Wjatscheslaw Schapowalow ist im Alter von 74 Jahren verstorben. Ein Rückblick auf Leben und Werk des kirgistanischen Poeten. Dieser Artikel erschien zuerst am 28.08.2022 auf der französischen Website von Novastan.
Am 23. Juli 2022 verstarb Wjatscheslaw Schapowalow. Verwandte und Kollegen haben die Nachricht publik gemacht. Ihnen zufolge war es zweifelsohne der Abschied des „ohne zu übertreiben größten Poeten des russischsprachigen Raums“, so wird Wladimir Lidsky, Prosa-Schriftsteller, vom lokalen Ableger des russischen Mediums Sputnik zitiert. Gründe für seinen Tod sind nicht bekannt.
Der Autor wurde am 28. Oktober 1947 in Frunse, heute Bischkek und Hauptstadt Kirgistans, geboren. In selbiger Stadt ist er nun im Alter von 74 Jahren verstorben.
Sein Leben
1966 schreibt sich Wjatscheslaw an der Staatlichen Kirgisischen Universität an der Fakultät für Russische Philologie ein und schließt sein Studium 1971 ab. Anschließend arbeitet er als Dozent und Direktor verschiedener Einrichtungen und Institute. „Wjatscheslaw Iwanowitsch war ein sehr zugänglicher Mensch. Das unterschied ihn von anderen Dozenten. Seine Fächer erschienen auf den ersten Blick schwer, doch er unterrichtete sie mit einer erstaunlichen Leichtigkeit. Er war ein Akademiker im wahrsten Sinne des Wortes, denn er führte ein modernes Leben“, erklärt Kanat Sadykow, Rektor der Nationalen Kirgisischen Universität (Zitat Sputnik).
Zuletzt leitete er im Jahre 2017 das Wissenschaftliche Zentrum für Übersetzung der Kirgisisch-Russischen Slawischen Universität.
Zudem nahm er aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben des Landes teil. Dies tat er unter anderem seit 1983 als Mitglied des Schriftstellerverbands der UdSSR und als öffentlicher Berater des Präsidenten des Dschogorku Kengesch, dem kirgistanischen Parlament.
Werk und Übersetzungen
Neben seiner Tätigkeit als Lehrkraft und in der Politik war er vor allem eines: Poet. Autor von 15 Gedichtbänden, sechs Monografien, mehr als 30 Übersetzungen kirgisischer Gedichtbände und nicht zu vergessen die etwa 300 wissenschaftlichen Artikel, an denen er mitgearbeitet hat.
Seine Gedichte und Übersetzungen erschienen weltweit bei einer Vielzahl von Verlagen. Friendship of People, Arion und New Journal wurden beispielsweise in Russland, Europa und Asien verlegt.
Kirgistan, seine große Liebe
„Er kannte die kirgisische Kultur sehr gut und sprach Kirgisisch. Als Übersetzer leistete er viel wissenschaftliche Arbeit. Schapowalows Liebe zur kirgisischen Kultur hebt das Gedicht „Die Geburt des Manastschy“ ganz besonders hervor. Hierbei hat er es verstanden, den Geist von Manas und die Weltanschauung des kirgisischen Volks zu vermitteln. Durch seine Übersetzung von Manas hat er sich in die Geschichte im Bereich kirgisischer Literatur eingeschrieben“, erklärt Bachtijar Kojtschujew, Doktor für wissenschaftliche Philologie, der über viele Jahre mit ihm zusammenarbeitete.
Unter seinen Übersetzungen finden sich unter anderem das Manas-Epos sowie die Enzyklopädie der alt-türkischen Dichtung von Mahmud al Kaschgari. Zudem nahm sich Schapowalow die Übersetzung der Verse von kirgisischen Akyns vor (Volksdichter, die im Wettstreit mit instrumental begleitetem Sprechgesang gegeneinander antreten), wie beispielsweise Kalygul Baj uulu, Toktogul Satylganow und weitere klassische Werke des 20. Jahrhunderts.
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Die Mitwirkung in so vielen Bereichen brachte dem Dichter zahlreiche Preise ein. Für sein Schaffen im Dienste der Entwicklung der kirgisischen Dichterkultur kürte man ihn 27. Oktober 2006 zum Volksdichter der Kirgisischen Republik. Kurze Zeit später, am 4. Dezember 2007, überreichte man ihm die Puschkin-Medaille zum Dank für seine Übersetzungen. Diese haben zur Verbreitung und Erhaltung des Kulturerbes beigetragen.
Vor wenigen Jahren, am 20. November 2017, verlieh man ihm für sein weitreichendes Wirken in der sozioökonomischen Entwicklung den Manas-Orden. Es werden nicht die letzten Auszeichnungen Schapowalows bleiben, denn sein Einfluss auf die Entwicklung des Landes wird weiterbestehen.
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Ehrungen
Die kirgisische Presseagentur AKIpress äußerte sich in einem Schreiben zum Ableben des Dichters: „Die Erinnerung an Wjatscheslaw Iwanowitsch Schapowalow wird in unseren Herzen weiterleben. Er trug mit seinem Schaffen maßgeblich zur Entwicklung der kirgisischen Gesellschaft bei. Wir möchten unser tief empfundenes Beileid mit Eltern und Freunden des Verstorbenen bekunden. Wir fühlen und trauern mit ihnen um diesen bitteren Verlust.“
Eine letzte Ehrung ereignete sich am 27. Juli 2022 vor dem nach Abdylas Maldybajew benannten Theater für Oper und Ballett. Darüber berichtete Radio Azattyk, der kirgisische Zweig des amerikanischen Mediums Radio Free Europe.
Chloé Renard
Aus dem Französischem von Arthur Siavash Klischat
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