Zwei Jahre nach Beginn des Krieges in Gaza, in dem über 68.000 Palästinenser ums Leben gekommen sind, hat sich Kasachstan bereit erklärt, sich Trumps Abraham-Abkommen anzuschließen, um engere Beziehungen zu Israel zu knüpfen. Auch wenn Toqaevs Risiko aufgrund der bereits bestehenden Beziehungen des Landes zu Israel keineswegs bahnbrechend ist, signalisiert dieses Manöver doch eine neue, amerikanische Ausrichtung für Kasachstans internationale Orientierung.
Im Vorfeld des mit Spannung erwarteten C5+1 Gipfels in Washington D.C. gab US-Präsident Donald Trump am 7. November bekannt, dass Kasachstan bald dem von den USA geführten Abraham-Abkommen beitreten werde, einer von Trump initiierten Initiative, um widerständige mehrheitlich muslimische Nationen zu ermutigen, engere Beziehungen zu Israel zu knüpfen. Mit seinem Beitritt wird Kasachstan das erste Land sein, das sich dem Abkommen seit Beginn des Krieges in Gaza im Jahr 2023 anschließt.
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Als vereinsgetragene, unabhängige Plattform lebt Novastan vom Enthusiasmus seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen – und von eurer Unterstützung!Im Gegensatz zu allen bisherigen Mitgliedern des Abraham-Abkommens, die sich vor ihrem Beitritt geweigert hatten, Israel anzuerkennen, unterhält Kasachstan seit 1992 formelle Beziehungen zu Israel. Experten haben den Schritt des kasachstanischen Präsidenten Qasym-Jomart Toqaev schnell als symbolische Geste bezeichnet, die darauf abzielt, sich bei Washington beliebt zu machen. Sie bezweifeln, dass er die bestehenden Beziehungen Kasachstans zu Israel wesentlich verändern wird.
Ein geopolitischer Kurswechsel?
Für Toqaev ist dieser Schritt eindeutig ein Signal an Washington, dass er offen für eine weitere strategische Zusammenarbeit ist. Nur wenige Stunden vor der Ankündigung Kasachstans zum Abraham-Abkommen unterzeichneten Kasachstan und die Vereinigten Staaten ein lukratives Kooperationsabkommen über Seltenerdmetalle, die die Vereinigten Staaten als kritisch für ihre nationale Sicherheit erachten. Als Toqaev Washington verließ, hatte er laut Astana Times 29 Abkommen mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet, die neue Investitionen in Höhe von 17 Milliarden US-Dollar vorsehen.
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Über die Mineralien hinaus sehen die Vereinigten Staaten politisches Potenzial, Kasachstan aus dem Einflussbereich Chinas herauszulösen und in ihren eigenen zu ziehen, wodurch eine wichtige Verbindung in Chinas aufstrebendem Handelskorridor „Belt and Road Initiative“ quer durch den asiatischen Kontinent gekappt würde. Kasachstan hofft, seine internationalen Abkommen zwischen den globalen Schwergewichten ausbalancieren zu können, und erwartet, dass eine enge Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten die Abhängigkeit des Staates von China und Russland begrenzen wird.
Ein dringend benötigter Erfolg für Trump
Mit dem geplanten Beitritt des Landes zum Abraham-Abkommen bescherte Kasachstan Trump einen lang ersehnten diplomatischen Sieg: ein mehrheitlich muslimisches Land, das bereit ist, enge Beziehungen zum Nachkriegs-Israel zu knüpfen. In seiner ersten Amtszeit überraschte Trump die Welt, indem er erfolgreich Verhandlungen mit vier arabischen Staaten mit muslimischer Mehrheit – Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Marokko und dem Sudan – führte, um im Rahmen der Abraham-Abkommen formelle Beziehungen zu Israel aufzunehmen.
Im Jahr 2023 sollte Saudi-Arabien der nächste und einflussreichste Staat werden, der Israel offiziell anerkennt – ein Schritt, von dem sich die Vereinigten Staaten erhofften, dass er eine Reihe anderer arabischer Staaten dazu inspirieren würde, diesem Beispiel zu folgen. Vor allem aufgrund des öffentlichen Drucks, nachdem Israel im Oktober 2023 mit seiner Bodenoffensive in Gaza begonnen hatte, stoppte Saudi-Arabien jedoch alle Bemühungen zur Anerkennung des Staates Israel.
Als Trump im Januar 2025 wieder ins Amt kam, räumte er ein, dass Israel, ein wichtiger regionaler Verbündeter der Vereinigten Staaten, auf der Weltbühne zunehmend isoliert war. Dies resultierte aus der weltweite Empörung über mutmaßliche Kriegsverbrechen, die seine Armee in Gaza begangen hatte. Am 16. September veröffentlichte die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete einen Bericht, in dem sie zu dem Schluss kam, dass Israel im Gazastreifen „Völkermord begangen hat”. Aufgrund der überwältigenden Verurteilung der israelischen Kriegshandlungen in der arabischen und muslimischen Welt hat seit Beginn des Krieges in Gaza kein Staat in der Region Schritte unternommen, um Israel anzuerkennen.
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Trump glaubt nach wie vor an die Abraham-Abkommen als Lösung, um die regionale Isolation des Nachkriegs-Israels zu durchbrechen. Mit der Teilnahme Kasachstans behauptet Trump, dass diese Geste eine entscheidende Wiederbelebung der Abraham-Abkommen darstellt und weitere wichtige regionale Mächte dazu bewegen wird, ebenfalls beizutreten. Bemerkenswert ist, dass die Ankündigung Kasachstans zwölf Tage vor dem geplanten Besuch des saudischen Prinzen Mohammed bin Salman in Washington D.C. erfolgte. Dies nährte die Erwartung, dass Trump den Beitritt Kasachstans zu den Abraham-Abkommen nutzen werde, um politischen Druck auf Saudi-Arabien auszuüben, damit es seine Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel wieder aufnimmt.
Die Zukunft der kasachstanisch-amerikanischen Zusammenarbeit
Während des C5+1-Gipfels im November 2025 deutete Trump an, dass er bald einen Staatsbesuch in Astana machen könnte. Alles deutet darauf hin, dass Trump Toqaevs Regierung schätzen gelernt hat. Ihre Bereitschaft, den USA Zugang zu wichtigen Mineralien zu verschaffen und Trumps ins Stocken geratenes Friedensprojekt im Nahen Osten wiederzubeleben, ist in Washington nicht unbemerkt geblieben. Während Toqaev glaubt, die kasachstanische Souveränität durch das Jonglieren mit Abkommen zwischen Russland, China und den Vereinigten Staaten aufrechterhalten zu können, ist unklar, ob eine weitere Zusammenarbeit mit Trumps Amerika Kasachstan die so sehr gewünschte Unabhängigkeit bringen wird.
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Qatar, ein regionaler Nachbar, der seit langem bestrebt ist, Diplomatie und Verteidigung in Einklang zu bringen, wurde für seine Annäherung an Washington und seine Friedensbemühungen bestraft. Allein im vergangenen Jahr wurde es zweimal bombardiert – einmal vom Iran und einmal von Israel, dem engsten regionalen Verbündeten Amerikas. Nicht weit von Kasachstan entfernt, im Kaukasus, zeigte Trump kürzlich mit seinem Friedensabkommen zwischen Armenien und Aserbaidschan der Welt, dass seine Regierung bestrebt ist, die wirtschaftliche Vorherrschaft Amerikas in weit entfernten Regionen mit diplomatischen Mitteln zu festigen.
Die Zeit wird zeigen, ob Toqaevs Wagnis einer weiteren Integration mit den Vereinigten Staaten zu dem von seiner Regierung gewünschten Ergebnis führen wird. Durch den Beitritt zu den Abraham-Abkommen in einem für das Überleben der Initiative kritischen Moment hat Kasachstan seine diplomatische Nützlichkeit für Washington erfolgreich unter Beweis gestellt. Da Trump jedoch darauf abzielt, den amerikanischen Einfluss auf dem asiatischen Kontinent auszuweiten, läuft Kasachstan nun Gefahr, zu einem Spielball im zunehmenden Wettbewerb Amerikas um die Vorherrschaft mit China zu werden, der die zentralasiatische Region erfasst.
Joseph Fischer für Novastan
Aus dem Englischen von Margaret Bullich
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Kasachstan Beitritt zu den Abraham-Abkommen: Wird sich Washingtons Geste auszahlen?