Usbekistan bereitet sich auf die Entwicklung einer ökologischen Landwirtschaft, die internationalen Standards entspricht, vor, um dadurch seine Exporte steigern zu können. Bis spätestens Januar 2021 möchte Taschkent politische Maßnahmen umsetzen, um bis 2025 eine Gesundheitszertifizierung erhalten zu können. Der folgende Artikel erschien im vergangenen Mai bei unseren KollegInnen von Novastan France.
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Seit 2016 arbeitet Usbekistan in Zusammenarbeit mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sowie der Weltbank daran, sein Wasser- und Bodenressourcenmanagement zu verbessern, um die landwirtschaftliche Produktion zu steigern. Am 18. Mai markierte der usbekische Präsident Shavkat Mirziyoyev eine neue Etappe, indem er ein Dekret zur Entwicklung einer ökologischen landwirtschaftlichen Produktion in Übereinstimmung mit internationalen Anforderungen unterzeichnete, wie die usbekische Onlinezeitung Pv.uz berichtete. Dieses Dekret zielt darauf ab, die ökologische Landwirtschaft mithilfe von staatlichen Strukturen und unter Schirmherrschaft des Landwirtschaftsministeriums neuzuorganisieren.
Die Landwirtschaft, die in letzter Zeit einen Aufschwung durch Expansion und Diversifizierung erfuhr, spielt für die usbekische Wirtschaft eine wesentliche Rolle. Der Sektor beschäftigt 27% der Arbeitskräfte und trägt nach Angaben der Weltbank (2019) 30% zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Die Brutto-Agrarproduktion stieg zwischen 2016 und 2019 um 171,2 Prozent, vor allem durch Obst und Gemüse, Vieh, Holz und Fisch. Im Jahr 2016 machten die Obst- und Gemüseexporte mehr als 50% der Agrarexporteinnahmen aus und sind nun im Vergleich zu 2016 um das 1,5-fache gestiegen. Somit hätte Usbekistan seine autarke Produktionskapazität sowie sein Exportpotential unter Beweis gestellt.
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In Einklang mit ihrer landwirtschaftlichen Entwicklungsstrategie für den Zeitraum 2020-2030 arbeiten die usbekischen Behörden daran, sich durch die Einhaltung von Gesundheits- und Lebensmittelstandards an die internationalen Märkte anzupassen. Es wurde daher beschlossen, sich an den durch die globale G.A.P.-Zertifizierung (Good Agriculture Practices) garantierten guten Praktiken zu orientieren, um die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Tätigkeiten auf Umwelt und Gesundheit zu reduzieren und die Verwendung künstlicher Produkte auszuschließen. Global G.A.P. ist ein privates Referenzsystem, das aus einer europäischen Initiative Ende der 1990er Jahre hervorgegangen ist, um die Qualität und Rückverfolgbarkeit der Produkte für die Verbraucher zu garantieren. Diese Zertifizierung wird laut der Website von Global G.A.P. als Eintrittskarte für den Weltmarkt angesehen.
Mit der Verabschiedung dieser neuen Maßnahmen werden drei Ziele als Prioritäten für Taschkent angestrebt: die Umwandlung landwirtschaftlicher Aktivitäten durch verantwortungsbewusste Herangehensweisen bis 2025, die Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten landwirtschaftlichen Potenzials unter Einhaltung der Standards sowie die Steigerung der Exporte. Gelingt es dem gesamten Agrarsektor, diese Anforderungen an Rückverfolgbarkeit und Sicherheit zu erfüllen, könnte Usbekistan innerhalb von fünf Jahren das Global G.A.P.-Zertifikat verliehen werden, was ihm den Weg zu den Weltmärkten ebnen würde.
Neue politische, technologische und sanitäre Pläne für den Agrarsektor
Das Präsidialdekret legt den politischen Grundstein dieser Reform. Eine rasche und allgemeine Inangriffnahme scheint vorgesehen zu sein. Neben der Landwirtschaft sind auch die Sektoren Innovation, Gesundheit, Bildung und Verwaltung beteiligt, als dass entsprechende Institutionen in dem vom usbekischen Präsidenten unterzeichneten Dokument aufgeführt sind.
Ab dem 1. Oktober 2020 wird ein Gesetz die gute landwirtschaftliche Praxis auf Grundlage der entsprechenden internationalen Standards regeln. Nichteinhaltung dieser Maßnahmen wird unter Strafe gestellt.
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Laut Dekret sollte auf Regierungsebene das Landwirtschaftsministerium ab Mitte Juni dieses Jahres über eine neue Abteilung verfügen, die für die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft und guter landwirtschaftlicher Praxis zuständig sein wird. Zusammen mit dem Ministerium für Entwicklung und Innovation soll sie Fünfjahresprogramme für die Produktion, Lagerung, Verarbeitung und Verpackung von Bioprodukten und die Entwicklung der Produktion von Biopflanzensamen ausarbeiten. Darüber, ob die Abteilung inzwischen tatsächlich eingerichtet wurde, gibt es keine aktuellen Meldungen.
Eine Premiere in Zentralasien
Hinsichtlich dieser Veränderungen wird es notwendig sein, Fachleute auszubilden, die sich auf die ökologische landwirtschaftliche Produktion, Lagerung und Verarbeitung spezialisieren. In diesem Zusammenhang wird ab Beginn des akademischen Jahres 2021 ein neuer Studiengang an der Agraruniversität Taschkent angeboten.
Zudem werden die Forschungslabors im Agrarsektor bis Ende 2020 mit der High-Tech-Ausrüstung ausgestattet sein, die für die weitere Erforschung von biologischen Pflanzensamen erforderlich ist. Darüber hinaus wird ein Komplex spezieller Prüflaboratorien für landwirtschaftliche Standards gebaut, der durch ein Darlehen der Weltbank finanziert wird, um die Landwirtschaft zu modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Diese Einrichtung soll die Anforderungen der Global G.A.P. erfüllen.
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Aus wirtschaftspolitischer Sicht muss die Agentur Uzstandard zusammen mit anderen staatlichen Strukturen innerhalb eines Monats einen Aktionsplan zur Verbesserung des Handels mit der Europäischen Union in Übereinstimmung mit den Anforderungen des „Codex Alimentarius“ der FAO entwickeln.
Letztendlich müssen die Reformen noch evaluiert und überwacht werden. Die nationale Inspektionsbehörde muss in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium vor allem für Exportprodukte eine Liste von ökologischen Produktionsmethoden und -mitteln erstellen. Alles in allem scheint Usbekistan auf dem richtigen Weg zu sein, der erste Staat in Zentralasien zu werden, der die ökologische Landwirtschaft derart systematisch fördert.
Malaurie Le Bail, Journalisten für Novastan France
Aus dem Französischen von Elisabeth Rudolph
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