Traditionell kirgisische Komuz und kraftvolle E-Gitarren, begleitet von einem treibenden Schlagzeug und einer Stimme wie aus dem Jenseits: Willkommen in der Welt von Darkestrah, Black Metal Band aus Kirgistan. Novastan traf Asbath, eines der Gründungsmitglieder.
Darkestrah ist eine Black Metal Band, die 1999 in Bischkek entstand und Anfang der 2000er nach Leipzig umzog. Nach zwei Demos („Pagan Act“ und “Through the Ashes of the Shamanic Flames” 1999 und 2000) veröffentlichte die Band zwei EPs und sechs Alben in Folge, davon das letzte, „Turan“, 2016 auf dem französischen Label Osmose Productions.
Musikalisch besteht das Universum von Darkestrah aus zwei Hauptströmungen: Rhythmen und Melodien, die vom klassischen Doom und Black Metal der 1990er Jahre inspiriert sind, und den traditionellen Instrumenten Zentralasiens.
In welchem Kontext entstand Darkestrah?
Ende der 1990er Jahre existierte in Bischkek eine blühende Metal Szene: Alle wichtigen Gattungen des Metals waren vertreten (death, black, heavy, groove…). „Am Anfang, so Asbeth, Gründungsmitglied der Gruppe, war Darkestrah eher ein Nebenprojekt als eine eigenständige Band, die Mitglieder waren in anderen Gruppen involviert, aber wir erkannten schnell das Potenzial dieser Musik und wollten dieses Projekt weiterentwickeln.“
„Unsere Musik ist aus unseren Einflüssen entstanden“, fährt er fort. „Die wichtigste Gruppe war für uns damals Helheim, eine norwegische Black Metal Band. Wie viele andere skandinavische Bands würdigten sie mit ihrer Musik ihre Geschichte, ihren Glauben. Logischerweise wandten wir uns der Geschichte und Kultur Kirgistans im Besonderen und Zentralasiens im Allgemeinen zu.“
Der Anfang war jedoch schwierig, wie der Musiker erklärt: „Von Anfang an standen wir vor einem Mangel an Aufnahmestudios und selbst eines Computers, um ein Demo von der Qualität wie „Sary Oy“ zu produzieren (erstes Album der Band, 2004, Anm. d. Red.). Dazu kamen der Geldmangel und die Unmöglichkeit, sich außerhalb von Bischkek zu entwickeln; diese Situation gab uns nicht viel Hoffnung. Viele Gruppen sind aus diesen Gründen in Vergessenheit geraten.“
Von Kirgistan nach Deutschland
Wie Asbath erklärt, startete die Band in Deutschland durch: „Kriagalith (Sängerin der Band von 1999 bis 2014, Anm. d. Red.) und ich selbst haben deutsche Vorfahren, die während des Zweiten Weltkriegs nach Kirgistan zwangsumgesiedelt wurden. Wir gingen im Jahr 2000 mit unseren Familien nach Deutschland, aus rein wirtschaftlichen Gründen. Aber rückblickend – wären wir in Bischkek geblieben, würde Darkestrah heute ohne Zweifel nicht mehr bestehen.“
„Alle Gründungsmitglieder von Darkestrah stammten aus Kirgistan“, fährt der Musiker fort. „Es ist eine Band, die sich immer als ‚multiethnisch‘ verstanden hat. Anfangs war die Sprache untereinander Russisch, jetzt ist es Deutsch. Dennoch sind unsere Lieder auf Englisch oder auf Russisch. Cerritus, der seit „Khagan“ (EP, 2011, Anm. d. Red.) die Texte schreibt, ist Russisch.“
Musik, Kultur, Ideologie
Zwischen dem Demo „Pagan Act” (1999) und dem Album „Turan“ (2016) ist eine Kontinuität im Universum von Darkestrah erkennbar, insbesondere bei den Verweisen auf die traditionelle kirgisische Kultur („Sary Oy“ 2004, „Epos“ 2007, „Manas“ 2013) oder auf die zentralasiatische Geschichte und Mythologie („The Way to Paganism“ 2005, „The Great Silk Road“ 2008, „Khagan“ 2011).
“Tatsächlich, stellt Asbath fest, inspirieren der Schamanismus oder der Tengrismus unser Universum und unsere Kompositionen enorm. Das Manas Epos zum Beispiel wird in Kirgistan mündlich rezitiert und wir haben es in unsere Musik eingearbeitet, so dass Metal Fans Zugang zu diesem Universum bekommen. Wir sind grundsätzlich nicht religiös und diese Themen bleiben für uns kulturelle Phänomene. Wir lassen uns auch von der Geschichte, Kultur und Natur Kirgistans inspirieren.“
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“Allerdings, stellt er fest, hat unsere Art und Weise, die kirgisische und zentralasiatische Kultur mit unserer Musik zu würdigen, uns einige ideologisch gefärbte Kommentare eingebracht. Wenn Darkestrah eine „Mission“ hat, wäre sie mehr kulturell als politisch oder religiös. Wir wollen uns nicht einmischen und uns nicht verlieren in den endlosen Debatten zwischen Islam und Heidentum oder zwischen den Turkvölkern.“
„Zum Beispiel betrachten wir das Manas Epos als die Grundlage der kirgisischen Kultur, ob sie muslimisch ist oder nicht; und für uns ist „Turan“ eine poetische Bezeichnung für die Gesamtheit der Turkvölker, kein politisches Konzept“, stellt er klar. „Wir haben viele Fans in Kirgistan und bekommen viele Kommentare von Leuten, die keine Metal Fans sind, sich aber für die kirgisischen Traditionen interessieren.“
Welche Zukunft liegt vor Darkestrah? „Vorerst, kündigt Asbath an, wollen wir so viel wie möglich live spielen. Nach einer langen Tourpause wollen wir die verlorene Zeit wieder aufholen. Und wir denken auch an unsere nächsten Studioaufnahmen.“
Mit Asbath sprach Julien Bruley
Doktorand in Anthropologie an der Universität von Lille (Frankreich)
Aus dem Französischen von Alexandra Wedl