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Bilaterale Gespräche und Siegesparade: Tadschikistans Präsident Rahmon zu Besuch in Moskau

Tadschikistans Präsident Rahmon ist anlässlich des „Tages des Sieges“ nach Moskau gereist. Im Vorfeld der Feierlichkeiten sprach das tadschikische Staatsoberhaupt mit seinem russischen Amtskollegen Putin über wirtschafts- und sicherheitspolitische Fragen, unter anderem zur Situation an der tadschikisch-kirgisischen Grenze.

Tadschikistans Präsident Rahmon ist anlässlich des „Tages des Sieges“ nach Moskau gereist. Im Vorfeld der Feierlichkeiten sprach das tadschikische Staatsoberhaupt mit seinem russischen Amtskollegen Putin über wirtschafts- und sicherheitspolitische Fragen, unter anderem zur Situation an der tadschikisch-kirgisischen Grenze.

Tadschikistans Staatspräsident Emomali Rahmon ist vom 8. bis zum 9. Mai zu einem offiziellen Besuch nach Moskau gereist. Während der erste Tag seiner Visite bilateralen Gesprächen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin gewidmet waren, nahm Rahmon am Folgetag als einziges ausländisches Staatsoberhaupt an der Parade zum Tag des Sieges teil. Am 9. Mai werden in Russland und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion traditionell die Feierlichkeiten zum Sieg über Nazi-Deutschland begangen.

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Während der Abnahme der Parade nahm Rahmon als Ehrengast den Platz neben dem russischen Präsidenten ein. Im Anschluss legten die beiden Staatsoberhäupter gemeinsam einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten im Moskauer Alexandergarten nieder. Die Tatsache, dass dem tadschikischen Präsidenten als einzigen ausländischen Staatsoberhaupt diese Ehre zuteil wurde, liegt allerdings daran, dass er in diesem Jahr der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) – einem von Russland initiierten Militärbündnis – vorsteht. Dies berichtete das tadschikische Nachrichtenportal Asia-Plus mit Verweis auf den Pressedienst des tadschkischen Präsidenten. Noch im April hatte Putins Pressesprecher Dimitrij Peskow betont, dass Russland keine ausländische Gäste zur Parade einladen werde, da 2021 kein Jubiläumsjahr ist. Im vergangenen Jahr waren alle fünf zentralasiatischen Präsidenten zu den Feierlichkeiten eingeladen worden.

Fokus auf Wirtschaft und Sicherheit

Während der bilateralen Gespräche, die Rahmon und Putin am 8. Mai führten, lag der Schwerpunkt auf wirtschaftlichen Themen und Sicherheitsfragen. Wie Asia-Plus mit Verweis auf den Pressedienst des tadschikischen Präsidenten berichtete, betonte Rahmon, die Russische Föderation bleibe der wichtigste und Handels- und Wirtschaftspartner seines Landes.

Ein wirtschaftspolitisch für beide Seiten wichtiges Thema ist jenes der Arbeitsmigrantion. „Wir tun alles, damit sich diese Leute [die MigrantInnen, Anm. d. Ü.] wohl fühlen, zumal wir derzeit nicht genügend Arbeitskräfte in ganzen Wirtschaftssektoren haben. Aber sie schicken auch genug Geld aus Russland nach Hause, um ihre Familien zu unterstützen. Ich denke, das ist ein absolut positiver Prozess“, sagte Wladimir Putin laut Angaben des Kremls.

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Die Zahl der ArbeitsmigrantInnen war im vergangenen Jahr im Kontext der Covid-19-Pandemie stark zurückgegangen. Aufgrund des dadurch entstehenden Arbeitskräftemangels hatte Russland im Januar dieses Jahres angekündigt, die Einreise von ArbeitsmigrantInnen zu erleichtern. Für Tadschikistan machen die Überweisungen einen nicht unwesentlichen Teil des Bruttoinlandsprodukts aus – im Vorkrisenjahr 2019 waren es nach Angaben des französischen Finanzministeriums allein 33 Prozent.

In Bezug auf Sicherheitsfragen sprachen die beiden Präsidenten insbesondere über die Lage in Tadschikistans südlichem Nachbarland Afghanistan. „Angesichts der Aussagen der Vereinigten Staaten über den Abzug der Truppen ist dies nun das regionale Problem Nummer eins: Sie haben praktisch mehr als die Hälfte abgezogen, und unmittelbar nach der Ankündigung hat sich die Lage in Afghanistan stark verschlechtert“, sagte Rahmon während der Gespräche.

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Erst Ende April hatte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schojgu bekanntgegeben, dass Russland und Tadschikistan aufgrund der Lage in Afghanistan ein gemeinsames Luftverteidigungssystem vorbereiten. Russland, das in Tadschikistan seine 201. Militärbasis unterhält, ist der wichtigste Sicherheitspartner des zentralasiatischen Landes. Präsident Putin stellte während der Gespräche in Aussicht, diese Basis aber auch das tadschikische Militär weiter zu verstärken. „Wir haben in diesem Bereich eine gemeinsame Arbeit, ein ganzes Programm, das für mehrere Jahre ausgelegt ist. Und wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass dies rechtzeitig durchgeführt wird“, sagte das russische Staatsoberhaupt.

Ein Besuch in krisenreichen Zeiten

Ein weiteres Gesprächsthema war die Situation an der tadschikisch-kirgisischen Grenze. Dort war es nach dem 28. April zu den gewalttätigsten Zusammenstößen der vergangenen Jahre gekommen, die zu 36 Toten auf kirgisischer und 19 auf tadschikischer Seite führten. Über die Ergebnisse dieser Gespräche ist allerdings wenig bekannt. Allein der Pressedienst des tadschikischen Präsidenten übermittelte laut Angaben von Asia-Plus, dass Rahmon „die feste Position der Regierung Tadschikistans in Bezug auf die friedliche Lösung aller bestehenden Probleme durch Verhandlungen“ betont habe.

Die Ankündigung, dass Rahmon nach Moskau reisen werde, hatte angesichts dieser politisch angespannten Lage für Aufsehen gesorgt. „Ja. Gespräche sind geplant. Natürlich wird die Situation an der Grenze Thema sein“, hatte die russische Tageszeitung Kommersant am 5. Mai Pressesprecher Peskow zitiert und im selben Artikel darauf hingewiesen, dass ein Besuch von Kirgistans Präsidenten Sadyr Dschaparow nicht geplant sei. Darüber hinaus teilte der Kreml mit, dass Rahmons Besuch bereits vor den Ereignissen an der tadschikisch-kirgisischen Grenze vereinbart worden sei.

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Noch am 8. Mai hatte die russische Nachrichtenagentur TASS Peskow zitiert, dass ein Telefongespräch zwischen Putin und Dschaparow „derzeit nicht im Terminplan“ stehe. Wie der Kreml und die kirgisische Präsidialverwaltung übereinstimmend berichteten, erfolgte ein solches Gespräch dann doch am 10. Mai. Beide Seiten gratulierten sich gegenseitig zum Tag des Sieges und beschlossen für Ende Mai einen Arbeitsbesuch des kirgisischen Staatsoberhaupts in Moskau.

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Für Rahmon hingegen dürfte der Besuch in Moskau vor allem dazu geeignet sein, innerhalb seines Landes die eigene Rolle zu untermauern. Denn in Bezug auf den tadschikisch-kirgisischen Grenzkonflikt sollte sein Moskau-Besuch sicherlich nicht überbewertet werden, insbesondere da Rahmons leitende Rolle in der OVKS Grund für seine Einladung war. Abgesehen davon bemüht sich Russland, mit seiner neuen Zentralasienpolitik und einem gemeinsamen 5+1-Format in Zentralasien eine Position des Ausgleichs zu beziehen.

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Laut dem russische Politikwissenschaftler Arkadij Dubnow lässt sich Russlands aktueller Fokus auf Tadschikistan vor allem durch die Entwicklungen in weiteren regionalen Dynamiken erklären. „Tadschikistan wird jetzt wichtig aufgrund der Perspektiven, die mit dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und der Aussicht auf eine mögliche Rückkehr der Amerikaner in die an Afghanistan angrenzenden zentralasiatischen Republiken verbunden sind„, erklärte er im Interview mit der Nowaja Gaseta.

Robin Roth, Redakteur für Novastan

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