Nach dem Sieg des regierungsnahen Kandidaten Sooronbaj Dscheenbekow bei den gestrigen Präsidentschaftswahlen in Kirgistan bleibt die Stimmung friedlich im Land. Kritik am Wahlgeschehen gibt es trotzdem.
Die ersten Glückwünsche kommen aus Moskau. Per Telegramm sicherte der Kreml Dscheenbekow seine volle Unterstützung zu und teilte mit, man werde gemeinsam an der Stabilität und Sicherheit in der Region arbeiten. Vom Wahlsieger selbst gab es heute keine offizielle Stellungnahme.
Babanow gibt sich geschlagen
Als erster trat am Tag nach der Wahl der unterlegene Gegenkandidat Omurbek Babanow vor die versammelte Presse. Er war als einer der Favoriten ins Rennen gestartet, konnte aber nach dem vorläufigen Ergebnis nur knapp 34 Prozent der Stimmen für sich gewinnen, während sein Konkurrent Sooronbaj Dscheenbekow mit gut 54 Prozent die absolute Mehrheit erhielt. Babanow akzeptiert das Ergebnis, schießt aber scharf gegen die Regierung und wirft ihr Manipulation vor:
„Staatliche Fernsehsender wurden genutzt, um uns in den Dreck zu ziehen. Das war eine schwarze PR-Kampagne gegen uns. Unsere Aktivisten wurden beschimpft; sie wussten nicht, woher sie rechtliche Unterstützung bekommen sollten, denn die Gesetzgebung war ebenso einseitig.“
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Dennoch werde er im Land bleiben und in der Opposition aktiv werden, so Babanow weiter. „Die Wahl ist vorbei und die Menschen haben entschieden.“
Kein fairer Wahlkampf
1,65 Millionen Kirgisen gaben ihre Stimme ab, somit lag die Wahlbeteiligung von 56 Prozent, wie die Zentrale Wahlkommission CEC bekannt gab. Deren Vorgehensweise kritisierten unabhängige Beobachter als einseitig. Eingeschränkte Berichterstattung über die Wahlkampagne bis hin zur Selbstzensur zeigten unzureichende Pressefreiheit, heißt es im heute erschienen, vorläufigen Abschlussbericht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE.
Knapp 370 unabhängige Beobachter aus 15 Ländern hatten das Wahlgeschehen in Kirgistan verfolgt. Im Wahlkampf seien unlautere Methoden wie der Missbrauch administrativer Ressourcen, Stimmenkauf und Druckausübung auf Wähler zum Einsatz gekommen, bestätigten sie. Ebenso sei die Finanzierung einzelner Wahlkampagnen nicht transparent genug.
In Kirgistan gibt es für den Wahlkampf offiziell keine Unterstützung aus staatlichen Geldern. Das verhindere eine Chancengleichheit unter den Kandidaten. Am Wahltag selbst gab es nur wenig Beschwerden, gut 90 Verstöße wurden gemeldet.
Wahl insgesamt vorbildlich
„Kirgistan geht als gutes Beispiel voran und hat gezeigt, wie ausgewogene Wahlen und ein friedlicher Machtwechsel stattfinden können, doch einige Bedenken bleiben“, so Azay Gulijew, Leiter der Kurzzeit-Beobachter-Mission der OSZE.
„Ich hoffe, dass Kirgistan künftig an den Problemen arbeitet, die wir identifiziert haben, beispielsweise einen rechtlichen Rahmen für die Kampagnenfinanzierung zu schaffen, die Geheimhaltung an der Wahlurne zu wahren und Stimmenkauf zu vermeiden.“
Geheime Wahl war vielerorts unmöglich
Weil Wähler ihren Stimmzettel offen zur Wahlurne tragen mussten und diese oft so platziert war, dass Wartende auf den Zettel blicken konnten, war vielerorts die Wahl nicht geheim. Außerdem waren einige Wahllokale nicht barrierefrei, weshalb eigentlich Wahlberechtigte dennoch ausgeschlossen waren, so ein weiterer Kritikpunkt von sowohl Beobachtern, als auch Wählern selbst.
Für die kommenden Wahlen hat Kirgistan also noch Einiges zu verbessern. Ein abschließender Bericht inklusive Verbesserungsvorschlägen der OSZE erscheint in zwei Monaten. Bis dahin ist auch die Präsidentschaftswahl abgeschlossen. Die offizielle Amstübergabe im Weißen Haus findet voraussichtlich am 04. Dezember statt.
Janina Lackmann
Novastan-Redaktion
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