bücher mit Reiseberichten und Memoiren: Bilder Indiens, Notizen des Künstlers und Italienisches Tagebuch.

In den 1950er und 1960er-Jahren reiste Tschuikow extensiv: nach Indien, Italien, Frankreich, Griechenland und Bulgarien. Er brachte eine Fülle an Materialien zurück nach Kirgistan, Studien, Bleistiftskizzen, vor allem aber eine lebendige und neue Perspektive auf unverwechselbare Aspekte des Lebens. Tschuikows Indien-Serie ist eine natürliche Fortführung seines Kirgistan-Themas. Sie porträtiert, mit beeindruckender Ehrlichkeit, das Leben einfacher Leute und zeigt somit ein Bild der Volksseele.

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Durch Tschuikows Bilder gelingt es uns visuell, die Beschaffenheit unserer Welt und das menschliche Bedürfnis für Glück und harmonischer Koexistenz zu begreifen- Licht und Freude. Zwei Werke der Serie „Vom Leben der Menschen in Indien“sind im Museum in Bischkek zu sehen: Warten und Newlyweds von der Unberührbaren Kaste. In diesen Werken schafft es der Künstler die innere Welt der Charaktere herauszuarbeiten.

1963 unternahm Tschuikow eine faszinierende Reise nach Italien. Er malte den Albano-See und die Via Appia (Die Appische Straße) und bildete Natur ab, die an jene Kirgistans erinnert. 1966 wurde das „Italienische Tagebuch“ veröffentlicht, voll mit Beobachtungen und lebendigen Skizzen.

Das Vermächtnis

Semjon Afassanewitsch Tschuikows Vermächtnis ist enorm. Seine Werke bereichern die ständige Sammlungen mehrerer großes Museen wie zum Beispiel der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau, des Staatlichen Museums für Orientalische Kunst in Moskau, des Staatliche Kunstmuseum Kirgistans, verschiedene Museun in Indien, sowie der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. In seinen Gemälden finden die Landschafts- und die Genremalerei in einem Werk zusammen.

Limon.kg

Aus dem Russischen von Lukas Dünser

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