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Die ersten Russen in Tadschikistan – die Geschichte der großen Migration

Das Buch „Die Russen in Tadschikistan“ erschien bereits 2008 in Chudschand. Es erzählt von den ersten Russen in Tadschikistan und ihrer Rolle bei der Entwicklung des tadschikischen Staates. Folgender Artikel erschien im Juli 2020 im russischen Original bei Asia-Plus. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Russen in Tadschikistan / Gafura Shermatova/Asia-Plus

Das Buch „Die Russen in Tadschikistan“ erschien bereits 2008 in Chudschand. Es erzählt von den ersten Russen in Tadschikistan und ihrer Rolle bei der Entwicklung des tadschikischen Staates. Folgender Artikel erschien im Juli 2020 im russischen Original bei Asia-Plus. Wir übersetzen ihn mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Die Geschichte der ersten Russen in Tadschikistan reicht bis in die 1860er Jahre zurück. Die nördlichen Gebiete Tadschikistans wurden 1866 vom Russischen Kaiserreich annektiert –  zur Zeit des Krieges zwischen Russland und dem Emirat Buchara.

Zuvor hatte Muzaffar, Emir von Buchara und von Kokand und Chodschent (heute Chudschand), die russische Gesandtschaft festgenommen und sieben Monate gefangen gehalten. Dieses war nur eines von vielen historischen Ereignissen, die Russlands offensive Politik in dieser Region förderten. 

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Der Anführer der russischen Truppen, Generalmajor D.I. Romanowskij, schickte Briefe und Flugblätter an die Zivilbevölkerung von Chodschent, um diese zu beschwichtigen und dazu aufzurufen, keinen Widerstand zu leisten. Nichtsdestotrotz empfing die Festung von Chodschent die Russen mit Schüssen. 

Die Belagerung der Festung dauerte fünf Tage, bevor es der russischen Seite gelang, Chodschent einzunehmen. Im Zuge der Angriffe wurde außerdem die Stadt Ura-Tjube (das heutige Istarawschan) belagert und erobert. 1868 wurde im letzten Krieg zwischen Russland und dem Emirat Buchara Pendschikent eingenommen und in den Kreis Serafschan des Russischen Kaiserreiches eingegliedert. 

Wie die Region Ferghana entstand

1876 entstand auf dem Gebiet des praktisch zerfallenen und von russischer Seite annektierten Khanats Kokand die Oblast Ferghana. Damals gingen die restlichen Gebiete des heutigen nördlichen Tadschikistans – Schaidon, Isfara, Kanibadam – an Russland über. Folglich war das Schicksal der dortigen Bevölkerung über viele Jahre eng mit dem historischen Schicksal Russlands verbunden. 

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Der Einfluss der russischen Bevölkerung auf das Leben der Menschen in dieser Gegend und die damit verbundenen Veränderungen spielten für die Entwicklung Tadschikistans eine maßgebliche Rolle. Die aktive Migrationspolitik Ende des 19. Jahrhunderts begünstigte den Zuzug vieler Russen in den Norden Tadschikistans, vor allem in die Gegend um Chodschent. Die meisten von ihnen waren Orenburger Kosaken oder stammten aus den zentralen Gebieten des Russischen Kaiserreichs. 

Die Grenze des heutigen südlichen Tadschikistans wurde 1873 durch ein Abkommen zwischen Großbritannien und dem Russischen Kaiserreich festgelegt. Diese Vereinbarung regelte die Einflusssphären am Fluss Pandsch. 1895 – im Jahr, in dem der Pamir an das Russische Imperium abgetreten wurde – stand schließlich die endgültige Grenze fest.

General Ionow und die Russen am Pamir

Dabei gewann die Präsenz der Russen am Pamir schon viel früher an Bedeutung, und zwar durch zwei Feldzüge unter dem Kommando von Michail Ionow. Der General ging als Beschützer der dort ansässigen Bevölkerung vor den afghanischen Raubüberfällen in die Geschichte ein, bei denen die Gebirgsbewohner bestohlen und das Vieh vertrieben wurde. Einer dieser Überfälle, bei dem afghanische Truppen nach der Überquerung des Pandsch die Kischlaks – dir traditionellen Dörfer in Zentralasien – am rechten Flussufer einnahmen, zwang die Bewohner zur Flucht, sodass eine Entvölkerung der Dörfer drohte. 

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Um diesen Angriffen auf den Pamir ein Ende zu setzen, wurde mit der Genehmigung von St. Petersburg eine Truppe unter dem Kommando von Ionow dorthin entsandt. Die afghanischen Truppen mussten Schugnan verlassen und die Bevölkerung kehrte in ihre Wohngebiete zurück. Noch heute verbindet man am Pamir den Namen Ionows mit der Rettung vor afghanischen Eroberungszügen. 

Ab 1895 wurden russische Grenzkontrollen zum Schutz der örtlichen Bevölkerung eingeführt. Siedlungen für russische Zivilisten gab es am Pamir aber weder vor 1917 noch zur Zeit der Sowjetunion. Es waren jedoch russische Grenzbeamte, die die Entwicklung der Gebirgsregion vorantrieben und diese nach außen hin schützten. 

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Was die zentralen und südlichen Gebiete Tadschikistans betrifft, so kamen diese erst etwas später zu Russland. Sie wurden Teil der Volksrepublik Buchara. 1922 eroberte die Rote Armee Djuschambe (das heutige Duschanbe) im Kampf gegen Enver Pascha, den ehemaligen Oberbefehlshaber der türkischen Armee im ersten Weltkrieg. 1924 wurde die Tadschikische ASSR (Autonome Sozialistische Sowjetrepublik) gegründet und 1929 erschien auf der Karte der UdSSR die siebte Sowjetrepublik – die Tadschikische SSR.

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Erst in den 20er- und 30er Jahren emigrierten immer mehr Russen nach Tadschikistan. Den Höhepunkt erreichte dieser Trend in den 60er Jahren. Zu dieser Zeit entstanden außerdem neue Städte – Norak, Jowon und Rogun

Aliya Khamidullina für Asia-Plus

Aus dem Russischen von Raphaela Wiltsche

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