Der Morgen vieler Bürger begann einst mit dem Kauf einer Zeitung. Heutzutage verringert sich die Zahl der Kioske. Von Jahr zu Jahr beobachten Zeitungsverkäufer auf der ganzen Welt, wie die Menschen das Interesse an den Printmedien verlieren. Das globale Zeitungssterben ist auch in Usbekistan ein Begriff. Davon handelt die Fotoreportage von Suma Mirsaliewa, in der sie einige Zeitungsverkäufer der ihrer Heimatstadt Taschkent portraitiert. Aus Lizenzgründen sind ihre Fotografien lediglich im russischsprachigen Originalartikel von gazeta.uz zu sehen. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Früher fand man die hellblauen Buden mit der Aufschrift „Matbuot“ (‚Presse‘, Anm. d. Red.), die nur so mit Zeitungen übersät waren, an vielen Straßen, Bushaltestellen und an U-Bahn Eingängen der Stadt Taschkent. Seit ich denken kann, stand auch in der Nähe meines Wohnhauses ebenfalls einer, bis ich neulich festgestellt habe, dass es ihn nicht mehr gibt.
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Als ich Großbritannien lebte, kam es mir so vor, dass die Printmedien zeitlos seien, ein Symbol der Autorität und ein Instrument des Marketings, die den Wiedererkennungswert einer Marke innehalten. Obwohl Fernsehen und Internet dazu beitrugen, dass die Popularität der Printmedien schwindet, kaufen die Menschen in Europa immer noch aktiv Zeitungen. In öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Parkbänken vertreiben sich Bürger nach wie vor ihre Zeit mit einem Journal in der Hand.
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In den USA, Russland und Europa werden in den Kiosks Wasser, Schokoladenriegel, Schreibwaren und sogar Lotterielose verkauft. Doch im Großen und Ganzen weichen sie nicht von ihrer eigentlichen Funktion der Verbreitung von Printmedien ab. In Usbekistan gehören die Kioske der Aktiengesellschaft „Matbuot Tarqatuvchi Joint Stock Company“. Heute zählt man im ganzen Land nur noch 620 solcher Buden, 127 von ihnen befinden sich in Taschkent. Im vorigen Jahr gab es in der Hauptstadt noch 149 solcher Kioske. Auf der Webseite des Unternehmens wird betont, dass „Matbuot Tarqutuvchi“ eine führende Rolle in der Verbreitung der Printmedien einnimmt. Der Abokatalog des Unternehmens hat eine Auflagenhöhe von 3000 Exemplaren. Das Unternehmen erschließt sich stets neue Formen der Abonnements.
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Da es sich für das Unternehmen nicht rentiert, die Kioske selbst zu betreiben, werden sie für 200 Tausend Sum (ca. 15€, Anm. d. Red.) pro Monat vermietet. Laut eines Mitarbeiters der Wirtschaftsabteilung für Analysen und Statistiken, sei es für Unternehmer nicht vorteilhaft, einen Kiosk zu mieten; aufgrund der hohen Abgaben von etwa 800 Tausend Sum (ca. 63€, Anm d. Red.) pro Monat. Man hofft sich, dass die Steuern für Unternehmer gesenkt werden und das Betreiben eines Kiosks zu einer attraktiveren Investition entwickelt. Ich stelle fest, dass die Zahl der Kioskbuden sich in unserem Land jedes Jahr verringert. Aus diesem Grund wollte ich erfahren, wer diese Menschen sind, die Zeitungen verkaufen und an wen sie verkaufen.
Portraits dreier Zeitungsverkäufer: Avazbek Aka, Alisher Aka und Mashhura Apa
Avazbek Aka arbeitet in einem Kiosk am nahegelegenen Alai-Basar. Zeitungen gibt es in seinem Kiosk viele. Außerdem verkauft er allerlei Krimskrams: Pappschachbrettchen und Aufkleber, Haarspangen und Rasierer, Taschenlampen und Schlüsselanhänger. Auch kleine Schreibwaren sind gefragt. Stolz sitzt er hinter seinem Verkaufsfenster. Tee und Kaffee stehen in Thermoskannen seinen durstigen Kunden bereit. Gerne überfliegt er auch selbst seine Zeitungen, bevor er sie verkauft.
Avazbek Aka erzählt, dass Zeitungen nunmehr kaum noch gekauft werden. Für die einen sind sie zu teuer (eine Zeitung in Usbekistan kostet im Schnitt 4.500 Sums, ca. 0,35€, Anm. d. Red.). Für die anderen ist der Inhalt und die Aufmachung qualitativ nicht zufriedenstellend. Dabei sind die russischsprachigen Zeitungen schneller vergriffen und das, obwohl sie durchschnittliche teurer sind als die usbekischen. Avazbek Aka erklärt mir, ein Umsatz von 100.000 Sum (ca. 7,90€, Anm. d. Red.) täglich gelte als gut.
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Von Avazbek Akas Kiosk schlendere ich durch die Stadt und treffe auf Alisher Aka und seinen Kiosk an einer Bushaltestelle in der Nähe des „Grand Mir“ Hotels. Er lässt sich gerne fotografieren und hat über das Leben und die Arbeit nichts zu beklagen. Er trinkt stillschweigend seinen Tee, seine Kanne steht zum Nachgießen stets griffbereit. Seine Fließjacke hält ihn an kalten Tagen warm. Auch in seinem Kioskhäuschen trägt Alisher Aka in diesen Tagen pflichtbewusst eine Gesichtsmaske.
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Ich bedanke mich für unsere Unterhaltung und folge der Shota-Rustaveli-Straße weiter in Richtung Süden. An der Kreuzung der Bratislaver Straße betreibt Mashhura Apa schon seit 15 Jahren ihren Kiosk. Sie klagt darüber, dass die jungen Menschen überhaupt keine Zeitungen kaufen. Nun fragen auch nicht einmal die Erwachsenen regelmäßig mehr nach ihnen. Erwartungsvoll sitzt auch sie hinter dem Verkaufsfenster ihres Standes. Blättert sie nicht in ihren Zeitungen, setzt Mashhura Apa ihre Brille ab und beobachtet die vorbeiziehenden Passanten. Gut sichtbar hat sie Schulhefte, Buntstifte und Weingummi in ihrem Laden positioniert – die Schüler des nahegelegenen Lyzeums scheinen durchaus Bedarf an Mashhura Apas nichtjournalistischen Waren zu haben.
Suma Mirsaliewa für gazeta.uz
Aus dem Russischen von Vlada Brelenko
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