Ende September gab die russische Regierung ihre Pläne bekannt, den Import von Alkoholprodukten aus Kasachstan und Belarus einzuschränken. Laut einiger Angaben widerspricht dies den Prinzipien der Eurasischen Wirtschaftsunion, deren Verträge am 1. Januar 2015 in Kraft treten sollen. Ein Zeichen für Brüche in der jungen Wirtschaftsunion?
Wie die russische Regierung am 20. September verkündete, soll Alkoholimport aus Kasachstan zukünftig eingeschränkt werden. Obwohl der Alkoholkonsum im Land stetig zunimmt, sinken die staatlichen Einnahmen durch den Verkauf. Die Ursachen sind schnell zu erkennen: Russische Verkäufer importieren unangemeldeten Alkohol aus Kasachstan, da dort die Importsteuern wesentlich niedriger sind als in Russland.
In bestimmten, an Kasachstan grenzenden Großstädten wird schon zu 67% kasachischer Alkohol konsumiert. Im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) ist es möglich, ganze LKW-Ladungen Alkohol aus Kasachstan nach Russland zu importieren. Aus diesem Grund entschied sich die russische Regierung, die Begrenzung für den Import von Alkohol auf maximal 5 Liter pro Person herabzusetzen.
Entgegen der Prinzipien der EAWU
In Kasachstan wird diese Entscheidung allerdings kritisch aufgenommen. Amirzhan Kaliew, Leiter des nationalen Verbands von Spirituosenherstellern „KazAlko“ sieht in der Neuregelung einen Widerspruch zu den Normen und Prinzipien der EAWU. Diese garantieren den freien und unbegrenzten Austausch von Gütern und Leistungen zwischen Russland, Kasachstan und Belarus. Die 5-Liter-Begrenzung steht im Gegensatz dazu. Auch Timur Sulejmenow, der Wirtschafts- und Finanzminister der Eurasische Wirtschaftskommission (die regierende Institution der EAWU) kritisierte die Maßnahme, sie könne keine Lösung darstellen. Vielmehr bestehe das Problem in dem Mangel einer gemeinsamen Verbrauchersteuer.
Kaliew fordert aber, dass die Alkoholsteuer in den beiden Ländern zunächst unterschiedlich bleibt. Es besteht nämlich schon eine graduelle Anpassung: Bis Anfang 2014 war die Steuer in Kasachstan 4 Mal niedriger als in Russland, jetzt beträgt der Unterschied 2,5:1. Kasachstan sei nicht in der Lage eine sofortige Umstellung auf das Preisniveau in Russland vorzunehmen. Eine einheitliche Steuer würde bedeuten, dass Wodka in Kasachstan dreimal teurer würde als heute. Zur Zeit kostet eine Flasche kasachischer Wodka 560 Tenge (2,5€), bei einem neuen Steuerniveau würde sich der Preis auf 1500 Tenge (7€) verdreifachen. Mit dem durchschnittlichen Monatseinkommen in Kasachstan – etwa 110 000 Tenge (ca.480€) – ist das Preisverhältnis nicht vereinbar.
So fürchtet Kaliew, könnten sich die Fehler der russischen Alkoholpolitik in Kasachstan wiederholen. Aufgrund erhöhter Alkoholpreise hat sich in Russland die Praxis verbreitet, selbst Alkohol (Samogon) zu destillieren oder unterschiedliche Flüssigkeiten, die reinen Alkohol enthalten, zu trinken, mit potentiell verheerenden Folgen für die Gesundheit.
Für Kasachstan sieht die Situation heute damit folgendermaßen aus: Wenn man auf offiziellem Wege etwas nach Russland exportieren und dort verkaufen möchte, fallen zunächst sogenannte Sicherheitsgebühren an. Diese setzen sich aus Verbrauchersteuern, Zöllen und der Mehrwertsteuer zusammen. Kaliew verdeutlicht mit einfachen Zahlen: Bei einer Millione Tenge (4.350€) Waren betragen die zusätzlichen Gebühren etwa 3.500.000 Tenge (15.200€).
Die kasachische Regierung plant schon, die Steuern gradweise innerhalb der nächsten drei Jahre anzuheben. Doch das russische Steuerniveau wird nach diesem Plan bis 2020 nicht erreicht sein : Bis dahin beabsichtigt die kasachische Regierung, die Steuern auf 12-13€ pro Liter reinen Alkohol anzuheben, während die Steuern in Russland 23€ pro Liter betragen würden.
Unangenehme Konsequenzen
Die jetzigen Begrenzungen für den Alkoholimport könnten in naher Zukunft unangenehme Konsequenzen zur Folge haben. Falls Kasachstan und Belarus Einschränkungen anderer Produkte in der gemeinsamen Zollunion mit Russland einführen und damit die Prinzipien der zum 1. Januar 2015 in Krafttretenden EAWU verwerfen, wären die Handelsabkommen in diesem Wirtschaftsraum stark gefährdet. So erwägt das kasachische Parlament die Einführung von einer Gegenmaßnahme gegen die Alkoholeinschränkungen in Form eines Gesetzentwurfes über Sicherheitsgebühren für Import aus Russland. Gerade in Betracht der Rolle Russlands in der Ukraine und den westlichen Sanktionen, wäre eine solche Entscheidung für die russische Wirtschaft ein schwerer Schlag.
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Wirtschaftsanalytiker sind allerdings der Meinung, Kasachstan solle sich im Bezug zum Konflikt zwischen Kreml und dem Westen vorsichtig verhalten. Nargis Kassenova, die Leiterin des Zentralasiatischen Studienzentrum an der KIMEP Universität in Almaty, ist der Meinung, die EAWU sei für Kasachstan nun ein eindeutiges Handicap. Damit hängt es sich stark an Russland, dass seine Wirtschaft geopolitischen Zielen geopfert hat.
Nun haben westliche Unternehmen wenig Interesse in die Wirtschaft von Kasachstan zu investieren, was Darlehen aus dem Westen für kasachische Banken erschwert. Und das heutige Problem der Wodka-Sanktionen nährt nicht nur die Zweifel der Kritiker der EAWU-Teilnahme, sondern auch die der Fürsprecher.
Alina Kozhakhmetowa
Redaktion: Clara Koschies