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Kirgistan: Ex-Präsident Atambajew kehrt in die Politik zurück

Die Abgeordneten des siebzehnten Kongresses der Sozialdemokratischen Partei Kirgisistans (SDPK) wählten am 31. März Ex-Präsident Almasbek Atambajew zum Vorsitzenden. Er kündigte an, die Partei auf die Parlamentswahlen 2020 vorbereiten zu wollen und kehrt damit in die aktive Politik Kirgistans zurück.

Politik, Partei, Kirgistan
Ex-Präsident Atambajew auf dem Kongress der SDPK am 31. März 2018

Die Abgeordneten des siebzehnten Kongresses der Sozialdemokratischen Partei Kirgisistans (SDPK) wählten am 31. März Ex-Präsident Almasbek Atambajew zum Vorsitzenden. Er kündigte an, die Partei auf die Parlamentswahlen 2020 vorbereiten zu wollen und kehrt damit in die aktive Politik Kirgistans zurück.

An der geschlossenen Versammlung in der Hauptstadt Bischkek nahmen 200 Parteimitglieder teil. Journalisten sowie einige Parteimitglieder, unter anderem Asylbek Dscheenbekow, Bruder des heutigen Präsidenten Sooronbai Dscheenbekow, sowie eine Delegation aus dem Gebiet Osch im Süden des Landes fehlten.

Während einer anschließenden Pressekonferenz sagte Atambajew, dass er nicht plant, irgendeinen Posten zu bekleiden. “Ich möchte nicht, dass die dunklen Zeiten zurückkehren, eine Form von Familien-Clan-Herrschaft. Eine große Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass stabile Parteien ins Parlament einziehen.

Politik, Partei, Kirgistan
Ex-Präsident Atambajew auf dem Kongress der SDPK am 31. März 2018

Kritik an Dscheenbekows Aussagen

Atambajew leitete die SDPK bereits von 1999 bis September 2011. Im Oktober 2011 wurde er zum Präsidenten Kirgistans gewählt und hatte diesen Posten bis zur Wahl Sooronbai Dscheenbekows im Oktober 2017 inne. Es war die erste friedliche Machtübergabe nach einer demokratischen Wahl in der zentralasiatischen Geschichte. Die kirgisische Verfassung begrenzt die Amtszeit des Präsidenten ein einziges sechsjähriges Mandat.

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In seiner ersten Pressekonferenz seit vier Monaten kritisierte der Ex-Präsident nun seinen Nachfolger. Er widersprach Dscheenbekows Aussagen auf einem Treffen des nationalen Sicherheitsrats im Februar. Dscheenbekow hatte dort erklärt, dass Gerichte, Staatsanwaltschaft, Finanzpolizei und Sicherheitsorgane in Kirgistan im Kampf gegen Korruption versagen  und ihrerseits von Korruption durchsetzt sind.

Präsident vor Schmeichlern schützen

Atambajew fasste dies anscheinend als Kritik an ihm auf und deutete an, der Präsident habe sich versprochen und die Aussagen gingen auf dessen Redenschreiber zurück. “Warum wird gesagt, dass die Behörden in den letzten drei Jahren nicht gegen Korruption gekämpft haben. Die großen Antikorruptionsfälle wurden alle unter Atambajew begonnen”, so Atambajew.

Er behauptete, sich nicht in Personalentscheidungen einmischen zu wollen, für die der Präsident und Premierminister Sapar Isakow verantwortlich sind. Er wolle Dscheenbekow aber “helfen, damit dieser nicht von Schmeichlern umgeben ist”. Außerdem gab er an, dass er Dscheenbekow gewarnt habe, dass dessen Bruder sein Parlamentsmandat niederlegen müsste, um Gerüchten zuvorzukommen.

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Leider erinnere ich mich daran, was mit Akajew und Bakijew geschehen ist. Darum muss ich solche unangenehmen Sachen sagen. Das letzte Mal habe ich viereinhalb Stunden [mit Dscheenbekow] gesprochen. Jemand muss das machen. Meine letzten zehn, zwanzig Jahre habe ich faktisch daran gearbeitet, dass es bei uns keine Familien-Clan-Herrschaft gibt. Das ist für mich mein ganzes Leben und ich möchte nicht, dass diese Jahre verschwendet wurden”, sagte Atambajew.

Während des SDPK-Kongresses umgaben Atambajew verschiedene hochrangige kirgisische Politiker. Auf dem offiziellen Fotos sieht man neben ihm den Bürgermeister von Bischkek, Aybek Ibraimow, den ehemaligen Parlamentssprecher Tschynybay Tursunbekow sowie Farid Niyasow, der kürzlich von seinem Posten im Präsidentenstab zurückgetreten ist. Außerdem sah man relativ neue Gesichter, wie Gulnaz Omurbek kyzy, eine junge Frau die im Präsidentschaftswahlkampf des letzten Jahres sehr aktiv für die SDPK war und als die Vertreterin der Jugend in der wichtigsten kirgisischen Partei gesehen wird. Während der Versammlung saß sie  direkt neben Atambajew.

Politik, Partei, Kirgistan
Ex-Präsident Atambajew mit weiteren Delegierten auf dem Kongress der SDPK am 31. März 2018

Dscheenbekow soll für Kraftwerkausfall  verantwortlich sein

Auf den Fotos nicht zu sehen war Premierminister Sapar Isakow. Atambajew nahm ihn jedoch in Schutz und sagte, er sei ein “junger und tatkräftiger Premierminister, der zwar Fehler mache, aber arbeite.” Er verteidigte ihn auch in Bezug auf den Fall des Bischkeker Fernwärmekraftwerks, das im Februar ausgefallen war, nachdem es kurz zuvor für 386 Millionen Dollar saniert worden war. Atambajew zufolge liegt die Verantwortung in Wirklichkeit beim heutigen Präsidenten Dscheenbekow. Die Ausschreibung sei während dessen Amtszeit als Premierminister durchgeführt worden.

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Trotz dieser Kritik gab Atambajew an, dass er und sein Nachfolger sich immer noch als “Freunde” sehen.

Kompromis oder neue Partei

Der kirgisische Politologe Mars Sariew  sagte der Nachrichtenwebsite knews.kg, dass Atambajews Kritik an seinem Nachfolger die politischen Spannungen innerhalb der SDPK zeigt. Zwei Clans kämpfen dort um die Kontrolle der Partei, Atambajew und seine Verbündete gegen Dscheenbekow und dessen Entourage.

Dscheenbekows Verbündete wissen nicht, wie sie mit diesem Streit um die Kontrolle über die SDPK umgehen sollen. Manche sind für einen Kompromiss mit Atambajew. Andere sagen, dass sich der heutige Präsident von seinem Vorgänger distanzieren und die politischen Entscheidungen auf höchstem Niveau völlig selbständig fällen sollte„, so der Experte.

Mit Material von Kloop.kg, Kaktus.media, Akipress.org, Sputnik.kg und Knews.kg.

Folke Eikmeier
Chefredakteur in Bischkek

Jérémy Lonjon
Chefredakteur in Bischkek

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