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Proteste in Karakalpakstan: Taschkent schafft Ordnung durch Gewalt

Nach Protesten gegen die vorgeschlagene Verfassungsänderung, die eine Bedrohung für die Autonomie der Republik Karakalpakstan bedeutet hätte, hat Usbekistans Präsident den Sicherheitskräften volle Handlungsfreiheit gegeben, um die Ordnung wiederherzustellen und die Protestbewegung aufzuhalten.

Proteste in Karakalpakstan
Proteste in Karakalpakstan

Nach Protesten gegen die vorgeschlagene Verfassungsänderung, die eine Bedrohung für die Autonomie der Republik Karakalpakstan bedeutet hätte, hat Usbekistans Präsident den Sicherheitskräften volle Handlungsfreiheit gegeben, um die Ordnung wiederherzustellen und die Protestbewegung aufzuhalten.

Am 2. Juli hat Usbekistans Präsident Shavkat Mirziyoyev den Ausnahmezustand für Karakalpakstan ausgerufen. Dies berichtet Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst des amerikanischen Medienunternehmens Radio Free Europe. Ende Juni war in Nukus, der Hauptstadt Karakalpakstans, eine Welle der Proteste gegen eine von der usbekischen Regierung eingebrachte Verfassungsreform ausgebrochen.

Die Reform zielte darauf ab, aus der Verfassung zu streichen, dass die der autonomen Republik ein Referendum über ihre Unabhängigkeit abhalten kann. Die Bevölkerung in Nukus stellte sich gegen eine solche Entwicklung und ging in großer Zahl auf der Straße. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Gewalt: Wie das usbekische Nachrichtenportal Gazeta.uz berichtete, kamen nach offiziellen Angaben 18 Personen ums Leben, 240 wurden verletzt.

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Alisher Ilhamov, Politikwissenschaftler und Direktor der Central Asia Due Diligence, kommentierte das Geschehene gegenüber Radio Ozodlik, folgendermaßen: „Shavkat Mirziyoyev hat beschlossen schnell und brutal zu handeln und den Sicherheitskräften freie Hand für die Anwendung von Gewalt gegeben.“

Blockiertes Internet

Obwohl das usbekische Parlament am 4. Juli die Entscheidung traf, den Vorschlag zurückzuziehen und die Souveränität Karakalpakstans aufrechtzuerhalten, gingen die Proteste zunächst weiter. Laut Alisher Ilhamov sei eine Dynamik des Protests entstanden und es brauche Zeit, um zur Normalität zurückzukehren.

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Der Ausnahmezustand wurde für den Zeitraum vom 3. Juli bis zum 2. August verhängt. Jedoch wurden nach Angaben von Radio Ozodlik am 5. Juli schon 110 Festnahmen von Personen gemeldet, welche die Bestimmungen des Ausnahmezustands oder der Ausgangssperre nicht eingehalten hatten. Darüber hinaus berichtet Radio Ozodlik, dass am 6. Juli ein Teil der Verhafteten in benachbarte Regionen Usbekistans transportiert wurde.

Wie Gazeta.uz berichtet, ist auch der Zugang zum Internet ist nur eingeschränkt oder gar nicht vorhanden. So dauert es beispielsweise normalerweise einige Sekunden, eine Nachricht über Telegram zu versenden: Während der Proteste waren zwischen 10 und 30 Minuten. Die meisten Geschäfte haben immer noch geschlossen und die Geldautomaten funktionieren nur mit Internet. Einwohner:innen, die aufgrund des fehlenden Internets stark eingeschränkt sind, müssen durch illegales Taxifahren Geld verdienen. Sie nehmen dabei hohe Bußgelder in Kauf. Ohne auf die politischen Ereignisse einzugehen, erklärten einige Netzbetreiber den Ausfall des Internets mit „hohen Temperaturen“.

Internationale Organisationen fordern unabhängige Untersuchung

Am 5. Juli veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ein Statement, in dem sie die usbekischen Behörden zur Rechenschaft aufforderte: „Die Behörden müssen dringend offenlegen, was genau in Nukus geschehen ist. Sie müssen eine unparteiische, unabhängige und gründliche Untersuchung der Gewaltanwendung gegen die Demonstrienden in Auftrag geben und dafür sorgen, dass die Verantwortlichen in angemessenen Verfahren zur Verantwortung gezogen werden.“ Auch die Europäische Union forderte am 4. Juli eine unabhängige Untersuchung der während und nach den Demonstrationen angewendeten Gewalt.

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Die von Radio Ozodolik interviewte Menschenrechtsaktivistin Nadejda Atayeva ist der Ansicht, dass „aufgrund der Position Usbekistans im UN-Menschenrechtsrat und des Wunsches von Shavkat Mirziyoyev, ein positives Bild bei der internationalen Gemeinschaft zu erzeugen,  er dazu verpflichtet [ist], unabhängigen internationalen Expert:innen die Untersuchung der Ereignisse in Karakalpakistan zu ermöglichen und zu überlassen.“

Blutige Proteste, die hätten verhindert werden können

Atayeva weist darauf hin, dass die Tragödie nicht unvermeidbar gewesen ist. Sie erklärt, dass „diese tragischen Ereignisse zu verhindern gewesen wären, wenn die Regierung Usbekistans ein nationales soziales Unterstützungsprogramm erarbeitet hätte. Darüber hinaus müsste die Politik der usbekischen Regierung gegen die Diskriminierung der Bewohner:innen Karakalpakstans vorgehen.“ Tatsächlich ist Karakalpakistan eine der ärmsten Regionen des Landes und seine Bewohner:innen gehören einer ethnischen Minderheit an, die in vielen Kontexten weniger privilegiert ist.

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Es besteht die Vermutung, dass die Ereignisse durch Probleme im usbekischen Staatssystem verursacht wurden, wie unter anderem auch Gazeta.uz erklärt. Die politische Klasse Usbekistans habe Probleme bei der Kommunikation mit der Bevölkerung und unternehme nicht genug, um sie zu erreichen.

 Claire du Verdier Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Flavia Gerner

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