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Kasachstan und Kirgistan schränken Freiheit in sozialen Netzwerken weiter ein

Die Regierungen Kasachstans und Kirgistans planen Gesetzesentwürfe, die Informationen im Internet und in sozialen Netzwerken einschränken. Scheinbar synchron werden die entsprechenden Gesetze zu Massenmedien in Bezug auf Nutzer:innen sozialer Netzwerke geändert. Gleichzeitig nimmt der Druck auf traditionelle Medien zu.

Illustrationsbild social media
Illustrationsbild (Gerd Altmann/ Pixabay)

Die Regierungen Kasachstans und Kirgistans planen Gesetzesentwürfe, die Informationen im Internet und in sozialen Netzwerken einschränken. Scheinbar synchron werden die entsprechenden Gesetze zu Massenmedien in Bezug auf Nutzer:innen sozialer Netzwerke geändert. Gleichzeitig nimmt der Druck auf traditionelle Medien zu.

In Kasachstan wird bald jede und jeder, der Inhalte im Internet veröffentlicht – ob Journalist:in oder nicht – dem Massenmedien-Gesetz entsprechend behandelt. Vom 6. bis zum 27. Januar fand eine öffentliche Diskussion über die entsprechende Gesetzesänderung statt.

Ähnlich diesem Entwurf möchte die kirgisische Regierung alle Online-Publikationen mit über 5.000 Besuchenden pro Monat unter das Massenmediengesetz stellen. Der Gesetzentwurf wird derzeit von einer Arbeitsgruppe geprüft, berichtet Radio Azattyk, der kirgisische Dienst von Radio Free Europe. Das kirgisische Medium Kaktus erklärt, dass hinter dem Begriff „Online-Veröffentlichungen“ Foren und Blogs, aber auch Seiten von Einzelpersonen in sozialen Netzwerken verstanden werden, die Informationen oder Unterhaltungen aus Kirgistan veröffentlichen.

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In beiden Ländern ist das Mediengesetz für Journalist:innen sehr restriktiv und regelt nicht klar, wann die Medien die Nachrichtengrenze überschreiten und „Informationen, die ein Staatsgeheimnis oder ein anderes gesetzlich geschütztes Geheimnis darstellen“, verbreiten. Das Gesetz soll nun auch für Nutzer:innen sozialer Netzwerke sowie Blogger:innen gelten.

Schlag gegen die Meinungsfreiheit

In Kirgistan geht das Gesetz sogar noch weiter, indem es Blogger:innen dazu verpflichtet, sich in ein Register eintragen zu lassen und ihre Identität sowie Kontaktdaten offenzulegen. Semetej Amanbekow ist Mitglied der Arbeitsgruppe, die sich mit dem Gesetzestext befasst, und Herausgeber der Internetressource Bulak.kg.

Im Gespräch mit Radio Azattyk meinte er, dass die vorgeschlagenen Änderungen, sollten sie in Kraft treten, einen Schlag gegen die freie Meinungsäußerung darstellen würden: „Selbst die Eigentümer:innen sozialer Netzwerke haben ihren Nutzer:innen das Recht eingeräumt, ihre persönlichen Daten nicht zu teilen“, argumentiert er.

Verschärfung bereits vorhandener Gesetze zur Kontrolle von Informationen im Internet

Der Gesetzentwurf ist nichts anderes als ein „Versuch, alles zu beeinflussen“, fasst Diana Okremova, Direktorin der staatlichen Stiftung Legal Media Center, in einem Artikel der analytischen Zeitschrift Cabar Asia zusammen. Mit dem Netzrahmen „soll der Großteil des Internets kontrolliert werden“, erklärt sie.

Für den Journalisten und Gründer des Projekts Shishkin like auf Telegram und YouTube, Dmitrij Shishkin, wird dieses Gesetz jedoch in Wirklichkeit nichts ändern, da bereits zahlreiche Regeln bestehen, die die Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken und im Internet kontrollieren.

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In Kirgistan beispielsweise hatte nichts die Behörden abgehalten, Internetuser:innen, die den Machthabern im Internet zu unbequem waren, gefügig zu machen. So erhielt etwa der Blogger Bakmurat Toktogulow im Juni 2022 eine Warnung vom Staatlichen Komitee für Nationale Sicherheit und wurde vom Geheimdienst verhört. Er ist insbesondere dafür bekannt, dass er auf seiner Facebook-Seite Posts veröffentlicht hat, in denen er die Behörden der Kirgisischen Republik kritisiert.

Eine Reihe von Angriffen auf Journalist:innen in Kasachstan

Im Oktober 2022 legte die Präsidialverwaltung der Kirgisischen Republik Änderungen vor, da das seit 1992 geltende Gesetz „nicht den Realitäten der modernen Gesellschaft entspricht.“ Wie The Diplomat erklärt, begründet die kasachstanische Regierung die Absicht, das Mediengesetz zu ändern, auch damit, dass vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine viel auf dem Spiel stehe. Auch die Vermeidung von Cyberbullying spiele eine Rolle.

Seit letztem Jahr ist jedoch ein anhaltender Druck auf Medienschaffende zu beobachten. In Kasachstan besteht eine lange Liste von Journalist:innen, die persönlich angegriffen wurden: so zum Beispiel die freie Journalistin Dinara Egeubaeva, deren Auto am 14. Januar in Brand gesetzt wurde, wie das kasachstanische Nachrichtenportal Vlast berichtet. Egeubaeva hatte über die Januar-Ereignisse 2022 berichtet. Im Oktober 2022 wurde ein Fenster in der Nähe des Büros von El Media mit einem Ziegelstein eingeworfen, während die Redaktion von Orda.kz ein Paket mit dem abgetrennten Kopf eines Schweins erhielt.

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Der Journalist und Aktivist Sergej Duvanov vermutete jedoch gegenüber Eurasianet, dass es sich um Provokationen handeln könnte, um Präsident Qassym-Jomart Toqaev zu diskreditieren. Tatsache ist, dass das Mediengesetz keine Maßnahmen zum Schutz von Journalist:innen erwähnt.

Reporter ohne Grenzen stufte Kasachstan in Bezug auf die Pressefreiheit auf Platz 122 von 180 untersuchten Ländern ein. Sein Ergebnis im Jahr 2022 hat sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. „Während sich die Qualität der Online-Nachrichten verbessert, wird die Unterdrückung moderner“, heißt es in der Zusammenfassung des Berichts über das Land.

Endgültiger Schlag gegen Radio Azattyk in Kirgistan

In Kirgistan wurde die Online-Sperre von Radio Azattyk im November letzten Jahres bekannt gegeben. Das kirgisische Kulturministerium ging in seinem Vorgehen gegen das US-amerikanische Medium noch einen Schritt weiter und reichte Klage ein, um die Aktivitäten des Senders endgültig zu beenden, berichtet Kloop. Ein von Radio Azattyk veröffentlichtes Video, in dem das Vorgehen der Regierung während des Konflikts mit Tadschikistan im September 2022 kritisiert wird, ist weiterhin im Umlauf.

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Viele internationale Organisationen für Meinungsfreiheit und Medienschaffende haben Kirgistan daraufhin kritisiert, etwa das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), das die staatlichen Behörden aufforderte, die Klage gegen Radio Azattyk zurückzuziehen.

Lou Desmoutiers, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Michèle Häfliger

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