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Zentralasien durch die Linse von… Timur Karpov

Mit "Zentralasien durch die Linse von..." präsentiert Novastan zentralasiatische Fotografinnen und Fotografen und ihre Arbeit.

Timur Karpov Aralsee Aralkum Muynaq Muinak
Touristen auf dem Schiffsfriedhof auf dem Grund des Aralsees in Muynaq, der einst einzigen Hafenstadt Usbekistans, in der vor allem Fischer lebten.

Mit „Zentralasien durch die Linse von…“ präsentiert Novastan zentralasiatische Fotografinnen und Fotografen und ihre Arbeit.

Der in Taschkent aufgewachsene usbekische Dokumentarfotograf Timur Karpov hat sich schon als Kind in die Fotografie verliebt und versucht, die unterschiedlichen Aspekte des Lebens in Usbekistan einzufangen, momentan etwa die Baumwollindustrie oder politische Gefangene.

Name: Timur Karpov

Alter: 29

Heimatstadt und -land: Taschkent, Usbekistan

Staatsangehörigkeit: Usbekisch

Timur Karpov Fotojournalist Usbekistan
Timur Karpov, usbekischer Fotojournalist.

Novastan: Warum hast du dich für Fotografie als dein Medium entschieden?

Timur Karpov: Ich bin in einer Familie von Fotografen und Regisseuren aufgewachsen – meine Mutter scherzt immer, dass ich schon Fotos und Filme gemacht habe, als ich noch in ihrem Bauch war. Obwohl ich immer schon unbewusst in Richtung Fotografie ging, ich in meiner Kindheit viel mit meiner Mutter bei ihren Shootings war und mit ihrer Kamera gespielt habe, wusste ich damals nicht, dass das einmal die große Leidenschaft meines Lebens werden würde. Als ich 14 Jahre alt war, bin ich allein in abgelegene Regionen Usbekistans gereist, meine Eltern gaben mir eine 5-Megapixel-Kamera mit, um Fotos zu machen. Dort bin ich auf eine Schäferfamilie gestoßen – das war zwar nichts Neues für mich, aber dort allein mit ihnen zu sein, mit ihnen zu sprechen und Fotos zu machen, war etwas so Außergewöhnliches für mich, dass es mich seitdem nicht mehr losgelassen hat.

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Damals hatte ich noch ganz andere Interessen, ich konnte mir noch nicht vorstellen, dass die Fotografie mich einmal zu so wunderbaren Menschen und Orten führen würde. Zu dieser Zeit ging es mir darum, die Geschichten anderer Menschen zu zeigen, heute sind Fotografie und andere visuelle Medien für mich eine Sprache, um meine Geschichten und meine Beziehungen mit dem Ort zu teilen, an dem ich geboren bin und lebe.

Wie reagieren Menschen in deinem Heimatland auf deine Fotos?

Das kommt darauf an, welche soziale Gruppe mit meinen Werken interagiert. Junge und hippe Leute aus Taschkent freuen sich generell über meine Arbeiten. Professionelle aus älteren Generationen sind meistens noch stark sowjetisch geprägt und interessieren sich nicht für meine Arbeiten. Die Behörden sind mit meinen Arbeiten alles andere als glücklich, weil sie nicht zu ihrem Verständnis von Schönheit und Wahrheit passen. Was alle anderen Menschen angeht, haben die meisten einfach keine Möglichkeiten, Fotografie zu sehen, weil es keinen Raum für Fotografie in Usbekistan gibt, solange es nicht positive, schöne Landschaftsfotos oder Porträts sind.

Was ist dein derzeitiges oder nächstes Projekt?

Gerade arbeite ich an drei Dokumentarfotografie-Projekten, die mich sehr beschäftigen: Baumwollindustrie und Zwangsarbeit, politische Gefangene und die Wasserproblematik in Zentralasien. Daneben habe ich immer einige kleine künstlerische Serien, zum Beispiel gerade über usbekische Inneneinrichtung und die Fleischkultur.

Welches Foto, das du selbst geschossen hast, magst du am liebsten?

Diese Frage ist wahrscheinlich für jeden Künstler schwer zu beantworten, aber es gibt ein aktuelles Foto, das mir viel bedeutet. Das Foto zeigt die Wüste Aralkum, den Grund des Aralsees, der einmal von 10 bis 15 Metern Wasser bedeckt und voller Leben war – jetzt gibt es dort quasi nichts mehr. Das kann ich immer noch nicht fassen. Ich war in diesem Moment auch an einem sehr schwierigen Punkt in meinem Leben, wusste nicht, wohin ich gehen sollte oder was ich tun sollte, fühlte mich verzweifelt und verloren. Die Landschaft reflektierte für mich genau das, was mit mir passierte. Danach fing ich an, mehr über Karakalpakstan zu arbeiten und die Grunde für die Austrocknung des Aralsees zu erforschen.

Womit verbringst du deine Zeit neben der Fotografie?

Ich arbeite auch noch als Kameramann und Producer, bilde mich als Dokumentarfilmer weiter, bin als Aktivist tätig und natürlich reise ich sehr viel.

Wir zeigen euch eine Auswahl von aktuellen Fotos von Timur Karpov. Für mehr Bilder folgt ihm auf Instagram:  @timur_karpov

Timur Karpov Seidenraupen Usbekistan
In einer Art improvisiertem Inkubator setzt Nuriddin Blätter auf seine Seidenraupen, damit diese wachsen können.
Nukus Timur Karpov Usbekistan
Eine Frau auf ihrem Heimweg in Nukus, Usbekistan.
Fußball Muinak Usbekistan Timur Karpov Aralsee
Kinder spielen auf einer Straße in Moynaq Fußball. Die Stadt in Karakalpakstan, einer autonomen Republik im Westen Usbekistans, lag noch vor einigen Jahren am Ufer des Aralsees.
Timur Karpov Nukus Usbekistan Karakalpakstan
Ein Hochzeitspaar fährt zur Feier der Hochzeit auf einem Schwanenboot in Nukus in Karakalpakstan, einer der trockensten Regionen des Landes.
Timur Karpov Moynaq Muinak Usbekistan
Kurpachas, die traditionellen usbekische Matten, von denen jeder Haushalt eine Menge besitzt, trocknen in Moynaq in Karakalpakstan in der Sonne.
Selfies Tourismus Timur Karpov Aralsee Usbekistan Muynaq Muinak
Der Schiffsfriedhof auf dem Grund des Aralsees in Muynaq zieht mittlerweile auch zahlreiche Inlandstouristen an.
Timur Karpov Aralsee Aralkum Muynaq Muinak
Touristen auf dem Schiffsfriedhof auf dem Grund des Aralsees in Muynaq, der einst einzigen Hafenstadt Usbekistans, in der vor allem Fischer lebten.
Timur Karpov Fischer Usbekistan Karakalpakstan Sudochye-See
Ein Fischer auf dem Sudochye-See in Karakalpakstan, einer autonomen Region im Westen Usbekistans. Wie auch den Aralsee versorgte der Amudarya diesen See früher mit Wasser. Mittlerweile hat sich auch der Sudochye-See deutlich verkleinert und in mehrere kleine Reservoirs aufgeteilt.

Interview und Übersetzung ins Deutsche: Annkatrin Müller

Ihr kennt zentralasiatische Fotografinnen oder Fotografen und bewundert ihre Arbeit? Schickt uns ihre Namen oder ihren Instagram-Account an info@novastan.org und wir veröffentlichen sie in unserer Serie. 

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