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Usbekischen Kunstwerken steht „spirituelle“ Überprüfung bevor

Der Direktor des Republikanischen Zentrums für Spiritualität und Aufklärung in Usbekistan, Otabek Hassanov, plant die Gründung einer Expertengruppe, die künstlerische Produktionen nach noch unklaren spirituellen Kriterien bewerten soll. Blogger sind besorgt und fürchten eine Zensur der Kunstindustrie.

In Usbekistan soll ein Expertenrat eingerichtet werden, der die spirituelle Qualität von Kunstproduktionen beurteilen soll (Illustration). Foto: Nicole Broetto / Pexels.

Der Direktor des Republikanischen Zentrums für Spiritualität und Aufklärung in Usbekistan, Otabek Hassanov, plant die Gründung einer Expertengruppe, die künstlerische Produktionen nach noch unklaren spirituellen Kriterien bewerten soll. Blogger sind besorgt und fürchten eine Zensur der Kunstindustrie.

Am 9. November erklärte Otabek Hassanov, der Leiter des Zentrums für Spiritualität und Aufklärung, auf seiner Telegram-Seite, dass ein Expertenausschuss eingerichtet werden soll. Dieser soll prüfen, ob Filme, Serien, Cartoons und Musikvideos mit der Staatspolitik, den nationalen Werten und moralischen Kriterien konform sind.

Genauere Details zu dieser Expertengruppe sind noch unklar. Laut dem YouTube-Kanal des usbekischen Mediums Kun soll sie aus einem künstlerischen Rat sowie aus Vertretern der Republik bestehen, die „Empfehlungen“ an die Medien aussprechen sollen. Ihre Aufgabe wird es sein, die Wirkung der Inhalte auf die Jugend zu bewerten und dabei sicherzustellen, dass die Produktionen nicht in den Bereich der „unmoralischen oder obszönen Propaganda“ fallen, so das usbekische Medium Hook. Diese Prüfung wird sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Produktionen eingeführt.

Nach sehr gemischten Reaktionen in den sozialen Medien hat das Republikanische Zentrum für Spiritualität und Aufklärung auf seinen Entwurf für eine spirituelle Prüfung reagiert, merkt Kun an. Die Pressestelle versichert, dass dieses Projekt kein Zensurinstrument sein werde, da die Expertengruppe lediglich Empfehlungen ausspräche. Außerdem würde das Projekt usbekischen Eltern entgegenkommen, die befürchten, dass die jüngere Generation von unmoralischen Medieninhalten beeinflusst würde.

Eine Frage der Meinungs- und Kunstfreiheit

Obwohl mit dem Amtsantritt von Schawkat Mirsijojew im Jahr 2016 eine leichte Brise der Freiheit in Presse und Kunstindustrie hereinzog, ist die Lage nach wie vor bedenklich. In der Rangliste der Pressefreiheit 2024 von Reporter ohne Grenzen ist Usbekistan um 11 Plätze auf den 148. Platz abgerutscht. Grund dafür sind die Hürden und Gefahren, denen sich unabhängige Journalisten und Blogger aussetzen, sowie der Einfluss der Regierung auf die Medien.

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Die spirituelle Überprüfung findet vor diesem Hintergrund der Unterdrückung von Bloggern und Kunstschaffenden statt. Hook berichtet von zwei Bloggern, die wegen eines Videoclips zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt wurden, da das Strafgericht des Bezirks Yunusabad in Taschkent diesen als „obszön und verunglimpfend“ eingestuft hatte. Die beiden Blogger, Kamal Yussupov und Abror Gulyamov, inszenierten sich als Sexarbeiterinnen eingebettet in einem komödiantischen Handlungsstrang.

Der Clip begann mit einem Warnhinweis: „Die Autoren wollen weder zum Handeln aufrufen noch ihre eigene Meinung in den Vordergrund stellen. Das Video wurde ausschließlich zu humoristischen Zwecken erstellt und enthält keine LGBT-Propaganda. Wir sind gegen Tabak, Alkohol und Drogen. Das Video kann anstößige Sprache enthalten. Altersbeschränkung 18+. Wenn Sie dieses Video weiter ansehen, bestätigen Sie, über diese Bedingungen informiert worden zu sein und ihnen zu zustimmen“. Trotz allem wurden die Blogger wegen sittenwidrigen Verhaltens verurteilt.

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Die mediale Resonanz war enorm. Einige sehen darin eine Möglichkeit, traditionelle Werte und die jüngere Generation zu schützen, während andere darin eine klare Zensur sehen, stellt das usbekische Medium Nuz fest.

Insider.uz hält dieses Projekt für einen Hebel der Unterdrückung, der den Mitgliedern ermöglicht, ihre eigene Voreingenommenheit maßgeblich miteinzubringen. Die Expertengruppe könnte beispielsweise Inhalte, die mehr Frauenrechte fordern, aussortieren oder Verfassungsgrundsätze nach Belieben uminterpretieren.

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Die Artikel 12 und 82 der usbekischen Verfassung gehen auf genau die Zweifel an Zensur und Staatsideologie ein und sichern Meinungs- und Pressefreiheit. „In der Republik Usbekistan soll sich das öffentliche Leben auf der Grundlage der Vielfalt der politischen Institutionen, Ideologien und Meinungen entwickeln. Keine Ideologie darf zur Staatsideologie erhoben werden. […] Zensur ist nicht erlaubt. Die Behinderung oder Einmischung in die Tätigkeit der Medien zieht die Haftung gemäß dem Gesetz nach sich.“

Mathias Iochum für Novastan

Aus dem Französischen von Arthur Siavash Klischat

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